Wald soll sich selbst helfenFörster Lukas Jüssen setzt in Windeck auf Zukunft für Mischwald

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Lukas Jüssen steht vor einem Baum, der aus einer Pflanzhülle herausgewachsen ist.

Lukas Jüssen Leiter prüft den Entwicklungsstand der Esskastanien in seinem Forstrevier Windeck-Dattenfeld.

„Wald ist ein Prozess, der nicht wie in der Landwirtschaft jährlich abläuft. Wir reden hier von Generationen“, sagt der Revierförster.

Dass Lukas Jüssen vom höchsten Punkt seines Reviers in Dattenfeld in seine frühere Wirkungsstätte in der Eifel schauen kann, beeindruckt den Förster immer wieder. Ist der Blick über Siebengebirge und Rhein hinweg doch nur möglich, weil Borkenkäfer und Trockenheit große Fichtenbestände auf dem Höhenzug der Nutscheid zerstört haben. „Wald ist ein Prozess, der nicht wie in der Landwirtschaft jährlich abläuft. Wir reden hier von Generationen“, sagt der 33-Jährige.

Aufgewachsen ist Jüssen im Kreis Neuwied, wenige Kilometer südlich seines heutigen Wirkungsfeldes. Während und nach seiner Ausbildung war er ein Jahr in der Hocheifel und fünf Jahre als Revierleiter in Frechen tätig. Das 2100 Hektar große Revier Dattenfeld in Mittelgebirgslage reicht im Osten etwa bis zur Bundesstraße 256, im Süden bis zur Sieg, im Westen bis über die Kreisstraße 55 und im Norden bis zur Kuppe der Nutscheid. Jüssen hat es vor rund einem Jahr übernommen.

Schutz und Jagd helfen

Der Umbau des Waldes laufe aber schon sehr viel länger, erklärt er. So habe der langjährige Leiter des Reviers, Karl Hoberg, der nach fast 30 Jahren im Frühjahr 2017 in den Ruhestand verabschiedet wurde, schon lange Buchen unter die Fichtenbestände gepflanzt und damit der Waldumwandlung hin zu einem Mischwald eine Dynamik verliehen. Das zahle sich jetzt schon auf einigen Flächen aus.

Das Foto zeigt am Horizont die Berge des Siebengebirges, der Eifel und des Westerwalds.

Bis in den Westerwald und die Eifel reicht die Sicht vom Hohen Wäldchen, mit 378 Metern die Höchste Erhebung der Nutscheid.

Damit sich der Wald in Zukunft am besten selbst helfen kann, setzt Jüssen wie seine Kollegen landauf, landab auf Mischwälder. Eiche, Buche, Flatterulmen, Schwarznuss, Elsbeere, Esskastanie und Roteiche sind nur einige der Bäume, die zuletzt gepflanzt wurden. 25.000 Setzlinge hat der Förster für sein Revier im vergangenen Winter noch bekommen. Die Baumschulen täten sich schwer mit dem Nachschub, berichtet er.

Dass sich einige der Bäume, die in den vergangenen Jahren gepflanzt wurden, gut entwickelt haben, zeigt der 33-Jährige nahe dem Hohen Wäldchen. So wachsen einige Esskastanien bereits aus den Pflanzröhren gen Himmel.

Wie wichtig die Hüllen sind, zeigt der Förster an einem Baum, an dem offenbar ein Reh das weiße Rohr mit dem Geweih nach oben schieben konnte, um sich dann an dem jungen Stamm zu reiben. Der Stamm ist verletzt. Die Hüllen verhinderten außer diesem „Verfegen“ auch den Verbiss und steigern den Anwuchserfolg. Wichtig zum Überleben der Bäume sei neben allem Schutz die Jagd, betont Jüssen. Die betreibe der Landesbetrieb Wald und Holz auf 1000 Hektar in Eigenregie. Das Wild brauche außer konzeptgesteuerter Jagd aber auch lange Ruhezeiten und Ruheflächen.

Lukas Jüssen Leiter des Fortsbetriebsbezirkes Windeck-Dattenfeld
Ein Hirsch hat die Schutzhülle vom Stamm der Esskastanie geschoben und sein Geweih daran gerieben.

Lukas Jüssen Leiter des Fortsbetriebsbezirkes Windeck-Dattenfeld Ein Hirsch hat die Schutzhülle vom Stamm der Esskastanie geschoben und sein Geweih daran gerieben.

Oben auf der To-do-Liste des neuen Försters stand nach der Räumung vieler Flächen durch die Waldarbeiter die Wiederherstellung der Waldwege auch für den Brandschutz. Die waren an vielen Stellen von den Maschinen der Fälltrupps und die Lastwagen ramponiert.

„Wir haben uns von Westen nach Osten vorgearbeitet“, erklärt Jüssen. Für etwa 600.000 Euro netto wurden rund 70 Kilometer Wege mit neuen Tragschichten und Splitt versehen. „Die sind besser, als sie vorher waren. Dafür haben wir viel Geld investiert“, bestätigt der Leiter des Regionalforstamtes in Eitorf, Stephan Schütte. Die Nutscheid sei eine ländliche Region, in der nicht jeder Waldweg zum Radweg avancieren könne - da sind sich Revierförster und Forstamtsleiter einig.

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