Hennefer Juni-FlutGeschädigte sitzen nach sechs Monaten noch in Provisorien

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Zu Weihnachten, hoffen Elke und Peter Hoffmann, haben sie wieder Tapeten an den Wänden.

Hennef – Die Flut im Ahrtal und in der Eifel vom 14. Juli hat die Region verändert. Doch schon knapp sechs Wochen zuvor, am 4. Juni, brachte ein Unwetter eine Sturzflut über Edgoven, Geistingen und vor allem Lanzenbach.

Genau ein halbes Jahr danach leben Elke und Peter Hoffmann immer noch im Provisorium, sind große Teile ihres Hauses an der Talstraße im Rohbau. „Wir haben noch keine Heizung“, sagt der 73-Jährige. „Zum Glück haben wir den Kachelofen.“ Die Trockenbauwände sind blank. „Wir hoffen, dass wir an Heiligabend Tapeten haben.“

Im Keller dagegen ist der Putz noch von den Mauern geschlagen. Türen und Zargen gibt es noch nicht. Bei den Hoffmanns stand drei Tage lang das mit Heizöl vermischte Wasser in den Räumen. 54.000 Liter Sondermüll mussten abgepumpt werden.

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In den Tagen nach der Juni-Flut räumt schweres Gerät die Straßen frei.

Vier Wochen lang haben sie dort anschließend saubergemacht, acht Wochen dauerte die Trocknung der Wände. Handwerker, Material, alles dauert lange. „Vor zehn Jahren hätte ich das alles noch selbst gemacht.“

„Plötzlich kam eine drei Meter hohe Flutwelle“

Grauenhaft sei es gewesen, erinnert sich Peter Hoffmann. „Das Bisschen ist gleich weg, habe ich gedacht und mit Dielen das Wasser abgeleitet. Plötzlich kam eine wohl drei Meter hohe Flutwelle.“ Seine Frau Elke ergänzt: „Das kam wie ein Tsunami auf uns zu, es sah danach aus wie im Krieg.“

Seit fast einem halben Jahr wohnen sie im Gasthaus „Em Wingert“, bei Franz Müsgen. Der war selbst betroffen, sein Untergeschoss voll gelaufen, die ganze Gastronomietechnik zerstört. Aber da er nicht nur Platz hat, sondern auch ein großes Herz, wuschen er und seine Frau gleich die Wäsche der Flutopfer mit.

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Die Straße Im Rosental in Lanzenbach sieht wieder aus wie immer.

Am 14. Juli stand er wieder am Bach. Die Brücke über den Rosentaler Bach, das ist seine Überzeugung, ist das Problem. Der Durchfluss sei zu gering. An jenem Katastrophenabend hat die Feuerwehr vier Schläuche gelegt und gepumpt, sozusagen als Bypass. Dieses Mal ging es gut.

Die Versicherung zahlte, die Stadt Hennef hielt ihr Versprechen

Doch es gibt auch Positives. „Die Abwicklung mit der Versicherung hat gut geklappt, da kann ich nur ein Loblied singen“, betont Hoffmann. Das Dorf habe sie gut versorgt, die Gemeinschaft sei gewachsen. „Aber es gibt Tage, da sind wir niedergeschlagen.“ Dann erinnert sich Hoffmann an einen Spruch, der ihm hilft: „Leben heißt Kampf.“

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Im Keller der Hoffmanns sind die Wände immer noch unverputzt, Türen fehlen.

Ursula Arndt auf der anderen Straßenseite war genau so stark betroffen. Ihr Mann hat in den vergangenen Monaten mit vielen Helfern aus der Familie geackert. Inzwischen kann sie wieder in ihrem Büro im Keller arbeiten, als Versicherungsagentin. Bei der Erinnerung an den 4. Juni kommen ihr wieder die Tränen. Sie hatten die Rückreise aus dem Urlaub um zwei Tage vorgezogen.

Am Flughafen trudelten die ersten Meldungen ein. „Das sieht aus wie mein Haus, habe ich noch gedacht, es aber nicht realisiert.“ Sie wollte nur noch nach Hause.

„Du kommst hier an, der Hof war voll mit Steinen und Schlamm. Das war eine Katastrophe.“ Ihre ganzen Unterlagen waren in Dreck und Wasser versunken. In der Nacht brach sie zusammen. Am Morgen kamen die Helfer aus ihrer großen Familie, 41 waren es, die ihr Haus und das ihrer Mutter am ersten Tag schon ausräumten.

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Teils mit Handschaufeln schippten sie den Schlamm weg. Und tatsächlich konnte ihr Schwager eine externe Speicherplatte finden, ein Techniker rettete die Daten. Zum Glück war sie elementarversichert, mit dem Geld konnte sie ihre Schäden decken.

„Wir sind eine Handwerkerfamilie, wir machen alles selber.“ Die Heizung bollert, macht beide Häuser warm. Ihr damals kranker Vater ist inzwischen gestorben. Aber sie sieht die Katastrophe als Chance. Und ist dankbar für die Hilfe der Stadt. Bürgermeister Mario Dahm habe seine Versprechen, Container und Bagger zu bezahlen, gehalten.

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