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Josef SchmahlFasziniert von der Welt der Wölfe

Lesezeit 5 Minuten

Hennef – Wenn das Wort Wolf fällt, bekommt Josef Schmahl glänzende Augen. Dann schießen ihm Bilder in den Kopf von Rudeln, die sich sozial organisieren, von „Nannys“, die auf kleine Wolfsjungen aufpassen, von großen, kraftvollen Exemplaren, die ihm durchs Gesicht lecken.

Dabei hat alles ganz harmlos angefangen, 1993 mit dem ersten eigenen Hund. Klar, dass „Indio“ gleich in die Hundeschule gehen musste. „Da wusste ich: Genau so was will ich machen.“ Also hängte gelernte Bäcker, der auf Gießereimeister umgeschult hat, direkt ein Praktikum an, hospitierte, absolvierte Schulungen und Seminare, um anschließend rund 15 Jahre in seinem Retriever-Verein als Hundetrainer ehrenamtlich zu arbeiten.

„Damals hat mein Interesse an Wölfen begonnen“, erinnert sich der 52-Jährige. In den Weiterbildungen über Sinnesorgane und Körperbau war der direkte Bezug zum canis lupus, so der lateinische Name des Wolfes, stets mehr als deutlich. „Ich habe angefangen zu lesen, alles, was mir in die Finger kam“, erzählt Schmahl. Schnell geriet er an Günther Bloch von der Eifeler Hundefarm. Der ist vier Monate im Jahr in Kanada, natürlich, um Wölfe zu beobachten – ein Mann für Schmahl. Bald war er Dauergast bei dessen Vorträgen.

„Darüber habe ich Elli Radinger kennen gelernt. Sie war Staatsanwältin, ist nach Montana auf eine Wolfsfarm gereist und danach zur Wolfsforscherin geworden“, berichtet er, und es schwingt Faszination mit. Die Ahnung von der Erfüllung eines Traums: „Mit ihr geht es im kommenden Jahr im Mai in den Yellowstone Nationalpark“, freut er sich schon jetzt, „wir unterstützen die Forscher dort, spüren Polarwölfe auf und beobachten sie.“

Zu viert geht es los, die Auswahlkriterien sind hart. „Offenbar habe ich sie in unseren Gesprächen überzeugen können“, glaubt Schmahl. Denn nach einem Treffen hatte er eine Zusage für diese letzte Gruppenreise von Radinger. „Junge Bären, Elche, Otter, alle gerade geboren, gibt es nebenbei auch noch zu sehen“, erzählt er – für ihn als Hobbyfotograf eine Dreingabe. Zehn Tage lang wird er in einem Revier leben, meist auf sich allein gestellt, den ganzen Tag auf der Pirsch sein, immer nah dran an den Polarwölfen, abends in einer Blockhütte schlafen – ein intensives Naturerlebnis.

Die immer wieder geschürte Angst vor Wölfen kann er, lange schon Mitglied in der Gesellschaft zum Schutz der Wölfe, nicht verstehen, vor allem nach seiner intensiven Beschäftigung mit dem canis lupus. Schafsherden werden von den Tieren nur angefallen, wenn sie Hunger haben, nicht einfach, um zu jagen und zu töten. Sie suchen nur kranke, schwache Tiere aus, die sie reißen. „In der Gesamtschule meiner Tochter habe ich im Biologieunterricht schon Stunden gegeben“, berichtet Schmahl. Humorvoll und anekdotisch schildert er den Weg von der Erfüllung seines ersten Traums: „Einmal einen Wolf anfassen. Der ist nicht böse, das wollte ich immer vermitteln, sondern extrem scheu.“ Auf einem Video zeigt er, wie ein Rudel aus einer Herde von 200 000 Wapiti-Hirschen gezielt das verletzte Tier herausgesucht hat. „Das sind total soziale Tiere, sie verabschieden sich bis zu drei Tage von ihren Toten.“

Durch die Mitgliedschaft in der Gesellschaft kam er an die Kasselburg, in das Wolfsgehege bei Gerolstein. Der Besuch gehört inzwischen zu den festen Terminen für seine eigene Hundeschule, mit der er vor knapp drei Jahren gestartet ist, als Hobby nebenbei. „Am liebsten würde ich das aber nur noch machen.“ Im Gehege durfte er bald schon alleine rein, zum fotografieren genau sowie zum Füttern. „Ich will aber nicht zu viele Gehegewölfe erleben, lieber die in freier Natur.“ Eine Ausnahme machte er mit Tnja Askani. Die Tierfotografin betreut in der Lüneburger Heide Polarwölfe, die Schmahl besucht hat. „Noran, das Leittier, hat mich sehr genau beobachtet. Und irgendwann hat er mich an der Schulter gezogen. Das ist eine Kraft, da hast du keine Chance, dagegen anzukommen.“

Askani hat Noran und zwei weitere Tiere von Hand aufgezogen. „Mit den Reißzähnen hat er meine Lippe gepackt. Aber da war keine Angst, nur pure Freude, Weihnachten und Silvester auf einen Tag. Kein übler Geruch schlägt dir da entgegen, ist ja auch logisch, sonst könnte er nicht jagen.“ Das Erlebnis des Riesenkopfes, der auf ihn zukam, leuchtet noch in seinen Augen nach. Immer den Wolf kommen lassen, ist die Devise.

Mit ihnen zu „sprechen“ hat er in seinen vielen Jahren als Hundetrainer gelernt. Fast 900 Welpen, junge und ältere Hunde hat er durchgeschleust in all den Jahren. „Beide Enden der Leine müssen Spaß am Training haben“, ist sein Motto, „es gibt wohl keinen Unterricht, bei dem nicht alle nachher einen Muskelkater hätten– im Gesicht vom Lachen.“ Er berät seine Kundschaft schon vor dem Hundekauf, selbst der Rassewunsch ändert sich schon mal nach dem ersten Kontakt. „95 Prozent sind Menschentraining, das fängt mit dem aufrechten Gang an. Sofort werden auch die Tiere aufmerksam.“ Seine Menschenschüler jedenfalls sind begeistert, vor allem, dass er stets ohne Gewalt oder laute Worte auskommt. Laut sein geht auch gar nicht, wenn er am 3. Mai 2014 in die Vereinigten Staaten reist. Denn dann würde sein großer Traum platzen, mit Polarwölfe in freier Natur zu leben, wenn auch nur auf Zeit.