Baumaterial ist MangelwareHandwerker und Bauherrn im Rhein-Sieg-Kreis sind in Nöten

Lesezeit 4 Minuten
Neuer Inhalt

Die Preise für Konstruktionsvollholz sind im Vergleich zum Dezember 2020 um 330 Prozent gestiegen. 

Hennef – Seit 29 Jahren hat Ralf Beyer seinen eigenen Dachdeckerbetrieb nun schon. Er beschäftigt zwei Gesellen und einen Lehrling, hat immer viel zu tun. Aber das hat er noch nie erlebt. Baumaterial ist knapp. Konstruktionsvollholz, Dämmmaterial, alles, was er braucht, um Dächer neu zu decken, ist Mangelware.

Gerade deckt er ein Haus im Ortsteil Hanf komplett neu. Doch die Dämmung, die der Bauherr sich wünschte – nur zehn Zentimeter dünn, aber robust, stabil und mit einem hohen Dämmfaktor – hat er nicht bekommen. Frühestens im September sei es zu haben, zu welchem Preis – Fragezeichen. Also beschaffte er Ersatz, 14 Zentimeter dick, weniger gute Dämmeigenschaften. Aber lieferbar.

Bauholz ist wegen Export und der Borkenkäferplage knapp

Auch bei Bauholz gibt es Engpässe. „Es gibt enorm hohe Anforderungen an die Güteklasse, der Baumarkt auf der Welt boomt“, erklärt der erfahrene Dachdecker. Große Länder wie China, Kanada und die USA kauften deutsches Holz in enormen Mengen auf. Durch die Kahlschläge wegen des Borkenkäfers und die in Folge überlasteten Sägewerke und massivem Holzexport sei Holz, das in Festigkeit und Trocknung der DIN-Norm entspricht, hierzulande ein seltenes Gut geworden. Ähnlich wie bei Heizöl wird es in den Sägewerken nur noch zu tagesaktuellen Preisen verkauft. Und die sind steil in die Höhe geschnellt.

„Im Dezember hat uns der Verband informiert, dass die Preise für Konstruktionsvollholz bis Juni um 50 Prozent steigen werden“, erzählt der 57-Jährige aus Ravenstein. Gestiegen sei der Preis dann aber um 330 Prozent: „Im Dezember vergangenen Jahres kostete der Kubikmeter 340 Euro, jetzt 1260 Euro.“

Neuer Inhalt (2)

Dachdecker Ralf Beyer aus Hennef 

Das stelle Betriebe wie den seinen vor eine schwierige Situation: „Wie soll ich einem Kunden einen Kostenvoranschlag machen? Ich frage einen Preis an, der sich schon wieder geändert hat, wenn mein Angebot raus geht. Ich habe sogar schon angeboten, das Geld sofort zu überweisen und das Holz dann bei Baubeginn abzuholen – keine Chance.“ Die Materialkosten seien für die Dachdecker nicht mehr kalkulierbar. Und damit könne man sich eigentlich nicht mehr um Aufträge bemühen oder an Ausschreibungen teilnehmen. „Wie soll ich einem Kunden denn ein solides Angebot machen?“

Dabei gäbe es gerade jetzt mehr als genug Aufträge für die Handwerker. „Die Leute wollen das Geld, das sie sonst für einen Urlaub ausgeben hätten, für die Sanierung an ihren Häusern verwenden. Aber wir können die Nachfrage nicht decken.“ Denn nicht nur die knappen Baustoffe machen ihm zu schaffen, auch die Kurzarbeitsregelung und Fachkräftemangel erschweren der Branche die Arbeit.

Das könnte Sie auch interessieren:

Mit dem Bauherrn in Hanf hat Beyer Glück. Peter Limbach ist selber Handwerker, arbeitet bei Marenbach Kälte-Klima-Technik in Hennef. Der 34-Jährige weiß um die Schwierigkeiten in der Branche. „Wenn das Dach jetzt wegen der Materialknappheit teurer wird – okay. Wir können unser Haus wenigstes umbauen, wir haben zum Glück früh genug angefangen. Andere müssen jetzt bis zum kommenden Jahr warten.“

Limbach weiß, wie rar jegliches Baumaterial derzeit ist. „Stromkabel zu bekommen, ist mittlerweile auch ein großes Problem“, sagt er. Er habe zum Glück noch Reste erwerben können, „aber Kabel sind sehr teuer geworden“.

Vom Minister Exportstopp gefordert

Neuer Inhalt (1)

Das Material wird bei den Sägewerken nur noch zu tagesaktuellen Kursen verkauft.

Der Dachdeckerverband Nordrhein (ZVDH) traf sich am 19. Mai zu einem virtuellen Runden Tisch per Videokonferenz mit Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier. Bereits Ende April hatte sich der ZVDH mit anderen Bau- und Handwerkerverbänden an den Minister gewandt, um auf die dramatische Situation im Dachdeckerhandwerk hingewiesen.

Einem geforderten Exportstopp für Holz erteilte Altmaier in der über zweistündigen Sitzung jedoch eine Absage. Handlungsbedarf habe er jedoch beim vom Verband geforderten Verzicht auf Konventionalstrafen bei lieferbedingten Engpässen gesehen und sei offen für eine Aussetzung des Holzeinschlagsverbots nach dem Forstschäden-Ausgleichsgesetz gewesen, teilte der ZDVH nach dem Gespräch mit.

Die Verbandsvertreter hatten außerdem eine CO2-Bepreisung langer Transportwege ins Spiel gebracht, um eine regionale Vermarktung von Holz attraktiver zu machen. Auch forderten sie, regionale und kleine Sägewerke zu stärken, um weitere Engpässe bei der Holzverarbeitung in Zukunft zu verhindern. (seb)

KStA abonnieren