Königswinters Bürgermeister Lutz Wagner blickt im Gespräch auf seine fünfjährige Amtszeit zurück und schaut zugleich nach vorne.
InterviewKönigswinters Bürgermeister Lutz Wagner verbucht Glasfaserausbau als absoluten Erfolg

Seine Amtszeit als Bürgermeister der Stadt Königswinter endet am 31. Oktober 2025: Lutz Wagner vor dem Rathaus in der Altstadt.
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Lutz Wagner (KöWi) war fünf Jahre lang Bürgermeister der Stadt Königswinter. Die Stichwahl Ende September hat er gegen Heike Jüngling (CDU) verloren. Eine Bilanz.
Herr Wagner, lassen Sie uns mit dem Positiven beginnen: Was haben Sie besonders in Erinnerung aus Ihrer Amtszeit.
Was ich wirklich sehr positiv in Erinnerung behalte, und das ist auch einer der Punkte, warum es mir schwerfällt, jetzt aufzuhören, sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung. Ich habe die Zusammenarbeit insgesamt als sehr konstruktiv und angenehm empfunden. Und es ist ja oft genug so, dass wir hier wirklich Mängelverwaltung betreiben müssen. Aufgrund des Fachkräftemangels oder auch in der Zeit von Corona. Da sind wir schon enger zusammengerückt.
„Viele Menschen engagieren sich mit Herzblut für die Stadtgesellschaft"
Was hat Sie besonders beeindruckt?
Das betrifft wieder die menschliche Ebene: Das Ehrenamt. Ich hab ja sehr viele Veranstaltungen von Vereinen und Initiativen besucht. Da ist mir noch einmal mehr bewusst geworden, mit wie viel Herzblut in Königswinter ehrenamtlich tätige Menschen sich für unsere Stadtgesellschaft einsetzen. Das ist sehr beeindruckend. Was für mich persönlich sehr, sehr wichtig ist, ist, dass wir die eine oder andere Entscheidung, über die schon lange gestritten wurde, aus dem Weg geräumt haben. Das war zum einen die Rathausentscheidung…
… der Neubau eines zentralen Verwaltungsgebäudes in Oberpleis ist beschlossen.
Zum anderen war für mich wichtig, mit welch großer Mehrheit wir die sehr ambitionierten Klimaziele für Königswinter beschlossen haben.
Aber Sie mussten das Ziel Klimaneutralität für Königswinter von 2035 bis auf das Jahr 2040 verschieben.
Wir haben von Anfang an gesagt, dass wir Teilkonzepte aufstellen und mit den daraus resultierenden Maßnahmenpaketen noch einmal die zeitlichen Vorgaben überprüfen. Das Ziel war sehr ambitioniert und es war relativ schnell klar, dass 2035 nicht zu schaffen ist. Auch, weil wir die nötigen Fachkräfte nicht bekommen haben und durch Corona noch eine Verzögerung hinzukam. Wir dürfen uns aber auch nicht einbilden, dass wir Klimaschutz in Königswinter losgelöst vom restlichen Geschehen in unserem Land, in Europa und der Welt machen können, wenn es die Rahmenbedingungen und die entsprechenden Förderkulissen nicht gibt.
Haben Sie die Enttäuschung vom Abend der Stichwahl, als Heike Jüngling (CDU) gewonnen hat, inzwischen verarbeitet?
Ich war an dem Abend relativ gefasst, weil ich damit gerechnet habe, dass es sehr knapp wird.
Rheinallee und Rathausentscheidung schlugen in der Altstadt zu Buche
Sie haben eine Niederlage erwartet?
Ich musste zumindest damit rechnen aufgrund der Ergebnisse des ersten Wahlgangs.
Sie wirkten an dem Abend auf mich schon enttäuscht.
Ja, natürlich. Auch wenn Sie mit etwas rechnen, hoffen Sie immer noch, dass es anders ausgeht. Und ich habe die Wahl letztlich nur in vier oder fünf Wahlkreisen verloren. In der Altstadt zum Beispiel haben die Rheinallee und die Rathausentscheidung gegen mich zu Buche geschlagen. In Thomasberg und Stieldorf/Oelinghoven ist das der Glasfaserausbau gewesen, der da nicht friktionslos gelaufen ist…
…es gab viel Verärgerung über die Baustellen.
Und da ist die CDU natürlich kommunikativ ordentlich reingegrätscht. Die Arbeit der Verwaltung war aber keine Schlechtleistung, es fehlen einfach die Ressourcen sprich Personal. Ich verbuche für mich aber als absoluten Erfolg, dass wir mit dem Glasfaserausbau so weit gekommen sind. Wir haben da wirklich erheblich Tempo aufgenommen. Die Bürger, aber auch unsere Unternehmen brauchen schnelles Internet.
Noch einmal zum Wahlergebnis: Haben Sie in der Altstadt wegen der umstrittenen Neugestaltung der Rheinallee und der Rheinpromenade die Wahl verloren?
In der Altstadt liegt es meines Erachtens an dem Thema Rheinallee und an der Rathausentscheidung, weil viele Menschen Schwierigkeiten damit haben, dass Verwaltungseinheiten weggehen. Dabei bleibt das repräsentative Rathaus im Haus Bachem, das Standesamt im Kutscherhaus und auch der Bürgerservice wird weiter angeboten. Das Thema Rheinallee halte ich für höchstproblematisch, weil die Seite, die jetzt die Wahl gewonnen hat, suggeriert, sie könnte das noch mal grundsätzlich korrigieren. Wenn sie das wirklich tun will, dann gefährdet sie Fördergelder in Höhe von 7,4 Millionen Euro.
Die CDU hat in den fünf Jahren einiges blockiert
Da müsste ein potenzieller Koalitionspartner mitziehen.
Ja, aber ich finde, dass die letzten fünf Jahre nicht dazu beigetragen haben, dass man sich über eine Zusammenarbeit mit der CDU freuen könnte.
Sie haben der CDU einen unfairen Wahlkampf vorgeworfen.
Die CDU hat fünf Jahre lang nach Fehlern in der Verwaltung gesucht, die sie mir ankreiden wollte. Sie hat in den fünf Jahren einiges blockiert und ja, sie hat meines Erachtens nach einen teilweise populistischen Wahlkampf geführt. Die Themen Windenergie, das geplante Solarfeld in Oberscheuren an der A3 und der Glasfaserausbau sind da nur Beispiele.
„Über Jahrzehnte angehäufte Probleme und Versäumnisse sind massiv"
Hat die bisherige Dreierkoalition, die insgesamt 14 Prozentpunkte verloren hat, Sie in eine Art Negativsog mitgezogen?
Das wird auch ein Aspekt gewesen sein, der zu meiner Niederlage beigetragen hat.
Könnte es sein, dass fünf Jahre im Bürgermeisteramt nicht reichen, weil alle Planungen – vor allem die Stadtentwicklung – furchtbar lange dauern?
Anderthalb Jahre waren wir wegen Corona im Krisenmodus, Fachkräfte fehlten, die Energiemangellage, der Ukrainekrieg und die Unterbringung der Menschen auch in Privathaushalten – das sind alles Dinge, die obendrauf kamen und uns natürlich ein Stück weit ausgebremst haben. Dann blieben dreieinhalb Jahre für Projekte und Maßnahmen. Und auch wenn es fünf Jahre wären, es ist definitiv zu kurz für Stadtentwicklungsprojekte. Zudem sind die über Jahrzehnte angehäuften Probleme und Versäumnisse auch so massiv, dass sie nur über mehrere Wahlperioden abgearbeitet werden können.
Kritiker haben gesagt, Sie haben viele Konzepte entwickelt, aber wenig Konkretes umgesetzt. Ist da so?
Nein, es wurde schon auch einiges umgesetzt. Aber grundsätzlich halte ich es für richtig, dass man für eine Stadt strategische Ziele vereinbart und auf dieser Basis Maßnahmenkonzepte entwickelt. Hinzu kommt, dass Sie für viele Förderkulissen heute konzeptionelle Grundlagen brauchen. Das gilt in der Altstadt zum Beispiel für die Bahnunterführung oder die Entlastungsstraße.
Wichtig war Ihnen der Ausbau der Bürgerbeteiligung. Darüber wurde in den fünf Jahren politisch viel diskutiert, aber im Grunde ist nichts passiert.
Das stimmt so nicht. Wir haben in verschiedenen Bereichen Beteiligungsprojekte gehabt. Aber ja, wir sind definitiv noch nicht so weit, wie wir eigentlich sein wollten, weil insbesondere in der Steuerungsgruppe die Diskussionen viel zu lange gedauert haben.
„Ich habe im Wahlkampf sehr viel positives Feedback bekommen“
Wie geht es für Sie jetzt beruflich weiter?
Ich habe mich noch nicht entschieden. Es gibt zwei, drei Überlegungen, und da werde ich jetzt in konkretere Gespräche gehen.
Geht es für Sie kommunalpolitisch weiter?
Ich hatte mich vor der Wahl entschieden, dass ich mich, wenn ich eine sehr deutliche Niederlage einstecken muss, komplett aus der Kommunalpolitik verabschieden werde. Ich habe aber sehr, sehr viel positives Feedback bekommen im Wahlkampf, und das Ergebnis war eben sehr knapp. Deshalb werde ich sicherlich im Hintergrund, wahrscheinlich bei den KöWis, unterstützend wirken.
Sie werden sich aber in fünf Jahren nicht wieder um ein politisches Amt oder Mandat bewerben?
Das möchte ich nicht ausschließen. Aber ich werde mich jetzt darauf konzentrieren, die Königswinterer Wählerinitiative und ihre Fraktion zu unterstützen. Da habe ich auch sehr konkrete Vorstellungen, in welcher Form ich das tun kann.



