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Lokale Lebensmittel Wie Wild in Rhein-Sieg aus dem Wald auf den Teller kommt

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Ein Mann an einem Marktstand vor einem Schild mit der Aufschrift "Wild aus der Region"

Fabian Zimmermann verarbeitet Wildfleisch in Lohmar und verkauft es auf Märkten in der Umgebung.

Viele Verkaufsstellen verkaufen zum nahenden Winter Wildfleisch. Zwei Produzenten erklären, worauf Kundinnen und Kunden achten müssen.

Bei Maximilian Graf von Nesselrode ist die Jagd ein gesellschaftliches Ereignis. Er weiß genau, was so durch seine Wälder zwischen Ruppichteroth und Eitorf huscht. „Das Wild ist ja nicht nur herrenlos, sondern auch schlau. Die älteren Tiere wissen, dass sie fliehen müssen, wenn es knallt.“ Das Leittier, zum Beispiel bei Wildschweinen, sei oft ein mehrjähriges Weibchen. „Da sitzt man dann schon mal zwei Tage auf dem Hochsitz oder betreibt zwei Tage die Drückjagd, bei der das Wild langsam aufgescheucht wird.“

Auf Burg Herrnstein in Ruppichteroth arbeitet ein eigener Metzger

Die Tiere seien es gewohnt, an 360 Tagen im Jahr ihre Ruhe zu haben. „Die schlimmste Zeit ist für sie die der Pilzsucher. Da herrscht viel Unruhe, weil sie nicht wissen, wer da kommt. Das Gewehr führt zu einem schnellen Tod.“ Jedoch sei Jagd ein Handwerk, bei Fehlern fliehe das Tier verletzt durch den Wald. „Dafür haben wir Schweißhunde, die nehmen die Fährte auf und töten es. Wenn das Tier zu groß ist – so ein Hirsch wiegt ja 180 Kilo –, stellen sie es, und die Jäger erlegen es. Das ist eine saubere Methode, um Fehler zu beheben“, sagt von Nesselrode.

Ein Mann im Anzug vor einem Tiefkühlschrank. Er hält ein Stück Fleisch in der Hand.

Maximilian Graf von Nesselrode ist selbst leidenschaftlicher Jäger und Koch.

Die Jagd, betont er, sei wichtig für den Forstbetrieb. „Wenn wir eine Million neue Bäume pflanzen, ist es erforderlich zu jagen, weil die Setzlinge sonst abgefressen werden.“ Ein eigener Metzger auf Burg Herrnstein zerlege das Fleisch und ziehe das Fell ab. „Es macht Sinn, das von Profis machen zu lassen: Wenn ich das selbst tue, sieht es zwar manierlich aus, dauert aber doppelt so lang.“

Das Wild werde vakuumiert und tiefgefroren verkauft. Wer schon mal ein Stück Wildschwein probiert habe, stelle fest, dass dies sehr fettig schmecke. „Besonders Rotwild aber ist insgesamt sehr viel magerer als von Fleisch von Hausschweinen.“ Von Nesselrode ist allerdings nicht nur leidenschaftlicher Jäger, sondern auch Koch. Er weiß genau, wie ein Stück Wild zubereitet sein muss.

„Ein Rehrücken muss innen rosa sein, lieber sollte er etwas heißer zubereitet werden, dafür aber kurz. Serviert werden kann er am Stück oder in Scheiben, mit Soße. Dazu schmecken Preiselbeeren und Salat“, schildert er. Ein Wildschweingulasch könne man zubereiten, indem man alles klein schneide und anbrate. „Dazu Pilze und Knoblauch in Scheiben. Rühren, abschmecken und mit Kartoffelvierteln aus dem Ofen servieren. Am besten schmeckt es, wenn dazu der Kamin knistert.“

Das Land schreibt den Kommunen vor, dass mehr geschossen werden muss. Wenn sie ihre Schussquote nicht erfüllen, müssen sie Strafe zahlen
Fabian Zimmermann

Nur wenige Jagdbetriebe haben eine angeschlossene Metzgerei. Deswegen bringen viele Jägerinnen und Jäger ihr geschossenes Wild zu Fresh & Fair Food mit Sitz in Lohmar. Inhaber Fabian Zimmermann verkauft eigentlich lokales Obst und Gemüse, hatte mit seiner Frau vor einigen Jahren aber die Idee, Wild zu verarbeiten. „Das Land schreibt den Kommunen vor, dass mehr geschossen werden muss. Wenn sie ihre Schussquote nicht erfüllen, müssen sie Strafe zahlen. Viele haben das Wild aber liegen lassen, weil sie es nicht verarbeiten konnten“, erklärt er.

Wenn sie es selbst verarbeiteten, sei die Qualität mangels Expertise oftmals schlecht. „Dann bekommen die Jäger nur 3,50 Euro pro Kilo dafür – aber schon die Gewehrkugel kostet fünf Euro. Da bleibt kaum was übrig.“ Er habe einen neuen Markt erschließen wollen, sagt Zimmermann, der zugleich betont: „Wir nehmen nicht jeden Jäger auf, denn wir müssen uns vor Wilderei schützen.“ Er zahle jedem und jeder 7,50 Euro pro Kilo.

Ein Mann zerlegt Fleischstücke.

In der eigenen Metzgerei auf Burg Herrnstein wird das Wildfleisch frisch zerlegt.

Ein Hirsch etwa wiege gut und gerne 120 Kilo mit Kopf. Die Metzgerei erhalte das Wild ohne Organe, einzelne Teile gingen an das Veterinäramt zur Trichinenschau, also der Untersuchung auf gefährliche Parasiten im Fleisch. „Erst wenn die Knochen ab sind, das Fell runter ist, kann man sehen, was man am Tier hat.“

Gehetztes Wild liefert schlechtere Fleischqualität

Zu junge oder angefahrene Tiere spende er der Bergischen Greifvogelhilfe. Wichtig sei, dass das Wild bei der Jagd nicht durch den Wald gehetzt worden sei. „Das Stresshormon setzt ihnen zu, und das schmeckt man. Schweine sollten bei der Schlachtung auch nicht den Tod ihrer Artgenossen sehen.“

Pro Tier mache er etwa 100 Euro Gewinn. „Wir haben Entsorgungskosten, denn die Reste müssen in eine Tierbeseitigungsanlage. Dazu der Arbeitsaufwand und der Betrieb der Kühlanlagen.“ Das Fleisch verkaufe er für 40 bis 120 Euro pro Kilo. „Aus so einem Reh kriegt man nur drei Kilo Filet raus. Deswegen gibt es Portionen zwischen 100 Gramm und einem Kilo – wir haben für jeden Kunden etwas parat.“

Auch Fleischkonzerne hätten Wildfleisch für sich entdeckt. „Sie greifen Jäger ab oder halten das Wild in Österreich, Tschechien und Polen. Wenn das Fleisch viel günstiger ist, dann stimmt etwas nicht. Man kann nicht wissen, wo es zerlegt wurde“, sagt Fabian Zimmermann. Man dürfe nicht vergessen, dass zwei erfolglose Tage auf dem Hochsitz bei der Jagd völlig normal seien. Dafür könne er garantieren, dass sein Fleisch aus dem Rhein-Sieg-Kreis oder der Eifel komme. „Die Tiere sind da gut überwacht.“

Das Wildfleisch von Fresh & Fair Food gibt es online unter www.fresh-fair-food.de/wild.html zu kaufen, oder aber mittwochs von 15 bis 18 Uhr vor der Kirche St. Servatius in Siegburg-Kaldauen und donnerstags von 8 bis 13.30 Uhr auf dem Hennefer Marktplatz. Die Gräflich Nesselrodesche Forstverwaltung verkauft Wildfleisch auf Burg Herrnstein montags bis donnerstags von 8 bis 12 Uhr sowie von 14 bis 17 Uhr, freitags nur vormittags.