StadtmarketingStreit in Lohmarer Verein beschäftigt jetzt Anwälte

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Drei Frauen und drei Männer sitzen am Tisch

Krisensitzung des Stadtmarketingvereins (v.r.): Barbara Ludwigs, Manuela Krämer, Manfred Schellberg, Bürgermeisterin Claudia Wieja, Beigeordneter Andreas Behncke, Burkhard Bröhl.

Mit dem Rücktritt des Ex-Vorstands des Lohmarer-Stadtmarketings beschäftigen sich jetzt Anwälte. Das sind die Hintergründe.

Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser: Das solle künftig die Devise im Stadtmarketingverein sein, sagt die kommissarische Vorsitzende Manuela Krämer, flankiert vom Rest-Vorstand. Hintergrund ist ein Streit mit ihrem Vorgänger, der offenbar über ein persönliches Zerwürfnis weit hinaus geht. Mit den Vorgängen, die zu dessen Rücktritt geführt haben, werden sich jetzt Anwälte beschäftigen.

Im Pressegespräch ging es um die Hintergründe. Daran nahmen auch Vertreter der Stadt teil, neben Bürgermeisterin Claudia Wieja der Beigeordnete Andreas Behncke und Wirtschaftsförderer Markus Pesch. Denn der frühere Vorsitzende hatte nach dem Abschalten der App zunächst öffentlich Verwaltung und Politik angegriffen.

Ehrenamtler wollte Honorar

Vorwurf Nummer eins: Die geplante Smart-City-App solle als Konkurrenz aufgebaut werden zur Lohmarkt-App des Stadtmarketingvereins, und darüber habe niemand mit ihm gesprochen. Vorwurf zwei: Ein dringend benötigter höherer Zuschuss der Stadt sei abgelehnt worden. In dem Antrag in nicht öffentlicher Sitzung sei es plötzlich auch um ein monatliches Honorar von 450 Euro für den früheren „Stadtmacher“-Vorsitzenden als „Kümmerer“ gegangen, erläuterte die Bürgermeisterin. Laut Satzung ist die Stadt beratendes Mitglied.

80 Mitglieder hat der Stadtmarketingverein, einige Privatleute, viele Gewerbetreibende. Diese zahlen Mitgliedsbeiträge zwischen 30 und 500 Euro im Jahr. Das Internetportal Lohmarkt sollte ein Schaufenster vor allem für den heimischen Einzelhandel sein. Von der Stadt gab es dafür eine Anschubfinanzierung von insgesamt 60.000 Euro.

Das war in den Jahren 2018/2019, weit vor Wiejas Amtsantritt. Danach flossen verteilt über vier Jahre insgesamt 20.000 Euro aus dem Etat der Stadtmacher in die App. Die geplante Smart-City-App, von ihrem Vorgänger vor Jahren vorgestellt als Baustein für eine umweltfreundlichere Mobilität, habe übrigens andere Funktionen als der Lohmarkt, so Wieja: „Beide hätten sich ergänzen können.“

Abschaltung der App führt zu Problemen

Im Herbst 2021 stellte der damalige Vorsitzende die neu gestaltete Lohmarkt-Seite vor. Er hatte die Projektleitung, die Programmierung lief zunächst über ein Siegburger Unternehmen, dann über eine andere Firma mit Sitz auf Mallorca. Die Plattform sei indes nur angemietet gewesen, das stellte sich im Nachhinein heraus, sagte der Beigeordnete der Stadt.

Einen solchen Wechsel hätte der damalige Vorstand beschließen müssen, ein Protokoll sei nicht auffindbar, sagte der ehrenamtliche Geschäftsführer Manfred Schellberg. Das aktuelle Problem: Mit der Abschaltung der App sind auch die Daten aus der örtlichen Wirtschaft, darunter Fotos und Videos, nicht mehr greifbar für den verbliebenen ehrenamtlichen Vorstand.

Schatzmeisterin: App war unter Ex-Vorsitzendem „Tabuthema“

Die Datenbank gehöre jedoch weder dem Ex-Vorsitzenden noch der Firma, die die Plattform zur Verfügung stelle, sondern dem Verein, sagte der Geschäftsführer. Schon in der Vergangenheit seien die Fragen des übrigen Vorstands zur App nicht beantwortet worden, schilderte Schatzmeisterin Barbara Ludwigs: „Das war ein Tabuthema.“

Auch Nutzer- und Zugriffszahlen blieben unklar. Als sich die Krise zuspitzte, sei dem Vorsitzenden der Rücktritt nahe gelegt worden. Danach habe dieser aber noch im Namen des Vereins die Unternehmen und Institutionen auf dem Lohmarkt angeschrieben. Ludwigs: „Das war mit keinem von uns abgesprochen.“

Neben rechtlichen Fragen habe die Auseinandersetzung auch eine persönliche Ebene, bedauert Schellberg: „Wir waren befreundet.“ Der Vorsitzende ist zudem Parteimitglied der Grünen, wie der aktuelle Schriftführer und die Bürgermeisterin. Claudia Wieja: „Mein Vertrauen wurde tief enttäuscht.“

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