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Chlorgas-Austritt bei EvonikRatlos bei Alarm in Niederkassel

Lesezeit 2 Minuten

Im ganzen Rhein-Sieg-Kreis wurde Sirenen-Alarm ausgelöst.

Rhein-Sieg-Kreis – „Fliegeralarm!“ Das war der erste Gedanke, der Walter Severin am Dienstagabend durchfuhr, als die Sirenen mit an- und abschwellendem Signalton in Troisdorf heulten. Er ließ die Rollläden herunter, schloss alle Fenster und schaltete sein Radio auf WDR 2 – erfolglos. Im Lebensmittelmarkt, in dem seine Frau arbeitet, hätten die Kunden erst gar nicht reagiert, berichtet er. Auch Heidrun Schulte aus Siegburg ist ratlos. Radio Bonn Rhein-Sieg hört sie eher selten. „Die Bürger sind für solche Fälle nicht geübt“, resümiert sie.

Beim Hochfahren nach Wartungsarbeiten war Chlorgas aus der Elektrolyse des Evonik-Werks in Niederkassel-Lülsdorf entwichen. Kurz danach war die Werksfeuerwehr vor Ort, informierte Minuten später die Feuer- und Rettungsleitstelle des Kreises in Siegburg. „Sie baten um Warnung der Bevölkerung und um Unterstützung.“, sagte deren Leiter, der Troisdorfer Stadtbrandinspektor Dietmar Klein. „Das Unternehmen ist offensiv mit dem Störfall umgegangen, vorbildlich.“

„Der Sirenenalarm fordert die Bevölkerung auf, geschlossene Räume aufzusuchen, Fenster zuschließen sowie das Radio einzuschalten, um Informationen zu erhalten“, erklärt Kreisbrandmeister Walter Jonas. Erst am Wochenende zuvor war einer der beiden jährlichen Probealarme gelaufen. Drei Minuten nach den Signalen sprach Gilbert Fey direkt von der Leitstelle aus die erste Nachricht über Radio Bonn/Rhein-Sieg. „Das ist für uns die schnellste Möglichkeit“, erklärt Jonas. Später sendete WDR 2 weitere Informationen.

Den Sirenenalarm sieht Jonas nach wie vor als beste Variante. Der Kreis hat dabei einen Vorteil. Als in den 80er-Jahren die Luftschutzsirenen abgebaut werden konnten, entschieden sich die Katastrophenschützer, die Anlagen zu belassen. Jetzt können sie die zwei bekannten Signale aussenden. Der drei Mal pro Minute unterbrochene Dauerton zur Alarmierung der Feuerwehr und der auf- und abschwellende Ton zur Warnung der Bevölkerung bei Atom, Biologischen oder Chemie-Unfällen, Unwettern oder Großbränden mit möglichen giftigen Rauchwolken.

Warnsysteme über Notfall-SMS kennt Jonas: „Da wird über verschiedene Modelle diskutiert, aber es ist noch nicht ausgereift. Nein, es gibt derzeit nichts Besseres als die Sirene.“ Immer wichtiger werden Netzwerke wie Facebook zur weiteren Information. „Der lokale Radiosender hatte 140 000 Zugriffe auf seiner Seite, die Feuerwehr Sankt Augustin weit mehr als 14 000“, berichtet Leitstellenchef Klein.

Seine 14 Beamten hatten einige Hundert Anrufe. Ein bisschen Selbstkritik übt Jonas: „Vielleicht haben wir zu großflächig gewarnt, das werden wir künftig möglicherweise kleinflächiger organisieren. Aber lieber einmal zu viel als einmal zu wenig.“

Wie die verschiedenen Sirenensignale in Deutschland klingen, hören Sie in diesem Video: