Seit November hat der Niederkasseler Bürgermeister Matthias Großgarten einen persönlichen Referenten. Dessen Berufung kritisiert die CDU-Ratsfraktion.
Kritik am BürgermeisterNiederkasseler CDU wittert Vetternwirtschaft im Rathaus

Die Berufung eines persönlichen Referenten von Bürgermeister Matthias Großgarten sorgt derzeit für politischen Streit im Niederkasseler Rathaus.
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Eine Personalie in der Stadtverwaltung entfacht derzeit vorweihnachtlichen Streit in der Niederkasseler Politik. Seit November wird Bürgermeister Matthias Großgarten (SPD) bei seiner Arbeit von einem persönlichen Referenten unterstützt. Tim Romankiewicz arbeitete zuletzt für die SPD-Ratsfraktion in Neuss. Von 2016 bis 2020 war er Mitarbeiter im Wahlkreisbüro des SPD-Bundestagsabgeordneten Sebastian Hartmann, wo ehemals auch Großgarten beschäftigt war.
Die CDU-Ratsfraktion beklagt Geldverschwendung und mangelnde Transparenz bei der Besetzung der Stelle. Darüber hinaus wittern die Christdemokraten Vetternwirtschaft. Zwischen dem Bürgermeister und seinem persönlichen Referenten bestehe ein „familiäres Nahverhältnis“, so Fraktionschef Dano Himmelrath.
Kritikwürdig ist die umstrittene Personalie nach Auffassung der CDU gleich aus mehreren Gründen. Sie finden es bemerkenswert, dass der Referent zum Ende der Amtszeit des alten Stadtrates, aber noch vor der Konstituierung des neugewählten Stadtrates, eingestellt wurde, trotz rechtlicher und politischer Bedenken der CDU. „Diese Besetzung wirkt erzwungen und übereilt, ohne vorherige transparente Stellenanpassung“, kritisierte CDU-Fraktionschef Dano Himmelrath in der jüngsten Sitzung des Stadtrates.
CDU im Niederkasseler Rat kritisiert hohe Kosten
Er sieht in der Personalie auch einen Verstoß gegen das Haushaltssicherungskonzept der Stadt. Die Stelle, die nun mit dem persönlichen Referenten des Bürgermeisters besetzt wurde, war ursprünglich dem Fachbereich Soziales der Stadtverwaltung zugeordnet. Dort werde sie aber nicht mehr benötigt, weil Aufgaben weggefallen seien, teilte die Stadtverwaltung nach Angaben Himmelraths mit.

Matthias Großgarten (SPD) steht wegen der Besetzung der Stelle eines persönlichen Referenten in der Kritik.
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Gemäß Haushaltssicherungskonzept hätte die Stelle im Fachbereich Soziales deshalb nicht einfach umgewidmet werden dürfen, sondern zunächst mit einem sogenannten KW-Vermerk für „kann wegfallen“ versehen werden müssen, so Himmelrath. „Niederkassel befindet sich im Haushaltssicherungskonzept, an vielen Stellen wird gespart, selbst Leistungen mit geringen Beträgen sind gestrichen worden. Gleichzeitig verursacht die Stelle nach Einschätzung der CDU laufende Kosten von 80.000 bis 100.000 Euro jährlich“, sagt Himmelrath.
Seine Fraktion ist der Auffassung, dass die Umwidmung der Stelle zu einer „politisch sensiblen und herausgehobenen Referentenstelle“ eine wesentliche organisatorische Veränderung darstellt, die zwingend vom Stadtrat hätte beschlossen werden müssen. In dieser Auffassung sieht sich die CDU von der Kommunalaufsicht im Siegburger Kreishaus bestätigt.
Dort kann man die geäußerte Kritik nachvollziehen, wie es in einem Schreiben an den Bürgermeister heißt. Bei der Kommunalaufsicht ist man der Meinung, Großgarten hätte den Stadtrat bei der Besetzung der Referentenstelle beteiligen „können/sollen“, weil es dabei um eine „herausgehobene Stelle“ handelt.
Niederkasseler Bürgermeister widerspricht der Kommunalaufsicht
Diese Auffassung teilt Bürgermeister Matthias Großgarten nicht. Er beruft sich bei der Stellenbesetzung auf seine Organisationsbefugnis. Demnach habe er „Freiheiten, Aufgaben zu verteilen und Stellen zu schieben“. Die Auffassung, dass es sich bei er Referentenstelle um eine herausgehobene Funktion handelt, teilt er nicht und sieht sich dabei durch die NRW-Gemeindeordnung bestätigt.
Zudem beruft sich Großgarten auf eine „gängige Praxis in Niederkassel“. „So erfolgte bereits unter Bürgermeister Stephan Vehreschild die Besetzung eines persönlichen Referenten unter Rückgriff auf eine im Haushalt vorhandene Stelle“, schreibt der Bürgermeister in einer Stellungnahme für den Rat. „Die Fraktionen wurden, wie in diesem Fall auch, über das beabsichtigte Vorgehen vorab informiert.“
Die Vorwürfe der Vetternwirtschaft weist der Bürgermeister entschieden zurück. „Die Aufgabe des persönlichen Referenten erfordert ein hohes Maß an fachlicher Eignung, Loyalität und Vertrauen“, sagt er auf Anfrage dieser Zeitung. All das bringe Romankiewicz mit. „Darüber hinaus vertraue ich ihm so sehr, dass er auch Patenonkel eines meiner Söhne ist.“
Der Bürgermeister hat sich nichts zu Schulden kommen lassen
Im Stadtrat blieb die CDU mit ihrer Kritik weitgehend allein. „Der Bürgermeister hat sich nichts zu Schulden kommen lassen“, sagt SPD-Fraktionschef Aziz Cöcelli. „Im Rahmen der ihm rechtlich zustehenden Organisationshoheit kann und muss er Entscheidungen treffen, die für die Abwicklung der Verwaltungsgeschäfte unabdingbar sind.“
Dies erfolge immer in enger Abstimmung mit dem Rat, der Kommunalaufsicht und weiteren Akteuren. „Dieses hohe Maß an Informationen und Transparenz gab es in der Epoche der CDU-Bürgermeister nicht“, so Cöcelli.
„Die CDU-Bürgermeister haben regelmäßig und unterjährig neue Stellen aus dem Hut gezaubert. Die CDU-Fraktion hat ihre gegenwärtig überzogene Sensibilität in der damaligen Zeit nie zur Geltung gebracht.“ Cöcelli will in der Angelegenheit sogar „einen persönlichen Feldzug gegen den Bürgermeister“ erkennen.
„Die Transparenz ist gegeben“, urteilt auch Anette Wickel (FDP). „Der Bürgermeister hat uns alle Informationen gegeben.“ Sie vermutet, dass die Kritik der CDU so scharf ausfällt, weil diese sich nicht mit der Rolle als Opposition im Stadtrat abfinden könne. „Ich sehe schon, dass es da ein Trauma bei der CDU gibt“, so Wickel.
So weit wollten Vertreter von Grünen und WIN nicht gehen. Sie hätten sich im Verfahren grundsätzlich noch mehr Transparenz im Verfahren gewünscht, mochten sich der scharfen Kritik der CDU aber nicht anschließen. Die beiden Vertreterinnen der Linken dagegen sehen die Berufung dagegen kritisch. Sie bemängeln, dass für die Anstellung des persönlichen Referenten auf eine Stelle im Fachbereich Soziales verzichtet wird.

