Neue Strategie in Rhein-SiegHier werden Bäume angepflanzt, die der Hitze trotzen

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Die Folgen des Klimawandels sind auch in der Region spürbar. Die Konsequenz: Viele Bäume sterben ab.

Die Folgen des Klimawandels sind auch in der Region spürbar. Die Konsequenz: Viele Bäume sterben ab.

Rhein-Sieg-Kreis – „In ein paar Jahren haben wir hier mediterranes Klima. Das ist zwar noch nicht wissenschaftlich bewiesen, aber vieles deutet darauf hin.“ Gerhard Pohl, der Leiter des Forstamtsbezirks Hennef, weist auf den gerade erschienenen Sonderbericht des Weltklimarates hin. Der belege, dass die Temperaturen bereits um 1,53 Grad gestiegen seien.

Die Folgen der sich verändernden Klimas sind auch an Rhein und Sieg für jeden sichtbar. Ganze Fichtenwälder, durch die Trockenheit geschwächt, sterben nach Borkenkäferbefall ab, Laubbäume leiden unter der Trockenheit und werden von Schädlingen befallen.

Interessiert betrachten die Teilnehmer des Rundgangs die Falle mit Kupferstechern, die Förster Gerhard Pohl ihnen zeigt.

Interessiert betrachten die Teilnehmer des Rundgangs die Falle mit Kupferstechern, die Förster Gerhard Pohl ihnen zeigt.

Dem Eschentriebsterben fallen alte und junge Bäume zum Opfer. Die Rußrindenkrankheit, die auch für Menschen gefährlich ist, befällt den Ahorn. Der Eichenprozessionsspinner breitet sich mehr als noch in vorigen Generationen aus. Die Gallmücke befällt Douglasien, und Buchen verstocken, weil der Schleimfluss zum erliegen kommt.

Dass die Wälder der Zukunft in der Region völlig andere sein werden als die heutigen, ist bei den Fachleuten nahezu unumstritten. Buche, Eiche und Fichte würden ihre Stellung als heimische Baumarten zwangsläufig einbüßen, prognostiziert auch Max Graf Nesselrode, der von Burg Herrnstein im Bröltal aus einen der größten Forstbetriebe in der Region leitet.

Kein Naturwald

Die Frage müsse nicht lauten: „Was ist heimisch?“, sondern vielmehr: „Was wächst noch hier?“, erklärt Nesselrode. „Wir brauchen andere Bäume.“ Schließlich seien auch die heutigen Baumarten erst durch Klimaveränderungen vor Tausenden von Jahren hier heimisch geworden.

Zudem habe der Mensch durch seine Eingriffe das Sortiment beeinflusst. Von Naturwald könne an Rhein und Sieg nirgendwo mehr die Rede sein. Das gebe es höchstens noch in Schweden oder am Amazonas. Europas Wald sei seit mehr als 2000 Jahren Kulturwald.

Interessiert betrachten die Teilnehmer des Rundgangs die Falle mit Kupferstechern, die Förster Gerhard Pohl ihnen zeigt.

Interessiert betrachten die Teilnehmer des Rundgangs die Falle mit Kupferstechern, die Förster Gerhard Pohl ihnen zeigt.

Mehr als eine Baumart auf einer Fläche pflanzen und in die Vielfalt gehen – das sei der richtige Ansatz, sind sich der private Waldbesitzer Nesselrode und Staatsförster Pohl einig. Nicht festlegen wollen sie sich, welche Baumarten für nachhaltige Waldwirtschaft die richtigen sind.

Mischbestände als Ziel

Zu viele Faktoren spielten da eine Rolle. Außer dem Klima sei da die Bodenbeschaffenheit, meint Pohl. Längeren Trockenperioden könnten Pfahlwurzler wie Weiß- oder Küstentanne am ehesten trotzen. Mit mediterranem Klima kämen auch Edelkastanien gut zurecht.

Hohe Kosten, niedrige Erlöse

Knappe Ressourcen machen den Waldbesitzern zu schaffen. Zum einen leiden die Wälder unter Borkenkäferbefall, zum anderen fehlen Fachleute, die kranke Bäume beseitigen. Waldarbeiter, Transporteure und Sägewerke seien ausgelastet, die Preise zögen an, berichtet Maximilian Graf Nesselrode, Vorsitzender der Bezirksgruppe Bonn/Rhein-Sieg im Waldbauernverband NRW. Waldbesitzer müssten mehr zahlen, bekämen aber aufgrund des Überangebotes weniger fürs Holz. Die große Holzmenge in Deutschland drücke auf die Verkaufspreise. Die Preise für das typische Bauholz Fichte würden in naher Zukunft wohl wieder anziehen, weil dort nach der Schwemme ein Mangel entstehen werde, erklärt Nesselrode.

Für die Aufforstung der durch die Klimaveränderungen geschädigten Wälder fordert er mehr staatliche Hilfen. So werde zum Beispiel Eigenleistung insbesondere der Kleinstwaldbesitzer nicht ausreichend gewürdigt und honoriert. Auch sogenannte Prosperitätsgrenzen, die die Förderung je nach Größe der Wälder nach oben oder unten begrenze, müssten fallen. (sp)

Auf Erfahrungen mit Exoten kann Maximilian Graf Nesselrode zurückgreifen. Vater und Großvater und Urgroßvater brachten Pflanzen zum Teil aus Übersee mit und pflanzten sie in den Park von Burg Herrnstein. Beeindruckend hat sich ein 65 Jahre alter chinesischer Mammutbaum entwickelt. Auch die 70 Jahre alte Thuja fühlt sich offenbar im Bröltal wohl.

„Nicht nur auf ein Pferd setzen“ und stattdessen „Mischbestände anpflanzen“, rät Förster Gerhard Pohl Waldbesitzern, die bei ihm Rat suchen. Was sich beim Aktienkauf bewährt habe, lasse sich auch bei der Waldbewirtschaftung anwenden: „Risiko streuen“.

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