Jahresbilanz500 Schiedsrichter in zehn Jahren verloren – FVM ruft „Jahr der Schiris“ aus

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Lokalderby zwischen dem FC Hennef 05 und dem Siegburger in der Fußball Mittelrheinliga.

Lokalderby zwischen dem FC Hennef 05 und dem Siegburger in der Fußball Mittelrheinliga.

Der Fußball-Verband Mittelrhein hat zum Gespräch geladen. Nach der EM 2024 rechnet der Verband mit deutlich steigenden Mitgliederzahlen.

Einen bunten Strauß an Themen hatte der Fußball-Verband Mittelrhein (FVM) beim Jahrespressegespräch in der Sportschule Hennef dabei. Über allem schwebte wahrnehmbar der Wille, gute Laune zu verbreiten, obwohl nicht alle Punkte auf der Tagesordnung Wohlfühllaune verbreiten konnten.

Den Einstieg in das gut zweistündige Fachgespräch übernahm Christos Katzidis, der ziemlich genau vor einem Jahr zum FVM-Präsidenten gewählt worden war und damals die Nachfolge von Bernd Neuendorf antrat, der in das Amt des DFB-Präsidenten gewechselt war. Der 53-Jährige zeigte sich zufrieden mit den zurückliegenden zwölf Monaten: „Ich habe extrem motivierte Menschen kennengelernt, die für den Fußball brennen. Das hat mir sehr viel Freude bereitet.“

Mitgliederzahlen entwickeln sich positiv 

Zahlreiche Themen habe es zu bearbeiten gegeben, sagte der Fußballfunktionär. Wichtig sei ihm gewesen, dass 419 Kindertrainerinnen und -trainer geschult und zertifiziert worden seien. Zudem ist ein Positionspapier zum Ehrenamt beschlossen worden, mit dem der FVM unter anderem die Verankerung des Ehrenamtes im Grundgesetz fordert.

FVM-Präsident, Christos Katzidis.

FVM-Präsident, Christos Katzidis.

Das Programm „Moderne Sportstätte 2022“ soll fortgesetzt werden: „Der Kreis der begünstigten Vereine soll erweitert werden, die Abwicklung weiterhin über die Sportbünde erfolgen und erneut 300 Millionen Euro zur Verfügung gestellt werden“, so Katzidis.

Die Mitgliederzahlen haben sich positiv entwickelt. Die Verluste durch die Corona-Pandemie habe man mehr als kompensiert. Aktuell sind es 404 119, ein Zuwachs von 18.554 gegenüber dem Vorjahr (plus 4,5 Prozent). Besonders stark fiel der Zuwachs bei den U11-Juniorinnen und den U18-Schiedsrichterinnen und Schiedsrichtern aus.

Bonn und Hennef werden zu Base Camps für die Heim-EM

Digital zugeschaltet war Markus Müller. Der Vorsitzende des Verbandsspielausschusses verkündete via Bildschirm, dass der Bonner SC und Mittelrheinliga-Meister FC Hennef am Freitag, 11. August, um 19.30 Uhr die Mittelrhein-Saison 2023/24 im Bonner Nordpark eröffnen.

Hintergrund ist, dass die BSC-Spielstätte als Team Base Camp bei der Uefa für die Europameisterschaft im nächsten Jahr gelistet ist. Gleiches gilt aber auch für die Sportschule Hennef, so deren Leiter Sascha Hendrich-Bächer: „Derzeit laufen Besichtigungen von interessierten Verbänden. Die Entscheidung fällt frühestens im Dezember, wenn klar ist, welche Nationen in Köln ihre Gruppenspiele bestreiten.“ Für Modernisierungsmaßnahmen, insbesondere der Küche, schließt die Sportschule von Dezember bis Februar für acht Wochen ihre Pforten.

Leiter der Sportschule Hennef, Sascha Hendrich-Bächer.

Leiter derSportschule Hennef,Sascha Hendrich-Bächer.

Dass die zuletzt eher schwachen Ergebnisse der deutschen Nationalmannschaft noch keine richtige Vorfreude auf die Europameisterschaft 2024 haben aufkommen lassen, beunruhigt FVM-Geschäftsführer Dirk Brennecke nicht: „Je näher das Turnier heranrückt, desto größer wird die Begeisterung in der Bevölkerung werden. Mit dem ersten Anpfiff bekommt das eine Eigendynamik.“ Der Verband habe bis zur WM 2014 zurückgerechnet und festgestellt, „dass 15 bis 30 Prozent eines Geburtsjahrgangs nach einem solchen Sportgroßereignis in einen Fußballverein eintreten. Die Kinder werden kommen.“

FVM ruft „Jahr der Schiris“ aus

Nach so viel Enthusiasmus fiel es den Verbandsvertretern beinahe schwer, wieder zum Alltagsgeschäft zurückzukehren, zumal mit den Themen „Schiedsrichter“ und „Gewalt auf Fußballplätzen“ noch zwei schwer verdauliche Angelegenheiten zu besprechen waren. Um dem Schwund an Unparteiischen entgegenzuwirken, hat der FVM das „Jahr der Schiris“ ausgerufen.

Im Verbandsgebiet hat man in den vergangenen zehn Jahre 500 Referees verloren. „Wir wollen eine neue Wertschätzungskultur einleiten. Die aktiven Schiris sollen gebunden, neue hinzugewonnen werden“, erläutert Katzidis, der die Schiedsrichter stärker in das Vereinsleben einbinden will.

Katzidis will „Gemeinsam gegen Gewalt auf Fußballplätzen“ vorgehen

„Unsere Umfragen haben ergeben, dass Gewalt nicht der Grund ist, warum Schiedsrichter aufhören zu pfeifen“, erläuterte Brennecke und leitete so zum letzten Punkt über: die Kampagne „Gemeinsam gegen Gewalt auf Fußballplätzen“.

Gemessen an der Anzahl der Spiele ist die Quote jener Partien, bei denen es zu Gewalt, Diskriminierung und Störungen kommt, gering. Alle drei Delikte ergeben zusammen etwas mehr als ein Prozent. „Trotz geringer Quote ist es eine Herausforderung für den Fußball“, so Katzidis, für den Prävention entscheidend ist: „Zu Hause, in der Schule, das dortige Verhalten setzt sich im Verein und auf den Sportplätzen fort.“

Die Funktionäre stellen, so sagen sie, auch an sich selbst Ansprüche. Sie wollen „jederzeit einen offenen, ehrlichen und gradlinigen Umgang pflegen und nichts totschweigen.“ Dazu gehörten klare Ziele, Haltungen und Positionen.

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