DiamanthochzeitSankt Augustiner wollte eigentlich die Schwester zum Tanz bitten

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Ruth und Walter Preißner bei der Grünen Hochzeit am 2. November 1962.

Sankt Augustin – Walter Preißner wollte eigentlich ihre Schwester Renate zum Tanz bitten im Sankt Augustiner Hof vor mehr als 60 Jahren. Da diese aber gerade weg war, forderte er Ruth Woitala auf.

„In der Not hat er mich genommen, und es wurde lebenslänglich daraus“, berichtet Ruth Preißner lachend über die richtungsweisende Begegnung. Man habe sich damals auf dem Heimweg zwar auf ein Wiedersehen geeinigt, doch habe das „noch einige Zeit gedauert“.

„Sie müssen wissen“, sagt sie über den Grund der Verzögerung, ohne es weiter auszuführen, „er war damals im Junggesellenverein.“ Und: „Er war der erste Flüchtling in diesem Verein. Er kam gut an und konnte auch was vertragen.“ Dabei schaut sich das Paar, das am Mittwoch Diamanthochzeit feierte, grinsend an. Am 2. November 1962 gaben sie sich zweimal das Jawort, zunächst im Standesamt anschließend in der Kirche St. Mariä Heimsuchung.

Zu Besuch bei Verwandten

In Blankenstein (Harz) war Walter Preißner gelandet, nachdem die Familie 1945 aus Schlesien geflohen war. Seine heutige Frau, in Oberschlesien geboren, lebte nach der Flucht zunächst in Bad Pyrmont. Ein Zufall brachte sie 1957 in Mülldorf zusammen. Er war damals zu Besuch bei einem Onkel, sie bei ihrer Schwester. Er blieb bei seinem Onkel, sie begann die Ausbildung zur Krankenschwester im Siegburger Krankenhaus.

„Bei den Ordensschwestern, das war streng, aber hat geformt und gebildet“, erzählt die 85-Jährige. „Ich wollte alles wissen.“ Auch ein Aufenthalt in der Schweiz gehörte dazu. 30 Jahre arbeitete sie schließlich in der Bonner Robert-Janker-Klinik.

Walter Preißner fing als Maschinist zunächst bei der Firma Mannstaedt an, später arbeitete er in einer Siegburger Firma. Sein technisches Talent und das handwerkliche Geschick befähigten ihn, das große Wohnhaus in Mülldorf selbst zu bauen. „Es hat lange gedauert, zweieinhalb Jahre“, sagt der 84-Jährige heute im selbstverständlichen Ton, gleichwohl mit spürbaren Stolz.

Wobei seiner Frau „immer mal wieder Verbesserungen und Änderungen“ eingefallen seien, etwa der Kamin im gemütlichen Wohnzimmer oder ein Balkon. „Ich habe für Arbeit gesorgt“, lacht Ruth Preißner. Ihre Hobbys seien das Kochen und Backen gewesen. Sohn Thomas und seine Lebensgefährtin Tanja Isphording können das nur lobend bestätigen. Sie sagt: „Jeden Sonntag steht ein Kuchen auf dem Tisch. Das ist unsere Hauswährung.“

Walter ist bis heute begeisterter Radrennfahrer, hat „weit mehr als 100“ RTF-Radfahrten mitgemacht, er schraubt und baut am Rad. Außerdem pflegt er den Gartenteich mit vielen Kois und anderen Fischen.

Gemeinsam unternahm die Familie viele Reisen, auch Kreuzfahrten. Vor zehn Jahren gelang dem Sohn und seiner Partnerin der Coup: Sie organisierten zur Goldhochzeit eine Erneuerung des Eheversprechens auf der Aida nebst Captain’s Dinner. „Das war wie eine zweite Hochzeit“, berichtet das Diamantpaar. „Wir waren so gerührt, wunderbar.“

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