Marcus LübkenAuf Umwegen zum Dienstwagen

Marcus Lübken
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Sankt Augustin – Ein Dienstwagen steht dem Beigeordneten einer Stadt nicht zu. Dennoch parkt Schuldezernent Marcus Lübken neuerdings eine Limousine aus bayrischer Produktion in der Tiefgarage des Rathauses, für deren Kosten er nicht selbst aufkommt.
Dazu hat der Wahlbeamte, der in der Stadtverwaltung auch für das Ordnungsamt und Rechtsfragen zuständig ist, einen Kunstgriff angewendet: Nach Informationen des "Rhein-Sieg-Anzeiger" werden die Kosten für seinen Dienstwagen von der 2008 gegründeten Energieversorgungsgesellschaft Sankt Augustin (EVG) bezahlt.
Seit Juli 2011 ist der Jurist Lübken nebenberuflich als Geschäftsführer der EVG tätig. Er teilt sich den Posten mit Peter Weckenbrock, der seit Juni 2004 auch Geschäftsführer der Energie- und Wasserversorgung Bonn/Rhein-Sieg-GmbH (SWB Energie und Wasser) mit Sitz in Bonn ist.
Überschaubares Geschäft
Das operative Geschäft der Gesellschaft - eine Gemeinschaftsgründung der Wasserversorgungsgesellschaft Sankt Augustin (WVG) und der Stadtwerke Bonn - ist bislang sehr überschaubar. Zwar hat der Stadtrat schon 2007 die Gründung eigener Stadtwerke beschlossen, um den Bewohnern eine von großen Konzernen unabhängige und somit relativ preissichere Grundversorgung mit Wasser, Gas und Strom bieten zu können. Die Umsetzung des Ziels jedoch ist daran gescheitert, dass die Stadt sich mit der Rhenag nicht auf einen Preis für das Gasnetz einigen konnte. Aus Furcht vor langwierigen juristischen Auseinandersetzungen, und weil Ende 2016 der Vertrag mit der städtischen Wasserversorgungsgesellschaft (WVG) endet, hat der Stadtrat als neues Datum für den Start eines Kundengeschäfts nun 2017 anvisiert. Danach sollen die Gewinne der klammen Stadtkasse zugeführt werden. In der Nachbarstadt Troisdorf wird auf diese Weise ein Betrag von rund 20 Millionen Euro pro Jahr erwirtschaftet, der in den Haushalt einfließt.
Statt Gas anzubieten, tritt die EVG sichtbar vor allem als Sponsor lokaler Vereine in Erscheinung. Mancher Politiker sagt, dass die Sponsorengelder dabei "nach Gutdünken" verteilt werden. Die Einnahmen der EVG stammen aus den Pachtverträgen für das Gasnetz, das sich noch im Besitz der Rhenag befindet, von der EVG jedoch in einem Doppelvertrag angepachtet ist. So konnte die EVG 2010 einen Nettogewinn von rund 118 000 Euro erwirtschaften.
Nach Informationen des "Rhein-Sieg-Anzeiger" schlägt seit Mai 2012 Lübkens Dienstwagen mit Leasingkosten in Höhe von rund 650 Euro monatlich zu Buche. Hinzu kommen die Ausgaben für Kraftstoff und Unterhalt des Wagens. Lübken kann den genauen Betrag aufgrund eines kommunalen Rabattierungsvertrages mit BMW nicht nennen.
Die Notwendigkeit eines Dienstwagens erklärt er mit den Bemühungen zum Aufbau eines operativen Geschäfts. So wolle die EVG beim Neubaugebiet im Mendener Fasanenweg die Energieversorgung übernehmen, auch sei zwecks Einstieg in die Nahwärmeversorgung die Übernahme des Geschäfts ortsfremder Energieversorger geplant.
Lübken nutzt seinen Dienstwagen sowohl für Fahrten im Dienste der EVG, als auch für private Transfers und für solche, die er als Beigeordneter der Stadt tätigt. Zusätzlich hat er in den Monaten von Januar bis April von der EVG ein Geschäftsführergehalt von 1000 Euro pro Monat erhalten. Dieses ist sukzessive auf 137 Euro im August gesunken. Im September wird Lübken nun nach eigener Aussage "draufzahlen", um nicht mit dem Gesetz in Konflikt zu geraten.
Gemäß Paragraf 13 Absatz 1 des Nebentätigkeitsgesetzes NRW nämlich darf auch ein Beigeordneter zusätzlich zu seinem Gehalt lediglich 6000 Euro pro Kalenderjahr verdienen. Darüber hinausgehende Beträge muss er an seinen Dienstherren, in diesem Fall also die Stadt abführen, die das Geld in den Haushalt einbringt.
Im Gespräch erklärt Lübken zudem, dass er den Dienstwagen gemäß der Einprozentregel privat versteuert. Sollten am Jahresende Differenzen vorhanden sein, die nicht mit der Nebentätigkeitsverordnung in Einklang zu bringen sind, würden die Beträge an den Dienstherren abgeführt.
Die Anschaffung des Dienstwagens hat das aus Bürgermeister Schumacher, Frank Preißmann (SWB) und Wilhelm Roth (WVG) bestehende Präsidium des Aufsichtsrates der EVG abgesegnet. Die Informierung des Aufsichtsrates ist nicht erforderlich gewesen, da die Geschäftsführer Abweichungen vom Wirtschaftsplan in Höhe bis 100 000 Euro nicht genehmigen lassen müssen. Gleichwohl sei vorgesehen gewesen, das Gremium bei seiner Sitzung am 27. September zu informieren.
Teure Herberge
Wie Lübken erklärt, ist in seiner Nebentätigkeitsvereinbarung festgehalten, dass er diese sowohl während der Dienstzeit als auch während der Freizeit ausübt. In der Praxis betrage sein Arbeitspensum hierfür rund 15 Stunden pro Woche. Dazu gehören in 2012 auch Fortbildungen.
So hat Lübken an Seminaren in Berlin und München zu den Themen "Energiewende", "Controlling" und "Souveränes Auftreten teilgenommen". Dabei hat er komfortabel gewohnt. Eine Übernachtung in einem Fünfsternehotel hat gar mit 264 Euro Zubuche geschlagen. "Ein durch das hohe Preisniveau und messebedingte Auslastung in München bedingter Ausreißer", sagt Lübken.