Pilotprojekt für GeflüchteteBäckerei Dorfinger gibt Denait Mulue eine Aufgabe

Bäckereichefin Constance Dorfinger (l.) und Arbeitsvermittler Jan Meyer freuen sich, dass Denait Mulue im Geschäft bleiben kann.
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- Als die Chefin einmal um Servietten bat, kam Mulue mit einer Tüte Milch zurück.
- Doch die anfänglichen Verständigungsprobleme haben sich erledigt.
- Im September fängt die junge Frau aus Eritrea ihre Ausbildung in der Bäckerei an.
Sankt Augustin – 4.30 Uhr. In der Bäckerei Dorfinger brennt schon Licht. Denait Mulue steht hinter dem Verkaufstisch und befüllt die Auslage mit Gebäck und Kuchen. In einer Stunde kommen die ersten Kunden, bis dahin soll alles vorbereitet sein.
Mulues Geschichte liest sich wie ein Musterbeispiel an Integration: 2016 floh die 17-Jährige allein aus ihrem Heimatland Eritrea nach Deutschland. Seit einem knappen Jahr arbeitet sie als Praktikantin in der Filiale der Bäckerei Dorfinger in Sankt Augustin-Ort. Und im September beginnt ihre Ausbildung zur Bäckerin dort.

Denait Mulue bestückt den Backofen. Nach dem Praktikum beginnt die junge Frau aus Eritrea eine Ausbildung.
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Dies möglich gemacht hat das Projekt Pro EQ, das junge Zugewanderte aus dem Rhein-Sieg-Kreis und Bonn fit für eine Berufsausbildung machen soll (siehe „Die Kooperation“). Über ein Langzeitpraktikum an je drei Tagen in der Woche über einen Zeitraum von sechs bis zwölf Monaten erhalten die Teilnehmer eine Einstiegsqualifizierung, kurz EQ. An zwei weiteren Wochentagen haben sie am Berufskolleg in Bonn-Duisdorf Unterricht mit intensiver Deutschförderung. Denait Mulue ist mit 17 die jüngste in der Klasse: „Ich kann es noch gar nicht glauben, wie gut alles gelaufen ist. Ich bin hier in Sicherheit, so viele Menschen kümmern sich um mich.“
Klassenlehrer Sebastian Koringer unterrichtet die Fächer Berufliche Orientierung, Mathematik, EDV und Politisch-gesellschaftliches Lernen: „Es ist schon spannend, herauszufinden, welches Entwicklungspotenzial in den Teilnehmern steckt.“ Der erste Eindruck könne ziemlich täuschen. Bei Mulue habe er anfangs eher Zweifel gehabt, ob sie den Anforderungen gewachsen ist. Mit 18 Teilnehmern ist das Pilotprojekt im September gestartet, einige von ihnen sind wieder abgesprungen, andere haben schon ihren Ausbildungsvertrag in der Tasche, wie die Ostafrikanerin Mulue, die in Sankt Augustin wohnt.
Die Kooperation
Pro EQ richtet sich an junge Geflüchtete bis 35 Jahren, die Interesse an einer Berufsausbildung haben. Voraussetzung sind Deutschkenntnisse im Sprachniveau B1.
Das Pilotprojekt ist eine Kooperation der Jobcenter Bonn und Rhein-Sieg, der Agentur für Arbeit Bonn/Rhein-Sieg, des Berufskollegs Bonn-Duisdorf, des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge sowie der Volkshochschule Bonn. Die Teilnahme ist für angehende Azubis und Betriebe kostenlos.
Kontakt für Betriebe: 02241/958 02-307; Kontakt für Teilnehmer und Multiplikatoren in der Flüchtlingsarbeit unter 0228/924 33 36 oder per E-Mail. (mor)
Bonn.Berufsberatung@arbeitsagentur.de
Constance Dorfinger, Leiterin der Familienbäckerei, bereut es nicht, dem jungen Mädchen eine Chance gegeben zu haben. Und das, obwohl die Eingewöhnung nicht einfach gewesen sei: „Die Sprache war am Anfang eine ziemliche Hürde. Wir mussten uns mit Händen und Füßen verständigen.“ Als sie das Mädchen einmal Servietten holen geschickt habe, sei es mit einer Packung Milch wiedergekommen. Inzwischen sei das Deutsch der 17-Jährigen besser geworden, sie habe bereits im Verkauf gearbeitet und Kunden bedient. „Sie will etwas erreichen und ist talentiert im Bäckerhandwerk“, betont Dorfinger. Begabte und motivierte Fachkräfte seien rar, Denait Mulue sei daher ein Glücksfall für den Betrieb.