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Schwere UnwetterAbrutschender Hang in Wahlscheid

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Rhein-Sieg-Kreis – Nach dem Unwetter, das am Donnerstagmittag das Rheinland heimsuchte, spielen sich in einigen Teilen des Rhein-Sieg-Kreises zurzeit dramatische Szenen ab. Die Feuerwehr ist im Dauereinsatz. „Wir haben an allen Ecken und Enden zu tun“, heißt es auch bei der Polizei in Siegburg. Insgesamt wurden die Retter bislang zu rund 410 Einsatzstellen gerufen. Rund 80 Einsätze gab es bislang alleine in Lohmar, wo vor allem Lohmar-Ort, Wahlscheid und Birk betroffen waren. Im Lohmarer Ortsteil Wahlscheid droht ein von den Regenmassen aufgeweichter Hang in ein Wohngebiet abzurutschen. In Lohmar-Donrath führt der Jabach Hochwasser. Die Wassermassen traten über die Ufer, eine Siedlung mit rund 40 Häusern steht unter Wasser.

Auch in Lohmar-Kneuznaaf sind große Flächen überflutet. Wassermassen standen auch auf der Autobahnauffahrt Lohmar-Nord zur A3. Um das Einsatzaufkommen bewältigen zu können, wurden auch Feuerwehren aus anderen Städten und Gemeinden hinzugezogen. Zudem hat die Stadt das Technische Hilfswerk Köln mit speziellen Hochwassersperren angefordert. Wegen Überflutungen, umgestürzten Bäumen und Erdrutschen wurden die Jabachtalstraße (B 507) in Höhe Fischburg, die Sülztalstraße (L 288) und die Ortsdurchfahrt Lohmar (Hauptstraße/Aulsweg bis Donrather Dreieck) gesperrt. In Eitorf versucht die Feuerwehr zurzeit eine Scheune zu löschen, die nach einem Blitzeinschlag in Brand geraten war.

Aber auch in anderen Teilen des Rhein-Sieg-Kreises und der Bundesstadt Bonn haben Gewitter, Sturmböen, sintflutartige Regenfälle und Hagelschauern das öffentliche Leben vorübergehend lahmgelegt. Auf vielen Straßen stand das Wasser mehrere Zentimeter hoch, der Verkehr kam stellenweise zum Erliegen. Freiwillige und Berufsfeuerwehren waren im gesamten Kreisgebiet pausenlos im Einsatz, vor allem um vollgelaufene Keller leer zu pumpen. 70 Feuerwehreinsätze gab es bisher in Sankt Augustin. Dort befreiten die Wehrleute eine Tagesmutter und die von ihr betreuten Kinder aus einem überschwemmten Kellerraum. Auf der Wehrfeldstraße schoss nach der Flutung eines Abwasserkanals eine mehr als zwei Meter hohe Fontäne aus einer Kanalöffnung. Auch in Siegburg rückten die Feuerwehren Dutzende Male aus. Dort standen am Neuenhof zahlreiche Autos im Wasser und mussten befreit werden. Ähnliche Szenen spielten sich in der Siebengebirgsallee in Troisdorf ab.

Wasserschäden in der Kreisverwaltung

Wasserschäden hat auch die Kreisverwaltung zu beklagen. Im Siegburger Kreishaus drang Wasser durch defekte Rohrverbindungen in die Kantine und in das Katasterarchiv ein. Nach Angaben des Kreises entstand nur geringer Schaden. Im Berufskolleg des Rhein-Sieg-Kreises in Bonn-Duisdorf stehen die Keller zweier Bauteile unter Wasser und im Georg Kerschensteiner Berufskolleg in Troisdorf ist Wasser durch Oberlichter eingedrungen. Die Siegburger Rudolf-Dreikurs-Förderschule kämpft mit Wasser in der Turnhalle, einigen Klassenräumen sowie dem Lehrerzimmer.

Durch das Unwetter wurden in weiten Teilen der Region vorübergehend auch die Mobilfunknetze lahmgelegt. Vor allem Kunden, die über die Anbieter o2 und E-Plus telefonieren, waren über einen längeren Zeitraum nicht erreichbar.

In Bonn wurde der Straßenbahnverkehr wegen der Überflutung der Südunterführung am Bonner Hauptbahnhof vorübergehend unterbrochen. Die Stadtbahnlinie 66 endete auf dem Weg von Siegburg nach Bad Honnef in Oberdollendorf, weil Teile der Rheinpromenade in Königswinter überschwemmt waren. Außerdem waren in der Bundesstadt fast alle Buslinien von Verzögerungen betroffen, weil nahezu der gesamte Individualverkehr zum Stehen kam.

Zudem musste die Stadtverwaltung den Straßentunnel in Bad Godesberg  sperren. Am Tunnelportal Wurzerstraße traten große Wassermassen aus dem Kanal aus und liefen in den Tunnel. Auch die Unterführung an der Poppelsdorfer Allee war wegen der Wassermassen zwischenzeitlich nicht mehr passierbar.

In Bad Godesberg fiel zudem in vielen Straßenzügen der Strom aus, nachdem Umspannstationen ausgefallen waren.

Schüler flohen in Volksbank

"Ich halte das für unverantwortlich", kritisierte Bürgermeister Helmut Meng das Verhalten einiger Direktoren von weiterführenden Schulen in Neunkirchen-Seelscheid, "auch das Antoniuskolleg gehört dazu". Während sich der Himmel am Mittag schwarz verfärbte, wurden die Jugendlichen nach Unterrichtsende einfach auf die Straßen geschickt. Ursula Heimann berichtete, dass Schüler ängstlich Zuflucht in der Volksbank gesucht hätten, in der sie arbeite.

"Es war so dunkel, dass ich noch nicht mal den Kirchturm auf der anderen Straßenseite sehen konnte. So ein Unwetter habe ich noch nie erlebt. Ich halte das Verhalten der Schulleiter für verantwortungslos", kritisiert die CDU-Ratsfrau. Bürgermeister Meng hat schon einen Brief an alle Schulleiter geschickt und darauf hingeweisen, dass so etwas nicht mehr passieren dürfe. Bei den Grundschulen in der Gemeinde sei dagegen verantwortungsvoll gehandelt worden. Die Lehrer warteten auf Eltern, die ihre Kinder abholen wollten. Die Kinder konnten auch in den Schulen das Ende des Unwetters abwarten. (pf/rvg/opo/vr)