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Siegburger Sportler„Mich reizt der maximale Krafteinsatz am Start“

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Alle startklar bei der Junioren-EM: Henrik Proske schiebt an, Fahrer Philipp Zielasko kauert rechts daneben.

Henrik Proske aus Siegburg wird die Olympischen Winterspiele in Peking mit besonderem Interesse verfolgen. Der Leichtathlet vom LAZ Puma Rhein-Sieg hat vor rund einem Jahr beim Wintersportverein Königssee als Anschieber im Bobsport angeheuert. Im Januar holte der Jugend-Kreismeister im Sprint Gold und Silber bei internationalen Titelkämpfen.

Herr Proske, wie kommt man von der Leichtathletik zum Bobsport?

Henrik Proske: Das ist nicht so ungewöhnlich. Die Bobtrainer halten immer Ausschau nach Sprintern, Werfern und Springern. Bei mir kam hinzu, dass ich schon immer Interesse am Bobsport hatte. Nach einem Bob-Probetraining wurde ich sofort angesprochen, ob ich mir vorstellen könne, dabei zu bleiben.

Das war 2021. Danach ging es schnell. Vor kurzem haben Sie als Anschieber in einem Junioren-Zweierbob bereits Gold bei einer EM gewonnen.

Ja, das war sportlich mein größter Erfolg bisher. In der Leichtathletik war relativ früh klar, dass es bei mir nicht für die nationale Spitze reicht. Spaß hatte ich trotzdem immer. Beim Bobsport bin ich jetzt recht schnell in die internationale Spitze vorgestoßen (nach dem Interview gewann Proske in Innsbruck Silber im Viererbob, die Red.).

Für die Olympischen Winterspiele in Peking sind Sie nicht qualifiziert. Wie kommt das?

Deutschland ist im Bobsport die erfolgreichste Nation, und die Konkurrenz ist groß. Die Olympiateams wurden bereits im September festgelegt. Zu dem Zeitpunkt habe ich noch nicht einmal in einem Schlitten gesessen. Die Nominierung kam einfach zu früh. Mit 24 Jahren bin ich als Anschieber aber noch jung und kann jetzt erst einmal Erfahrung sammeln.

Zur Person

Henrik Proske (24) ist als Quereinsteiger erst im vergangenen Jahr zum Bobsport gekommen. Zuvor war ausschließlich die Leichtathletik seine Passion.

Beim Hennefer TV hat er als Zehnjähriger die Grundlagen erlernt, aktuell ist er Mitglied des LAZ Puma Rhein-Sieg. Der gebürtige Offenbacher ist in Hennef aufgewachsen und hat dort am städtischen Gymnasium sein Abitur gemacht. Anschließend absolvierte er ein duales Studium bei der Finanzverwaltung NRW. (opo)

Wovon träumen Sie in sportlicher Hinsicht?

Von einer Teilnahme an den Olympischen Winterspielen 2026 in Mailand und Cortina d’Ampezzo. Aber zuerst einmal hoffe ich auf Weltcup-Einsätze. Es gehört auch Glück dazu, verletzungsfrei zu bleiben. Selbst die Winterspiele 2030 sind für mich noch denkbar. Es ist keine Seltenheit, dass Anschieber Anfang 30 sind.

Wie intensiv trainieren Sie?

Eigentlich täglich, teilweise mehr als eine Einheit. Während des Lockdowns musste ich improvisieren, weil ich noch keinem Kader angehört habe. Da habe ich am Michaelsberg und in den Siegauen geschwitzt, und in Parkhäusern habe ich Treppensprints absolviert.

Wechseln Sie jetzt komplett zum Bobsport?

Vorerst möchte ich weiter mit meiner LAZ-Gruppe trainieren und auch Leichtathletik-Wettkämpfe bestreiten. Aber irgendwann werde ich mich wohl auf das Bobfahren konzentrieren müssen.

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Und wie vereinbaren Sie Ihre Tätigkeit als Finanzbeamter mit Ihrem zeitintensiven Sport?

Noch gehe ich ganz normal in Vollzeit zur Arbeit und trainiere abends beziehungsweise am Wochenende. Für die Trainingslager nehme ich Urlaub. Das wird auf Dauer aber nicht klappen. Ich werde wohl auf Teilzeit gehen. Bobsport ist zeitaufwendig, da neben dem Sport auch noch die Kufen geschliffen und poliert werden müssen. Der Bob muss auf- und abmontiert sowie richtig eingestellt werden. Manchmal kommen Reparaturen hinzu.

Was macht den besonderen Reiz beim Bobsport aus? Was fasziniert Sie daran?

Die Geschwindigkeit ist es nicht. Die bekommt man gar nicht so mit. Mich reizt die Synchronität zwischen Fahrer und Anschieber am Start. Der maximale Krafteinsatz, der perfekte Einstieg in den Bob. Beim Start kann man schon das ganze Rennen verlieren.

Wie werden Sie die Olympischen Winterspiele in Peking verfolgen?

Nachts werde ich nur für die Bobwettbewerbe wach bleiben. Ich kenne ja einige von denen, die vor Ort sind. Ansonsten interessieren mich fast alle Wintersportarten.

Wie stehen Sie zu dem Aufruf, die Winterspiele 2022 wegen Menschenrechtsverletzungen in China zu boykottieren?

Ich halte es für falsch, die Verantwortung auf die Sportler zu übertragen. Ziel der meisten Athleten ist es, einmal im Leben an Olympia teilzunehmen. Sie müssten also auf ihren großen Traum verzichten. Ich würde nicht boykottieren. Kritisch kann man sich dazu aber äußern, das begrüße ich.