Café BonjourPralinen-Workshop in der Konditorenküche – Schokolade föhnen und impfen

Konditorgesellin Anke Huckenbeck (links) stand den Workshop-Teilnehmern mit Rat und Tat zur Seite.
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Siegburg – Mit dem Spachtel schiebt die Frau in Weiß schwungvoll die dunkle, klebrige Masse über den Marmortisch, rührt um, zieht glatt. Dann knipst sie den Heißluftföhn an, greift zum Thermometer und „impft“ das Material.
Ein Duft von Schoko und Vanille zieht in die Nasen. Sechs Frauen und drei Männer schauen rätselnd aufs Rezept. Bis der Zutatenmix auf der Zunge zergehen kann, sind Handwerkskunst und Geduld erforderlich, das ist die Lektion zu Beginn des ersten Pralinenworkshops im Café Bonjour.
Ein Glas Prosecco lockert am Anfang schon mal die Zungen der Schleckermäuler von 18 bis 58, vom IT-Studenten bis zum Geschäftsführer, die die Schürzen umgebunden haben.
Allen gemein ist das Faible für Süßkram, sonst wäre man in der kühlen Konditorenküche des Meisterpaares Sonja und Dirk Neuenhöfer auch fehl am Platz.
Zutaten bereitgestellt
Gesellin Anke Huckenbeck hat Zutaten wie Nussnougat, Kuvertüre und Cointreau schon bereitgestellt und drückt den Teilnehmern Mixbecher, Pürierstäbe und Kellen in die Hand. Konzentriert schöpft Ingo Jenesl (54) aus dem Vollen und lässt die flüssige Kuvertüre langsam in die Waagschale fließen, 133 Gramm.
Die Mengen müssen exakt passen, ebenso wichtig ist die Temperatur, erläutert Sonja Neuenhöfer. Die Kakaobutter zum Beispiel wird, wenn sie zu schnell erkaltet, grau und stumpf. Deshalb gehörten weder Kuvertüre noch die fertige Köstlichkeit in den normalen, zu feuchten Kühlschrank. Im Pralinenraum des Café Bonjour herrschen trockene 16 Grad Celsius.
Erhitzen, mischen, abkühlen durch „impfen“ (also die flüssige mit stabilen Fettkristalle aus geraspelter Kuvertüre eindicken), verstreichen, in Hohlkugeln oder in Formen füllen – Matthieu Pilger hantiert geschickt mit Material und Küchengeräten. Kunststück, macht der junge Mann doch eine Ausbildung als Koch, ist im dritten Lehrjahr.
Dabei stehe auch die Patisserie auf dem Stundenplan, aber längst nicht so raffiniert wie beim Spezialisten. Auch Matthieus Mutter Martina Elvert, die als Gesichtsdozentin an der Uni arbeitet, lockt das Selbermachen, für das jeder der neun Teilnehmer 100 Euro auf den Tisch legte.
Klar, dass nicht alles glatt läuft bei den Laien. Gleichzeitig den Trichter halten und quatschen klappt nicht, eine Handbewegung und der sahnige „Canache“ für die Cointreautrüffel tropft auf den Boden. „Schnell mal ein paar Pralinen zusammenrühren“, so hat es sich Hobbykoch Jenesl vorgestellt, doch so einfach ist es nicht.
Stunden zwischen Arbeitsschritten
Die filigranen Gebilde erfordern Zeit. Oft mehr als die drei Workshop-Stunden, die im Fluge vergehen. Zwischen den Arbeitsschritten liegen oft Stunden oder gar eine Nacht, erklärt Huckenbeck und ermuntert die Teilnehmer zum Probieren. Am dicken Schneebesen klebt noch Vanillemasse, die sonst in der Spülmaschine landen würde. Viel zu schade.
Ihre Chefin spricht am Rande über Rohstoffpreise, die Vanille zum Beispiel koste pro Kilo, nach oben getrieben durch Spekulanten, rund 500 Euro. Das Original sei aber ebenso wenig durch naturidentische Aromen zu ersetzen wie das Marzipan durch Persipan. „Das machen wir nicht.“ Der Chef serviert zwischendurch feine, herzhafte Häppchen, Melone und Schinken, Garnelen auf Gemüsebett, Rindfleischfilet mit Parmesan.
Dazu gibt’s Riesling, Wasser, Prosecco. Bei so viel Süß eine willkommene Abwechslung. Mundet nicht nur, ist auch toll angerichtet. Das Auge isst mit. Deshalb soll der Kuvertüren-Überzug der Knusper-Vanille glänzend und knackig sein; dafür werden die Trüffel einzeln in Zucker gerollt; oder mit Handschuhen in Schokomasse getaucht und erhalten anschließend auf einem Gitter Struktur.
„Alles aufwendige Handarbeit“, resümiert Jenesl, Geschäftsführer eines Baustoffhandels, am Ende. Der Workshop habe ihm nicht nur Spaß und Genuss verschafft, sondern großen Respekt vor dem Konditorenhandwerk.
Die drei Rezepte will er daheim vermutlich nicht nachmachen: „Zu kompliziert. Da kaufe ich die Pralinen lieber.“
So entsteht die Knusper-Vanille
Das Café Bonjour gehört zu den 500 besten Konditoreien in ganz Deutschland, gekürt von der zeitschrift Feinschmecker. Dirk Neuenhöfer führt mit seiner Frau Sonja das 75 Jahre alte Familienunternehmen an der Kaiserstraße (früher Café Sauerborn).
Das Ehepaar beschäftigt drei Gesellen und vier Lehrlinge. Im Innungsbezirk, der den Rhein-Sieg-Kreis, Bonn und Köln umfasst, gibt es noch 50 Betriebe, im Jahr 2000 waren es zirka 100.
Das Rezept für Knusper-Vanille: 350 g Haselnusspralinenmasse, 70 g flüssige Milchkuvertüre, 26 g Kakaobutter, 110 g Feulletine (alternativ zerkleinerte Waffelröllchen oder Cornflakes) mischen und in einen Rahmen (Tortenform) streichen, der auf einem mit Backpapier belegten Blech steht. Kühl stellen, dann mit dünn mit Kuvertüre bestreichen.
185 g Sahne mit 44 g Invertzucker und einer Vanilleschote aufkochen und durchsieben. 464 g weiße Schokolade erhitzen und aus der weichen Masse eine Emulsion mixen. Die Sahne dazugeben und verrühren. Pomadige Butter in eine Schüssel geben, den Canache dazu und mixen. Die Masse auf den Knusperboden streichen. Fest werden lassen.
Mit einem scharfen Messer längs in Streifen und quer in Würfel schneiden, einzeln in flüssige dunkle Kuvertüre tauchen und auf Pergamentpapier trocken lassen. (coh)