In der SiegaueMonteure ziehen in 55 Metern Höhe neue Stromleitungen

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Die Freileitungsmonteure bewegen sich in großer Höhe auf  Leitern und Traversen. 

Sankt Augustin/Siegburg – Erkan Dagli ist am Sicherungsseil eingehängt, als er in rund 55 Meter Höhe das neue Leiterseil am Ziehstrumpf in Position bringt und mit dem alten verbindet. In den kommenden beiden Jahren wird in der Siegaue die stromführenden Elemente an den imposanten Stahlmasten ausgetauscht.

Auftraggeber ist die Firma Amprion, einer der vier Übertragungsnetz-Betreiber in Deutschland. Die Firma Spie mit ihrer Niederlassung im Westerwald erledigt die Arbeiten. Dagli ist einer der Freileitungsmonteure, die in schwindelnden Höhen auf den Traversen die mehrere Hundert Meter langen, mit Aluminiumlitzen ummantelten Stahlkerne über Laufräder ziehen und miteinander verbinden.

Monteure erledigen weitere Arbeiten 

Eine Winde am Boden liefert die nötige Kraft. Mit seinen Kollegen Lukas Mühle und Nikica Corluka entfernt er außerdem die Keramik-Isolatoren, die seit mehr als 40 Jahren im Einsatz sind und nun durch neue Kunststoffisolatoren ersetzt werden.

Die aufwendige und rund sieben Millionen Euro teure Aktion wurde notwendig, weil immer mehr Strom aus erneuerbaren Energiequellen transportiert werden muss.

„Wir bauen sozusagen das Autobahnnetz, die Strecken für den überregionalen Stromtransport“, erklärt Anne Frentrup, die Projektsprecherin von Amprion. „In den Umspannanlagen übergeben wir an den Verteilungsnetz-Betreiber.“

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Die Menschen erscheinen klein an den gigantischen Stahlmasten. 

Eine dieser Anlagen, die 380.000 Volt bewältigen kann, befindet sich an der Lindenstraße. Sie soll nun in das 380-Kilovolt-Netz eingebunden, sozusagen angeschlossen werden, um den Großraum Köln zu versorgen. Die alte 220-Kilovolt-Leitung bleibt aber vorläufig noch erhalten. Sie wird an die Stahlmasten mit den vier Traversen angehängt.

Vier neue Masten ersetzen acht alte

Auf Siegburger Seite werden derzeit zusätzlich vier Masten neu aufgebaut, mit 15 Meter tiefen Fundamenten. Acht alte und deutlich kleinere werden dafür demontiert. An einigen Stellen werden zusätzlich Diagonalstützen saniert, um die zusätzlich aufkommenden Kräfte tragen zu können. Die Arbeiten laufen parallel, denn das Zeitfenster ist knapp. Am vergangenen Montag kam die Freischaltung.

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Zum Projekt gehört auch der Aufbau von vier neuen Strommasten, deren Fundamente 15 Meter in die Tiefe reichen.

Am 30. September ist eine Unterbrechung geplant. Denn im Winter, wenn mehr Strom gebraucht wird, muss der Transport gewährleistet sein. Außerdem ist dann die Hochwasser-Gefahr größer, dann könnte nicht auf den Masten gearbeitet werden. „Außer bei Gewitter und starkem Sturm wird immer gearbeitet“, versichert Nicole Korycinski, die Projektleiterin von bei der Firma Spie.

Im Sommer ist Sonnencreme Pflicht

Regen oder Hitze sind keine Hinderungsgründe. Im Sommer aber kommt die Sonne hinzu als Thema für den Arbeitsschutz. Thomas Dumke, Fachkraft für die Arbeitssicherheit, muss dann darauf achten, dass die Monteure sich ordentlich mit Sonnenmilch eincremen und genug trinken.

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In der Ferne ist aus der Höhe die Abtei auf dem Michaelsberg zu sehen.

Denn Schatten gibt es oben auf der Traverse nicht. „Im Moment sind die Bedingungen ideal“, sagt Christian Hänzgen, der Baukontrolleur bei Amprion, der nahezu jeden Tag auf der Baustelle ist.

Im April 2023 geht es dann weiter, im Juli 2023 soll alles fertig sein. Immerhin gilt es, auf jeder Seite des Mastes zwölf Leiterseile zu montieren. Es sind übrigens keine Kabel, wie Frentrup erklärt. „Kabel liegen unter der Erde“.

Pro Meter ein Kilo ist die Faustformel für das Gewicht, bei fast 700 Meter Länge für ein Teilstück ist das schon ein veritables Paket. Zwischen vier und sechs davon schaffen Dagli und seine Kollegen täglich, wenn es gut läuft. Stromlos bleibt die Region deshalb übrigens nicht. Es gibt zum einen andere Trassen, zum anderen bleibt jeweils die Seite, an der nicht gearbeitet wird, aktiv.

Inzwischen hat sich auch das anfängliche „Verfahren“ von Radfahrern weitgehend erledigt, die trotz Absperrungen und deutlicher Hinweise in die Baustelle hineinfuhren. Das allerdings kann bös enden. Denn nicht auszuschließen ist, dass trotz aller Sicherheitsvorkehrungen kleinere Teile aus großer Höhe herunterfallen. Es ist daher eine Umleitung eingerichtet. Im Winter aber wird alles abgebaut, dann ist auch der Radweg wieder für ein halbes Jahr frei.

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