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Frührentner rastet ausReichsbürger aus Much wegen Todesdrohungen verurteilt

Lesezeit 2 Minuten
Vor dem Amtsgericht Siegburg stehen drei Poilizeiwagen. Zwei Personen laufen daran vorbei.

Vor dem Amtsgericht stehen nicht selten Angeklagter aus der Reichsbürgerszene.

Einen 58-jährigen Reichsbürger hat das Gericht Siegburg für schuldig befunden. Nach einem persönlichen Streit rastete er aus.

Ist der Mann eine tickende Zeitbombe oder einfach nur ein verwirrter Geist? Zuhörer einer Siegburger Gerichtsverhandlung mussten unweigerlich an die jüngste Gewalttat in Ratingen denken, als ein wohl der Reichsbürgerszene nahestehender Mann sieben Feuerwehrmänner und Polizisten lebensgefährlich verletzte.

Der 58-Jährige aus Much, der die Bundesrepublik und ihre Justizorgane erklärtermaßen nicht anerkennt, stand in Siegburg wegen Todesdrohungen, Hausfriedensbruchs und Sachbeschädigung vor dem Kadi.

Frühere Freundin sagt vor Gericht aus

Seine frühere Freundin schilderte seine Radikalisierung, er habe ihr stolz seinen Reichsbürgerausweis gezeigt, habe nur noch ein Thema gehabt. „Es war mir peinlich, mit ihm irgendwohin zu gehen“, sagte die 54-jährige Selbstständige im Zeugenstand. Sie zog nach sechs Jahren einen Schlussstrich, man blieb sich freundschaftlich verbunden: „Er mochte meinen Hund so sehr, wir gingen öfter spazieren.“

Doch als er Monate später, im März 2021, von ihrer Liaison mit einem seiner Freunde erfuhr, rastete der Frührentner laut Anklage aus. Drohte dem Nebenbuhler per SMS mit dem Tod, rückte nachts in einem Dörfchen im benachbarten Seelscheid an, schlug Krawall und forderte Einlass.

Zur Schwester geflüchtet

Danach raste er mit quietschenden Reifen zur Ex, nutzte den versteckten Schlüssel, stand mit Hundefutter und einer Pistole an deren Bett, suchte den Konkurrenten. Der hatte sich panisch in seinem Haus versteckt, war dann, als der Angreifer abrückte, in eine Raststätte geflüchtet, fuhr von dort zur Arbeit, am Nachmittag zu seiner Schwester. Sie holte am Abend Kleidung für ihn, entdeckte die zertrümmerte Terrassentür, die zerstörten Schrank- und Vitrinenscheiben, Fernseher, Waschbecken und Toilettenschüssel sowie abgeschlagene Fliesen.

Allein das Material kostete 3000 Euro, die Reparaturen erledigte der Bewohner, ein Elektriker, später selbst. Der Angeklagte schwieg zu den Vorwürfen. Das Gericht zeigte sich anhand der Chatprotokolle und Zeugenaussagen überzeugt, dass er für die Schäden verantwortlich ist.

Zivilverfahren kann noch folgen

Die Aussage eines Entlastungszeugen, der Angeklagte sei nicht mit dem Auto gefahren, da es in dieser Nacht auf seinem Grundstück gestanden habe, sei zweifelhaft, so Richter Hauke Rudat. Der Zeuge hatte erst ein halbes Jahr nach dem Vorfall seine Aussage bei der Polizei gemacht.

Der bislang nicht vorbestrafte Mucher, der von rund 1000 Euro EU-Rente lebt, wurde zu einer Geldstrafe von 4500 Euro verurteilt (150 Tagessätze à 30 Euro), die in sein polizeiliches Führungszeugnis Eingang findet. Der Pflichtverteidiger hatte auf Freispruch plädiert, die Drohung seines Mandanten sei nicht ernst zu nehmen: „Es war verletzte Eitelkeit.“ Die Waffe wurde nicht gefunden. Der Angeklagte soll aufgrund seiner politischen Umtriebe seine Wohnung verloren haben. Auf ihn wartet nun ein Zivilverfahren, der Geschädigte verlangt Schadensersatz.

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