Amtsgericht SiegburgAuf dem Parkplatz könnten Säle für „Cum-Ex“-Prozesse entstehen

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Amtsgericht in Siegburg 

Siegburg/Bonn – Steuerschiebereien bringen das Landgericht Bonn an die Grenze seiner Kapazität. Denn wegen zahlreicher anstehender Strafverfahren im Zusammenhang mit dem sogenannten „Cum-Ex“-Betrug braucht das Gericht mehr Sitzungssäle, die in einem neuen Saalbau eingerichtet werden sollen. Das bestätigte ein Sprecher des Oberlandesgerichts (OLG) Köln auf Anfrage dieser Zeitung.

Für dieses Prozessgebäude ist neben Bonn auch Siegburg vorgesehen, wo es dann mit dem Amts- und dem Arbeitsgericht ein Justizzentrum bilden würde. Als Standort wird der Parkplatz hinter dem Amtsgericht in Betracht gezogen. Die Entscheidung ist aber noch nicht abschließend getroffen worden.

Viele „Cum-Ex“-Prozesse in Bonn – zusätzliche Richterstellen genehmigt

Auf das Landgericht kommt eine Vielzahl von „Cum-Ex“-Prozessen zu. Zwei Verfahren wurden nach monatelangen Verhandlungen abgeschlossen, weitere sind in Vorbereitung. Zurzeit sind zwei Wirtschaftsstrafkammern nur für diese Fälle zuständig. Vier weitere seien eingerichtet worden, für die der Landtag zwölf zusätzliche Richterstellen genehmigt habe, sagte OLG-Sprecher Dr. Christian Hoppe.

Er wollte Informationen dieser Zeitung, dass wegen „Cum-Ex“ insgesamt zehn Wirtschaftsstrafkammern in Bonn ihre Arbeit aufnehmen sollen, nicht bestätigen. Hoppe: „Das wäre im Moment Spekulation.“ Wie viele Kammern notwendig seien, richte sich nach der Zahl der Anklagen, die erhoben würden; das lasse sich aber zurzeit „nur schwer prognostizieren“.

Erste Pläne vor 50 Jahren

Schon vor 50 Jahren gab es Pläne, in Siegburg ein Landgericht einzurichten. Das war Inhalt des Vertrages zwischen dem Land NRW und der Stadt Siegburg für einen Amtsgerichtsneubau, der im Juni 1971 unterzeichnet wurde.

Festgelegt war, dass das Gelände für den Neubau zwischen Neuer Poststraße und Bahnhofstraße eine Größe von 10 000 Quadratmetern haben sollte. Diese Fläche war nötig, weil der Bau später unter Umständen erweitert werden sollte. Nach einer Justizreform, so war damals die Überlegung, könnte Siegburg vielleicht Sitz des rechtsrheinischen Landesgerichts werden. (vr) 

Die Justiz wartet deshalb gespannt auf ein für den 28. Juli angekündigtes Urteil des Bundesgerichtshofs, der über die Revision zweier im März 2020 vom Landgericht Bonn zu Bewährungsstrafen verurteilten Börsenmakler und einen Einspruch der Privatbank Warburg entscheiden will.

Ein Makler wehrt sich gegen das Urteil insgesamt, der andere dagegen, dass er seinen Profit von 14 Millionen Euro zurückzahlen soll, und die Bank gegen die Einziehung von 176 Millionen Euro zugunsten der Staatskasse.

Weil auf dem freien Markt keine Saalflächen in der entsprechenden Größe gemietet werden können, soll gebaut werden. Das OLG sucht in einer europaweiten Ausschreibung einen Projektsteuerer, der einen Investor finden und den Bau bis zur Fertigstellung begleiten soll. „Diese Säle werden spätestens ab 1. Januar 2024 benötigt“, heißt es in der Ausschreibung, „daher ist die Vorbereitung und Errichtung eines Prozessgebäudes sehr eilbedürftig.“

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Die Büros für die neuen Richter und deren Geschäftsstellen sollen in Bonn angemietet werden. Das Landgericht Bonn ist Anfang der 2000er Jahre um einen Erweiterungsbau mit 22.000 Quadratmeter Bruttogeschossfläche vergrößert worden, der aber inzwischen zu klein ist. Die „Cum-Ex“-Verfahren werden im Schwurgerichtssaal S 0.11 mit zahlreichen Beteiligten geführt, der an diesen Tagen für Prozesse des Schwurgerichts nicht zur Verfügung steht.

Auch andere Strafkammern nutzen den großen Raum gern, weil sich hier die coronabedingten Abstandsvorschriften einhalten lassen. Zurzeit wird der unter Denkmalschutz stehende alte Schwurgerichtssaal W1.12 im Altbau des Landgerichts für die „Cum-Ex“-Verfahren saniert. Eine neue Klima- und Akustikanlage werden installiert. 

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