Bei der Ausstellung „Die gute Form“ im Siegburger Stadtmuseum werden filigrane Möbelstücke von Gesellinnen und Gesellen gezeigt.
„Die gute Form“Ausstellung im Siegburger Stadtmuseum zeigt besondere Möbelstücke

Ausgestellt werden 36 Gesellenstücke, die nach Formgebung und Gestaltungsidee bewertet wurden.
Copyright: Ralf Rohrmoser-von Glasow
Immer noch ist das Tischlerhandwerk eine Männerdomäne. Nur etwa zehn Prozent der Auszubildenden, die den Abschluss in diesem Beruf schaffen, sind Gesellinnen. Bei der diesjährigen Ausgabe des Wettbewerbs „Die gute Form 2023“ fanden sich immerhin zwei Frauen unter den Preisträgern: Annika Schmitt machte nicht nur den ersten Platz, sie war auch Prüfungsbeste und präsentierte einen Nähtisch. Juliane Hoenisch überzeugte mit einer filigranen Sitzbank, das brachte ihr den dritten Preis.
Prämierte Stücke des Wettbewerbs im Siegburger Stadtmuseum zu sehen
Diese Möbelstücke und die weiteren Bewerber sind an diesem Wochenende in einer Ausstellung im Siegburger Stadtmuseum zu sehen. Der Obermeister der Tischlerinnung Bonn Rhein-Sieg, Wilhelm Gießelbach, und ihr Geschäftsführer Wolfgang Schmeil führten durchs Foyer und die Aula, um die prämierten Stücke zu zeigen.
„Es geht hierbei um Formgebung und Gestaltung“, erklärte Gießelbach. „Oft gibt es aber Übereinstimmung mit den Gesamt-Prüfungsergebnissen.“ Zu dieser Aussage passt, dass der Zweitbeste bei den Prüfungsergebnissen, Adrian Lüke, auch mit einer Belobigung ausgezeichnet wurde. Derer gab es drei, neben Lüke konnten sich Leon Grabowski und Cederic Müller über den Zuspruch der Jury freuen.

Adrian Lüke wurde für sein Sideboard belobigt und war zweitbester Prüfling.
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In dem vierköpfigen Gremium sitzen Dr. Gundula Caspary, die Leiterin des Stadtmuseums,, Dirk Claßen, Architekt und Vorsitzender des Fachausschusses Gestaltung Tischler NRW, Heinz Fink, seines Zeichens Redakteur des Fachmagazins „Bau- und Möbelschreiner“, sowie Thomas Heußner, Schulleiter des Carl-Reuther-Berufskollegs in Hennef.
Annika Schmitt überzeugte die Jury mir einem filigranen Nähtisch
Sie hatten in diesem Jahr 36 Stücke zu bewerten, einige weniger als im Schnitt von etwa 50, die in den vergangenen Jahren präsentiert worden waren. Schmeil führte das zurück auf die Corona-Jahre. Er rechnet mit nahezu doppelt so vielen Arbeiten im kommenden Jahr. „Die Stücke entwerfen die Auszubildenden selbst“, beschrieb Gießelbach das Verfahren. Die Zeichnungen werden dem Prüfungsausschuss vorgelegt, der sie zunächst genehmigen muss. Anschließend haben die angehenden Tischlerinnen und Tischler vier Wochen Zeit für die Umsetzung. 100 Stunden gibt der Ausbildungsbetrieb dazu und einen Materialzuschuss in Höhe von rund 350 Euro.
Ein Schubkasten, eine Tür, Rahmenverbindungen müssen beispielsweise an den selbst gebauten Möbeln zu finden sein. Ansonsten können die Prüflinge ihrer Kreativität freien Lauf lassen und sich aussuchen, was genau sie in Angriff nehmen wollen, ob Bett, Sideboard oder Truhe. „Wir hatten auch schon eine Haustür, eine kleine Treppe, Kicker- und Billardtisch sowie Babywiegen und einen Klappstuhl“, umreißt Schmeil das mögliche Spektrum.

Annika Schmitt vom Museum König hat einen Nähtisch entworfen und bekam den ersten Preis.
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Annika Schmitt hat die Jury am meisten überzeugen können. Sie hat im Zoologischen Forschungsmuseum Alexander König in Bonn gelernt. Ihr Nähtisch mit textiler Bespannung der Füllung besticht durch feine Details, einer aufklappbaren Tür am Schränkchen etwa, um auf Garnrollen zugreifen zu können. Eine dünne Tischplatte verbindet die beiden Elemente. Die feine Gliederung wird durch die Materialien betont: Rüster, das Holz der Ulme, Linoleum und Leinen.
Möbel mit würzigem Geruch nach Zirbelkiefer
Platz zwei ging an Max Anton Funke von IB Möbelwerkstätten in Much. Sein Barschrank ist in der Gestaltung reduziert. Griffleisten und das Furnier betonen die vertikalen Linien. Die Türen sind geschickt geformt, im Zusammenspiel mit dem Spiegel öffnet sich ein großer Innenraum. Den dritten Preis erzielte Juliane Hoenisch von der Schreinerei Stefan Hampel aus Bonn. Die Sitzfläche ihrer filigran gearbeiteten Sitzbank scheint geradezu zwischen den Traggestellen zu schweben.

Juliane Hoenisch hat eine filigrane Sitzbank gestaltet.
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Malte Gude, drittbester Prüfling, hatte seine Liebe zur Musik in seinem Schreibtisch verarbeitet, eine Gitarre und Notenlinien in den Schubladen griffen. Gießelbachs Schwiegersohn Adrian Kolek – Tochter Karin Kolek wird den Betrieb in die dritte Generation führen – arbeitete mit geräucherter Eiche. Ein Bett und ein Schrank oben in der Aula verbreiten einen würzigen Geruch nach Zirbelkiefer.
Die guten Formen sind von Samstag, 24. Juni, bis einschließlich Montag, 26. Juni, im Stadtmuseum, Markt 46, in Siegburg zu besichtigen von 10 bis 17 Uhr, am Sonntag bis 18 Uhr.