Frisörin und SchauspielerinHatice Karagöz bekämpft mit viel Farbe die Tristesse

Momentan sind die Haare lila. Hatice Karagöz in ihrem Friseursalon „Hair-Styling Chamäleon“.
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Siegburg – Hatice Karagöz findet sich selbst „ein bisschen abgedreht“. Dabei will sie die Menschen vor allem unterhalten und zum Lachen bringen. Sei es bei ihrer größten Leidenschaft, dem Schauspiel, oder in ihrem Hauptjob als Friseurin in Siegburg.
An diesem feuchtkalten Dienstagabend ist es um halb sieben schon lange dunkel. Im Friseursalon „Hair-Styling Chamäleon“ an der Bahnhofstraße in Siegburg brennt aber noch Licht. Wie unter Scheinwerfern steht Hatice Karagöz kerzengerade am Bezahltresen ihres Salons und wartet auf den letzten Kunden. Die meisten Passanten schauen neugierig zum Fenster herein. Ihr Blick bleibt meist an Karagöz’ Haaren hängen. Die sind derzeit lila.
Viel Farbe, um das Graue zu boykottieren
Ihre Frisur ist ihr Markenzeichen, unter Einheimischen ist Karagöz für ihre auffälligen und häufig wechselnden Haarfarben bekannt. Mit Blond fing es an, dann kamen Gelb, Grün, Türkis, Türkisgrün, Grün-Lila und Pink-Gelb, inzwischen ist sie eben bei Lila angelangt.
Zur Person
Hatice Karagöz kam im Alter von neun Jahren mit ihren Eltern und acht Geschwistern aus der Türkei in den Rhein-Sieg-Kreis. Weil sie anfangs Sprachprobleme hatte, wurde sie von der vierten in die dritte Klasse zurückversetzt. Schon bevor sie sich im Jahr 2005 mit einem eigenen Salon in Siegburg selbstständig machte, absolvierte Karagöz die Aufnahmeprüfung an einer Schauspielschule.
Vor zwei Jahren schloss sie an einer Abendschule zusätzlich eine theaterpädagogische Ausbildung ab.
Nicht der schlechteste Weg, um auf den eigenen Friseursalon aufmerksam zu machen. Wer Karagöz nach der Haarfarbe fragt, dem erklärt sie, dass es ihr dabei um „die persönliche Freiheit“ gehe. Sie mache nur, was ihr gefalle. „Ich will Farbe ins Spiel bringen und das Graue und Triste boykottieren.“
Sie ist nicht einfach, und das will sie auch gar nicht sein. Einerseits kann sie sehr professionell und diszipliniert arbeiten. Andererseits liebt sie es, sich bei der Arbeit einen Spaß zu machen und herumzualbern. Sie sagt ständig Dinge wie: „Ich könnte auch einen Kartoffelsack anziehen und würde gut aussehen.“ Dann lacht sie zwar über sich selbst, aber es ist schwer zu sagen, ob sie es nicht doch ein wenig ernst meint. Andere bringt sie damit auf jeden Fall zum Lachen – und das ist ihr erklärtes Ziel.
Frisörsalon als Bühne
Wer ihr zuschaut, glaubt sofort, dass Karagöz neben dem Salon noch eine andere große Leidenschaft hat: das Schauspiel. Immer wieder versuchte sie sich an kleineren Stücken, wurde 2004 für ihren Auftritt in „Die Go-Spielerin“ in der freien Werkstatt Köln für den Kölner Theaterpreis nominiert.

Hatice Karagöz als Geisha im freien Werkstatt-Theater.
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Im Jahr 2014 gestaltete sie sogar ihren Friseursalon zur Bühne um, um mit ihrer Kundin Jane March das Zwei-Personen-Stück „Die Widersacherinnen“ aufzuführen. Karagöz liebt es, im Rampenlicht zu stehen. Sie findet: „Die Welt ist eine Bühne.“
Wenn man auf der Bühne eines lernt, dann, ein bestimmtes Bild von sich selbst aufrechtzuerhalten. Das scheint Karagöz verinnerlicht zu haben. In ihrer Stimme klingt viel Stolz mit, wenn sie sagt: „Man kann im Leben alles mit dem nötigen Willen erreichen.“
Karagöz: „Mit mir erlebt man immer etwas“
Im Rhein-Sieg-Kreis hat die 45-jährige eine Heimat gefunden, sie möchte ihn so schnell nicht mehr verlassen. Bis 2005 lebte sie noch in Köln, zog dann wegen ihres Berufes nach Siegburg und wohnt mittlerweile in Troisdorf. Sie fühlt sich hier wohl. „Die Menschen sind sehr angenehm“, sagt sie.
Selten habe mal jemand etwas Negatives zu ihr gesagt, wegen ihrer auffälligen Haarfarben oder sonstiger Extravaganzen wie den Hütchen aus den 20er Jahren, die sie ausgesprochen gern trägt.
Menschen, denen so etwas nicht gefalle, sagt sie, ignorierten sie. Meist jedenfalls. Denn eine kleine Geschichte fällt Karagöz dann doch noch ein: Ein kleines Mädchen hatte sich über Karagöz’ Haarfarbe gewundert und laut nachgefragt, wieso ihre Haare lila sind.
Der Mutter des Mädchens war das dann sehr peinlich. „Die wusste nicht, was sie sagen sollte“, freut sich Karagöz. „Und sie wollte nur noch gehen.“ Sie kannte Karagöz eben schlecht: Die hätte sich nur zu gern mit dem Mädchen über ihre Haarfarbe unterhalten. Dass sie zumindest ein bisschen verrückt ist, beweist zumindest ihr aktuell größter Lebenstraum: Karagöz wäre gerne einen Tag lang mit Orang-Utan-Babys in einem Affengehege eingesperrt. „Ich bin schon ein bisschen abgedreht, aber positiv“, sagt sie. „Man kann sich sicher sein: Mit mir erlebt man immer etwas.“