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„Es tobt ein Preiskrieg“Willi Risto schließt nach zehn Jahren Siegburger Musikhaus

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Willi Risto Siegburg Musikhaus

Akustikgitarren und vieles mehr hat Willi Risto noch im Angebot. Doch nach dem Räumungsverkauf soll im Sommer Schluss sein. 

  1. Zehn Jahre hat Willi Risto sein Musikhaus in Siegburg betrieben, nun muss er schließen.
  2. Der Onlinehandel ist für sein Geschäft eine zu große Konkurrenz geworden.
  3. Einen eigenen Onlineshop einzurichten, kann er sich nicht leisten.

Siegburg – Der Mann mit dem dunklen Vollbart, innig ins Spiel auf sechs Saiten vertieft, gehört zum Siegburger Stadtbild: Das Bild auf der Hausfassade ähnelt entfernt „Gitarren-Gott“ Eric Clapton und wirbt für das Musikhaus Risto – doch das wird schon bald Vergangenheit sein. Nach zehn Jahren gibt Willi Risto sein Geschäft auf und will seinen Lebensunterhalt durch Unterricht an den geliebten Saiteninstrumenten Gitarre, Mandoline und Ukulele bestreiten.

Einzelhändler kämpfen gegen Konkurrenz im Internet

Ristos Geschichte ist eine von vielen, die derzeit geschrieben werden, weil sich kleine Einzelhändler nicht gegen die überbordende Konkurrenz im Internet behaupten können. „Die großen Onlinehändler bekämpfen sich gegenseitig“, es tobe ein Preiskrieg. Vor Ort könne man noch so gut sein, letztlich bleibe einfach kein Gewinn mehr übrig, sagt Willi Risto.

Der legendäre Gitarrenfabrikant Fender, dessen Modell Stratocaster auch Clapton zu schätzen weiß, habe früher 40 Prozent Rabatt gegeben, heute seien es noch 20. Für Risto, der früher in seinem Keller ein ganzes E-Gitarrensortiment führte, ist das zu wenig. „Was nützt es mir, wenn ich Fender verkaufe und nichts daran verdiene?“ Für einen eigenen E-Shop bräuchte es jemanden, der sich um die Datenpflege und Werbung kümmere. Jemanden einzustellen könne er sich indes nicht leisten.

Überraschende Umsatzerfolge durch Ukulelen

Vor vier Jahren schloss er die Abteilung und konzentrierte sich auf Akustikgitarren, allerdings neben so ziemlich allem, was man noch so braucht: Mandolinen, Violinen, Saiten, Noten, Plektrums, Schlagzeuge und Percussion-Instrumente, Keyboards und natürlich Blockflöten, die am Anfang ungezählter Amateur- und Profimusikerkarrieren in der Region gestanden haben dürften. Sogar eine Balalaika steht zum Verkauf. 

Überraschende Umsatzerfolge stellten sich vor einigen Jahren durch Ukulelen ein. Risto führt das aber nicht auf Stefan Raab zurück, der gern eines der kleinen Saiteninstrumente zur Hand nimmt, sondern auf den Erfolg des Hawaiianers Israel Kamakawiw'ole, der mit seiner Doppel-Coverversion von „Somewhere Over the Rainbow/What a Wonderful World“ einen Riesenhit landete. Risto empfiehlt die Ukulele gerade für Kinder, wegen der einfach zu spielenden Akkorde.

Weihnachtsgeschäft halbierte sich

Reparaturen und Wartung gehören im Geschäft an der Frankfurter Straße zum Kundenservice, und wenn einer Band in der Rhein-Sieg-Halle unerwartet Kabel oder Trommelstöcke fehlten, war der Weg zu Risto nicht weit. „Wenn der letzte Musikladen zumacht, wird es all das nicht mehr geben“, bedauert der 54-Jährige. Im Rhein-Sieg-Kreis sei er der letzte seiner Art, einzig in Troisdorf gebe es noch den Secondhand-Music-Store auf der Alten Poststraße.

Musikhaus Risto Siegburg

Vor 44 Jahren wurde das Musikhaus an der Frankfurter Straße in Siegburg gegründet.

„Aus Idealismus“ habe er zum Schluss noch weitergemacht. Doch als sich das Weihnachtsgeschäft 2018 im Vergleich zu 2017 halbiert habe, habe er die Konsequenz gezogen. „Irgendwann lohnt sich das nicht mehr, dann sprechen die Zahlen gegen einen.“

Rabatte für den musikalischen Nachwuchs

Dass Kunden sich im Internet die günstigsten Angebote suchen, könne er niemandem vorwerfen. Die Gehälter fielen schmäler aus als früher, immer mehr Menschen lebten gar in prekären Verhältnissen. Kein Verständnis habe er aber, wenn Lehrer angehalten würden, Musikalien im Internet zu kaufen, und nicht einmal mehr Angebote bei ihm einholten. Dabei würde er gern Rabatte geben, wenn es um den musikalischen Nachwuchs gehe. Ausgefallen sei schon seit einigen Jahren die Bundeswehr als Kunde. Um die Hälfte eingebrochen sei seit der Geschäftsübernahme auch der Verkauf von Noten. Immer mehr Bestellungen fänden per Smartphone und über Amazon statt. Da Notenbücher meist teuer als 20 Euro seien, liefere Amazon versandkostenfrei. Dann habe er keine Chance mehr. 

Bis zum Sommer, so hofft er, werde der Räumungsverkauf abgeschlossen sein, dann sei endgültig Schluss. Schwer dürfte Risto der Schritt auch fallen, weil er sich schon als Jugendlicher bei dem Verkäufer und späterem Eigentümer Lu Pröbsting mit Equipment eindeckte. Eine Band habe er damals gehabt, die erste Verstärkeranlage samt Boxen und Kabel wurde an der Frankfurter Straße gekauft. „Da waren wir stolz wie Oskar.“

1975 gegründet

Das Musikhaus wurde 1975 gegründet und 1982 von Ludger „Lu“ Pröbsting, einem Verkäufer, weitergeführt, der selbst aktiver Keyboarder war. Im März 2009 übernahm Willi Risto, der neben Mandoline und Mundharmonika seit seinem 13. Lebensjahr Gitarre spielt und seit 2007 auch Unterreicht anbietet, auch Schnellkurse in Liedbegleitung. (ah)