Monatlich wird eine vierstellige Summe fällig, um Bundesliga-Fußball zeigen zu können. Viele denken über Kündigungen nach.
„Eine Frechheit“Fußballkneipen in Rhein-Sieg ächzen unter heftigen Preisen von Dazn und Sky
Günstige Tickets für Spiele des FC zu bekommen, für Vize-Meister Borussia Dortmund oder für Fast-Meister Bayer Leverkusen ist für Nicht-Mitglieder fast unmöglich. Es bleibt nur der Gang in Kneipen, die die Spiele der ersten und zweiten Liga zeigen. Doch die Gebühren für die Bezahlsender Sky und Dazn sind hoch – und viele Wirtinnen und Wirte unzufrieden.
Samstagnachmittag, kurz nach 17 Uhr, im Alleestübchen in Siegburg: Wie Spitzenreiter Bayer Leverkusen wenige Minuten vor Schluss das Spiel in Richtung Sieg dreht, nötigt sogar einer Gruppe junger Dortmund-Fans, die sich die besten Plätze für das Topspiel um 18:30 Uhr gesichert hat, Respekt ab.
Siegburger Wirt zahlt vierstellige Summe für Sky und Dazn
Axel Mergelsberger, Wirt des Alleestübchens, richtet seinen Blick eher auf das Tabellenende, denn da steht sein Verein, der 1. FC Köln, der erst am Sonntag spielt. „Ich bin mit Leib und Seele Köln-Fan, deswegen habe ich die Abos. Fürs Geschäft bräuchte ich sie nicht, aber wenn der FC spielt, ist der Laden voll.“ Und dennoch: „Die Preise sind für die Gastro ein Unding. Deutschland dreht am Rad – Fußball, die Bierpreise, alles wird teurer.“
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Er spricht von einer vierstelligen Summe, die er monatlich für seine beiden Abos leisten müsse. „Die zahle ich aber auch, wenn kein Fußball läuft. Eigentlich muss man das durch zehn Monate teilen, dann hat man die wahre Summe. Das ist eine Frechheit“, findet er. Doch das Alleestübchen sei nun mal als Fußballkneipe bekannt. „Ich habe noch zwei Jahre Vertrag, dann sehen wir weiter. Aber wenn Sky und Dazn so weitermachen, gibt es solche Kneipen bald nicht mehr. Die Ausbeutung nimmt langsam überhand.“ Das Kölsch kostet bei ihm zwei Euro, höher könne er nicht gehen, die Kundinnen und Kunden moserten jetzt schon.
Wer Fußball gucken will, muss nicht bloß einen, sondern gleich zwei Sender abonnieren: Sky überträgt seit der jüngsten Rechtevergabe nur die Samstagsspiele der ersten Bundesliga, zusätzlich alle der zweiten. Die Freitags- und Sonntagsspiele laufen hingegen auf Dazn (sprich: Da Soun). Noch komplizierter wird es im Europapokal: Spiele der Champions League laufen bei Dazn und Amazon Prime, das ebenfalls abonniert werden muss. Scheidet das Lieblingsteam nun ausgerechnet in der Gruppenphase aus und muss in der Europa League ran, ist ein Abo von RTL Plus nötig. Die Kosten dafür: Mehr als 600 Euro pro Jahr.
Bezahlsender Dazn verlangt für Business-Konto den zehnfachen Preis
Nicht nur Privatkundinnen und -kunden müssen für unbegrenzten Fußballgenuss tief in die Tasche greifen, sondern auch Wirtinnen und Gastronomen, die ungleich mehr zahlen. Ein Jahresabo kostet bei Dazn 399 Euro pro Monat und eine einmalige Anmeldegebühr von 60 Euro. Bei Sky beträgt der Preis 290 Euro monatlich, wird endgültig aber abhängig von der Größe des Lokals und seinem Standort ermittelt.
689 Euro für Gaststätten also – mindestens. „Weit über 1000 Euro“ zahlt dagegen Daniel Baba, Inhaber des „La Casa Loca“ am Lohmarer Frouardplatz. „Ich bin seit 15 Jahren Sky-Kunde. Es ist ärgerlich, dass sie nur noch die Samstagsspiele zeigen, es aber trotzdem immer teurer wird“, sagt er. Früher habe er Dazn-Spiele über einen privaten Account gezeigt, dann seien Vertreter des Senders gekommen und hätten ihm für sein Lokal ein Business-Konto auferlegt – zum zehnfachen Preis.
„Dazu kommt, dass die Gema-Gebühren bisher über Sky liefen, seit Anfang des Jahres muss man sie aber selbst zahlen – das sind auch nochmal 50 bis 60 Euro obendrauf“, sagt Baba. Gebühren an die Gema muss jeder und jede zahlen, der öffentlich Musik spielt – auch, wenn sie aus dem Fernseher kommt, der Töne aus einem Stadion überträgt.
Lohmarer Kneipenwirt kündigt sein Sky-Abo jedes Jahr aufs Neue
„Es lohnt sich für mich aber noch. Wenn Köln spielt, ist der Laden voll“, sagt auch Baba. „Dazu habe ich den Vorteil, dass kaum eine Kneipe im Umland die Spiele zeigt. Der Wirt überlegt, das Dazn-Abo zu kündigen, sollte der FC in der kommenden Saison zweitklassig spielen. „Dafür reicht Sky. Und freitags habe ich ohnehin Ruhetag.“ Er kündige den Vertrag jedes Jahr, dann mache Sky ihm ein besseres Angebot. „Aber teurer wird es dennoch.“
Bei Ute Herzog im „Jraduss“ in Siegburg-Zange läuft jeden Samstag die Konferenz; spielt Köln parallel, läuft das Spiel auf einem zweiten Fernseher ohne Ton. „Die Zweitliga-Spiele laufen nur auf Sky. Wenn der FC nicht kurz vor dem Abstieg stünde, würde ich dieses Abo kündigen. Ich zahle mittlerweile 1076 Euro pro Monat“, sagt sie.
Für ihre Tipprunde, die sich seit Jahren samstags zur Bundesliga-Konferenz in der Eckkneipe trifft, würde es das Aus bedeuten. „Dieser Runde gehören 56 Leute an, der Laden ist gut frequentiert.“ 1,80 Euro kostet bei ihr das Kölsch – 597 Gläser müsste Herzog jeden Monat verkaufen, um allein die Kosten für die Abos wieder reinzuholen.
Im „Jraduss “in Siegburg verlangt die Wirtin einen Mindestverzehr von den Gästen
Sie verlangt bei der Konferenz deswegen einen Mindestverzehr für neun Euro. Wegen der „Colalutscher“, wie sie die Kundinnen und Kunden nennt, die in 90 Minuten nur ein Getränk konsumierten. „Die schauen mich dann mit großen Augen an, aber ich sage, im Kino kostet's auch Eintritt – nur gibt es hier statt Popcorn Erdnüsse und Frikadellen.“
Während der Fastenzeit sei der Laden ohnehin leerer. „Sky und Dazn gehen aber immer davon aus, dass er bis auf den letzten Platz besetzt ist. Sommer- und Winterpause zahle ich aber trotzdem mit, auch wenn da gar keine Bundesliga läuft.“ Auch während Welt- oder Europameisterschaften sei „tote Hose“, schildert Herzog. „Die Leute gucken lieber im Garten oder gehen zum Public Viewing.“
Für die Saison 2025/2026 werden die TV-Rechte neu ausgeschrieben, es droht eine weitere Zersplitterung, denn beispielsweise die Samstagabendspiele der ersten und zweiten Liga sind separat ausgeschrieben. Allerdings darf ein einzelner Sender nun alle Pakete kaufen und somit alle Spiele zeigen. Ob der Preis damit sinkt, bleibt abzuwarten. Für die „Jraduss“-Wirtin jedenfalls steht fest: „Noch eine Erhöhung mache ich nicht mit.“