Horrende VersicherungsbeiträgeTroisdorfer Hebammen fürchten um ihre Zukunft
Troisdorf – „Unser Beruf ist der älteste der Welt“, sagt Karin Streu stolz, aber die Hebamme ist ernsthaft besorgt, dass die Tage der Profession gezählt sein könnten, auch für sie persönlich.
Ihre Praxis, die sie als Freiberuflerin mit Katharina Wohlleben und Nadja Zimmer betreibt, ist ihres Wissens nach die letzte große Praxis im Rhein-Sieg-Kreis, in der Beleghebammen Paare nicht nur bei Kursen sowie Vor- und Nachsorge begleiten, sondern auch regelmäßig bei der Geburtshilfe.
Hohe Beiträge zur Haftpflichtversicherung
Streu sieht darin das „Herzstück“ des Berufs, doch seit einiger Zeit Jahren erschwert ein eigentümlicher Auswuchs des Gesundheitssystems die Arbeit. Hebammen müssen extrem hohe Beiträge für ihre Haftpflichtversicherung bezahlen, die sich angesichts nicht gerade üppiger Einkommen kaum finanzieren lassen.
Pro Kollegin würden gut 6300 Euro im Jahr fällig, für das kommende Jahr würden es gar 7000 Euro. Dabei gebe es nur noch einen einzigen Anbieter für die Versicherung und entsprechend keine günstigere Konkurrenz auf dem Markt. In Anspruch genommen haben die beiden Hebammen die Versicherung noch nie, weder Wohlleben (28) mit ihren zwei Jahren, noch Streu (54) mit fast 30 Jahren Berufserfahrung.
„Man muss sich einfach fragen, ob das dann noch lukrativ ist“, fragt sich Streu einerseits, andererseits will sie sich nicht auf Vor- und Nachsorge oder Kursarbeit reduzieren lassen, wie das in anderen Praxisgemeinschaften bereits der Fall sei. Auch die „Eins-zu-Eins-Begleitung", die die Beleghebammen sicherstellen ist ihr wichtig. Die Arbeit von fest angestellten Hebammen im Krankenhaus, die mitunter drei oder vier Entbindungen gleichzeitig leisten müssten, sieht sie skeptisch.
Eine weitere Hürde soll kommen
„Die normale, komplikationslose Geburt beanspruchen wir für uns, aber das wird uns streitig gemacht“, so Streu. Für Hausgeburten, die in Deutschland ohnehin den kleinsten Teil ausmachten, werde gerade eine neue Hürde errichtet: mit dem Beschluss einer Schiedsstelle für Krankenkassen und Hebammenverbände, der vorsieht, dass für Entbindungen drei Tage nach dem errechneten Termin eine ärztliche Genehmigung gebraucht wird. Rechtskräftig sei dies aber noch nicht.
Wohlleben, die auf ihren Bachelor in Gesundheitswissenschaften die drei Jahre dauernde Hebammenausbildung folgen ließ, bemängelt, dass ohnehin immer weniger Hebammen Hausgeburten anbieten. In der Troisdorfer Praxis müsse man dann künftig immer mehr Paare abweisen, so dass diese gegen ihren Wunsch doch ins Krankenhaus gehen – oder zu Hause bleiben. „Das kann gefährlich werden“, warnt sie.
Keine Wahlfreiheit mehr zwischen Haus- und Klinikgeburt
Eltern werde die Wahlfreiheit zwischen Haus- und Klinikgeburt genommen. Karin Streit, die die Praxis im Alttrakt des Sankt-Josef-Hospitals 2004 gründete, macht keinen Hehl daraus, dass es anstrengend ist, die Versicherungskosten durch Mehrarbeit wieder hereinzuholen. Rund 300 Euro gebe es von den Krankenkassen für die Geburt. Zusammen mit der Betreuung, bei der schnell 15 Hausbesuche nötig werden, komme sie auf rund 800 Euro. Zehn bis zwölf Paare könne das Team im Monat betreuen. Auf Dauer zu wenig und angesichts von zehn bis elf Stunden langer Dienste und vielen Nachteinsätze unbefriedigend.
„Die Bezahlung ist nicht angemessen“, sagt auch Wohlleben, die nur einen Weg aus dem Dilemma sieht: Die Kosten für die Versicherung müsse der Staat übernehmen. Streiks kann sie sich nicht vorstellen. „Hebammen sind schon ein besonderer Schlag Mensch. Wir fragen sofort, was machen die schwangeren Frauen dann?“