Schießstände in TroisdorfSzenario wie in einer Geisterstadt

Leere Baracken erinnern an 60 Jahre Betrieb auf dem Schießstand.
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Troisdorf – Es sind nur noch ein paar Werbeplakate und Utensilien in den baufälligen Baracken, die an alte Zeiten erinnern: „Null Bock auf zweite Wahl“ ist über dem Foto eines fliehenden Rehbocks zu lesen, das für einen Munitionshersteller wirbt ist.
Auf einem anderen Poster ist von einem „saustarken“ Produkt die Rede, das Wildschweinen den Garaus macht. Auf der grünen Platte eines Tischs liegt ein Lederriemen, doch der letzte Jäger hat Mitte 2012 sein Pulver auf dem Schießstand Rottweil verschossen. Heute liegt er gleich neben der Gierlichsstraße, die seit Kurzem auf 1200 Metern Länge den Industriestadtpark auf dem alten Dynamit-Nobel erschließt.
Überreste von Patronenhülsen
Kunterbunte Schuttberge in Rot, Grün und Orange erweisen sich bei näherem Hinsehen als die Überreste von Patronenhülsen und sogenannte Skeets vom Wurfscheibenschießen, das man früher Tontaubenschießen nannte. Bizarr wirkt ein kleines Wäldchen mit kaum identifizierbaren, weil völlig verkrüppelten Bäumen. Der Boden ist mit kleinen grauen Kügelchen übersät, und auch die Baumstämme dürften einiges abbekommen haben.
Das Szenario hat dank der alten Baracken etwas von einer Geisterstadt im Wilden Westen, in der Revolverhelden schon vor langer Zeit die letzten Kugeln um die Ohren pfiffen. Rund 60 Jahre wurde der Schießstand genutzt, vor allem von der Kreisjägerschaft zur Ausbildung, aber auch von Sportschützen. „Auf ein Kilogramm Boden kommt hier stellenweise eine halbes Kilo Blei“, erläuterte Peter Blatzheim jetzt bei einem Ortstermin. Der Chef des städtischen Konzerns Troikomm führt auch die verkrüppelten Bäume auf die Bleibelastung zurück. Grundwasser immerhin sei nicht belastet, beteuert er und verweist auf Messstellen in dem Areal. Trotzdem sei ihm eine Sanierung und anschließende Versiegelung lieber als der jetzige Zustand. Er würde die 3,6 Hektar Fläche große Fläche, die der Immobilientochter Tropark GmbH gehört, gerne sanieren und anschließend als Gewerbegebiet vermarkten.
Das ist nach Blatzheims Ansicht auch der einzige Weg: Für teures Geld zu sanieren und anschließend lediglich aufzuforsten, werde sich nicht rechnen. Entstünde aber Gewerbefläche, könne unter dem Strich wenigstens ein „Nullsummenspiel“ herauskommen. Blatzheim betont, dass man entsprechende Pläne schnell umsetzen könne. Doch derzeit lägen die Pläne bei den Landschaftsbehörden. Von „engen Verhandlungen“ zwischen Kreis und Troikomm spricht unterdessen Kreispressesprecherin Rita Lorenz. Es sei klar, dass man nach 60 Jahren Betrieb auf dem Schießstand etwas gegen die Belastung tun müsse. Dabei sei allerdings das Sanierungsgebiet größer als die geplanten Gewerbeflächen. Wo genau was geschehen soll, müsse in den Verhandlungen geklärt werden.
Norbert Möhlenbruch, der Vorsitzende der Kreisjägerschaft, bedauert den Wegfall des Schießstands, denn seit der Schleißung müssen die Waidmänner lange Wege in Kauf nehmen. Vor allem die Jungjäger, die während ihrer Ausbildung etwa 15-mal auf einen solchen Platz müssen.
Zweitbester Standort
Danach sei mindestens ein Besuch pro Jahr auf dem Schießstand nötig, zu dem die Jager jetzt nach Altenkirchen, Gummersbach, Waldbröl oder ins Ahrtal ausweichen. „Das ist schwieriger geworden.“ Zudem sei Rottweil der zweitbeste Schießstand in Nordrhein-Westfalen gewesen, so Möhlenbruch. Besser sei nur der Stand im westfälischen Altenbeken-Buke bei Paderborn. In Gesprächen mit der Stadt und der Tropark habe man um den Erhalt „sehr gekämpft“.
Die Kommunalpolitik beschäftigt der Schießstand schon seit Langem. Leo Müller von der unabhängigen Wählergemeinschaft Regenbogen scheiterte 2007 im Rat mit einem Vorstoß, das Areal und den Kollberg unter Landschaftsschutz zu stellen wie er auch für den Spicher Wald gilt. Kurz darauf, 2008, kaufte die Tropark den Schießstand.