Trotz BrexitBritische Partnerschaften mit Rhein-Sieg-Kreis bleiben erhalten

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Rhein-Sieg-Kreis – Der Brexit ist beschlossene Sache. Und die Städtepartnerschaften? Sechs Kommunen im rechtsrheinischen Rhein-Sieg-Kreis haben Partnerschaften mit Gemeinden in Großbritannien geschlossen. Ein Überblick.
1. Eitorf
Eine Ménage-à-trois ist oft nicht von langer Dauer. Indes erweist sich diese deutsch-französisch-englische Dreieckskonstruktion als sehr stabil: Eitorf ist mit Bouchain in Frankreich und mit Halesworth in England verpartnert sowie Bouchain mit Halesworth. „Wir lassen es nicht einschlafen“, sagt die Vorsitzende des Eitorfer Städtepartnerschaftsvereins, Mary Kollak. Es gebe mindestens drei Begegnungen im Jahr mit den Franzosen und den Engländern. Und anlässlich des Marché Noël, des Weihnachtsmarkts in Bouchain, kommen die Partner zum Gipfeltreffen zusammen.
Im Jahr 2019 konnten Eitorf und Halesworth ihre „Silberhochzeit“ feiern, ein Jubiläumsbaum wurde gepflanzt. Man habe sich versprochen, sich durch den Brexit „auf gar keinen Fall“ von der Partnerschaft abbringen zu lassen, berichtet Kollak, die aus Liverpool stammt. Die deutsche Staatsangehörigkeit hat die Eitorferin nie beantragt. „Wozu brauche ich die? Ich bin eine gebürtige Europäerin“, sagt sie. Vom Vorsitzenden der Twinning Society Halesworth, Dr. Dean Price, ist der Satz: „Brexit ist Brexit, und Partnerschaft bleibt Partnerschaft.“ (kh)
2. Hennef
Der Bürgermeister von Banbury kommt in zwei Wochen, um sich den Rosenmontagszug in Hennef anzuschauen. Auch zum Stadtfest im September wird wieder eine Gruppe aus der englischen Partnerstadt bei Oxford erwartet. „Es war viele Jahre schwierig, irgendwie machte es den Eindruck, die Engländer hätten das Interesse verloren“, sagt Erika Rollenske auf die Frage, wie es um das 1981 geschlossene Bündnis steht. „Seit zwei Jahren hat es sich wieder belebt“, wie auch die beiden anderen Hennefer Partnerschaften mit Le Pecq sur Seine (Frankreich, seit 1997) und Nowy Dwor Gdanski (Polen, seit 2001) sehr lebendig seien.

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Erika Rollenske ist im Vorstand des Vereins für Europäische Städte-Partnerschaft Hennef insbesondere für den Kontakt zu Banbury zuständig. Im Jahr 2019 waren Hennefer bei einem Gartenwochenende dort, die Banbury Operatic Society hatte einen umjubelten Auftritt an der Sieg. Für dieses Jahr ist unter anderem ein Drei-Länder-Sporttreffen mit Beteiligung aus Banbury und Nowy Dwor geplant. „Wir mögen die Engländer“, sagt Erika Rollenske. In Gesprächen über den Austritt Großbritanniens aus der EU habe man sich gegenseitig versprochen, die Partnerschaft jetzt erst recht fortzusetzen. Die stehe auf soliden Säulen, werde von persönlichem Engagement getragen und könne vom Brexit nicht aus der Bahn geworfen werden. (kh)
3. Neunkirchen-Seelscheid
Seit Jahren ist der Partnerschaftsverein Neunkirchen-Seelscheid aktiv. Die 15 Vorstandsmitglieder treffen sich zwischen sechs und zwölf Mal im Jahr und stehen im permanenten Austausch mit den drei Partnerschaftsgemeinden Bicester in England (seit 1982), Les Essart in Frankreich (seit 1991) und Czernichów in Polen (seit 2001).
Der Verein organisiert jährlich diverse Veranstaltungen und Besuche mit und zu den Bekannten und Freunden in den verschwisterten Partnergemeinden. „Der Brexit spielt bei uns überhaupt keine Rolle“, erklärt Pressesprecher Gerhard Iwers. Gerade mit Bicester seien zahlreiche Veranstaltungen geplant. Für das Kulturwochenende mit den Engländern im Mai fehlt zwar noch ein Termin, doch spätestens zum Remembrance-Day Anfang November werden die Neunkirchen-Seelscheider mit einer Delegation für drei Tage auf die Insel reisen, um am englischen Gedenktag der Weltkriegsopfer bei einem Gottesdienst und einer Parade teilzunehmen.
Zum Weihnachtsmarkt in Neunkirchen vom 11. bis 13. Dezember kommen nicht nur die Engländer, sondern auch die Delegationen der anderen beiden Partnerstädte. Schon jetzt freut sich der Partnerschaftsverein Neunkirchen-Seelscheid auf das große Fest zum 40-jährigen Bestehen am 6. März 2021. Und ein Jahr später wird mit den Engländern die 40-jährige Freundschaft gefeiert. (que)
4. Sankt Augustin
„Wir pflegen freundschaftliche und keine politischen Kontakte mit unserer Partnerstadt Grantham“, betont Manfred Oster. Er erinnere sich, wie er mit einer Abordnung der Partnerschaftsvereinigung am 23. Juni 2016, dem Tag des Brexit-Referendums, in Grantham zu Gast gewesen sei. Als das Abstimmungsergebnis bekannt geworden sei, „haben sich einige Briten geschämt, andere haben applaudiert“. Schnell sei jedoch Einigkeit darüber erzielt worden, dass „wir alle Freunde bleiben werden“. Die Partnerschaft mit der Stadt in der Grafschaft Lincolnshire bestehe nun schon seit 1980 und sei immer sehr herzlich gewesen.
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Sogar Margaret Thatcher, die aus Grantham stammt, sei nach Sankt Augustin zu Besuch gekommen (siehe „Shakehands mit der eisernen Lady«“). Auch in diesem Jahr fanden Austauschbesuche statt. Im Juni vorigen Jahres reisten die Augustiner Mitglieder zu ihren britischen Partnern, im September erfolgte dann der Gegenbesuch. In diesem Jahr kommen die Freunde aus Grantham vom 11. bis 16. Juni, der Gegenbesuch findet vom 24. bis 29. September statt. (vr)
5. Troisdorf
Seit 30 Jahren pflegt die Stadt Troisdorf eine Städtepartnerschaft mit dem britischen Redcar and Cleveland. Zur Feier des Jahrestages erwartet Adelheid Eick, die Geschäftsführerin des Städtepartnerschaftsvereins, im Juli eine Gruppe von 22 Gästen. „Über das Thema Brexit wird eigentlich sehr wenig gesprochen.“ Der Austritt des Königreiches aus der EU habe nun einmal wenig Einfluss auf die Beziehungen. „Schon jetzt sind ja an der Fähre und am Flughafen die Kontrollen streng“, sagt Eick. Im Juli und beim Gegenbesuch im nächsten Jahr werde sich zeigen, ob ein Visum nötig werde.
Reges Leben bescheinigt Rathaussprecher Peter Sonnet, in der Verwaltung zuständig für die Städtepartnerschaften, dem Austausch mit Redcar. „Ganz engagierte Lehrer“ gebe es vor allem am Heinrich-Böll-Gymnasium und an der Europaschule, auch in Redcar betrieben zwei Pädagogen die Austauschidee intensiv. Zum Brexit „haben wir von fast allen aus Redcar gehört, dass sie dagegen waren“. In der von Industrie geprägten Stadt sei man „eng mit Europa verwoben“. (dk)
6. Ruppichteroth
„Longdendale 621 miles“ zeigt ein Schild am Rathaus an und damit auch die Entfernung zur englischen Partnerstadt, die inzwischen Tameside heißt. 1974 wurde diese Verbindung mit der Gemeinde eingegangen, die bei Manchester liegt. Bei der Entscheidung zwischen einer französischen und einer britischen Partnerschaft gab seinerzeit den Ausschlag, „dass die meisten Schüler Englisch konnten, nicht aber Französisch“, so Ludwig Neuber. Der frühere Bürgermeister der Bröltalgemeinde war von Anfang an dabei und hat Jugendgruppen auf die Insel begleitet.
„Auslandsreisen waren damals noch etwas Neues und Aufregendes. “ Das hat sich geändert. Zwar gibt es noch ein Komitee mit Anja Boch als Vorsitzender, doch der offizielle Austausch von Vereinen ist weitgehend eingeschlafen. Die Unterbringung von Gästen in der englischen Partnerstadt sei ohnehin schwieriger gewesen, weil die englischen Familien meist in viel kleineren Wohnungen lebten, sagt Neuber. Persönliche Freundschaften hätten sich aber bis heute erhalten. (as)