Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

Nach Fall in BonnMediziner in Rhein-Sieg sehen geringes Infektionsrisiko für Tuberkulose

Lesezeit 5 Minuten
Ein Arzt zeigt einen Tuberkulose-Fall anhand eines Röntgenbildes in seinem Büro im Tuberkulosezentrum.

In Bonn gab es jüngst einen Tuberkulose-Fall. Die Krankheit ist meldepflichtig und befällt vor allem die Lunge. (Symbolbild)

In Bonn wurde Anfang Mai eine Tuberkulose-Erkrankung erfasst, einer meldepflichtigen Krankheit. Was bedeutet das für Rhein-Sieg?

Tuberkulose ist eine in Deutschland inzwischen eher seltene Krankheit. Die Krankheit wird durch Bakterien ausgelöst und befällt überwiegend die Lunge, kann aber auch andere Organe betreffen. Früher wurde Tuberkulose auch oft als Schwindsucht bezeichnet.

Ein Fall von Tuberkulose wurde Ende April am Bonner Hardtberg-Gymnasium festgestellt. Bei einem stationären Krankenhausaufenthalt einer Schulbegleitperson war aufgefallen, dass diese mit Tuberkulose infiziert war. Der Person gehe es gut, so die Stadt Bonn. Sie werde stationär im Krankenhaus behandelt.

Experten in Rhein-Sieg befürchten keine Ausbreitung im Kreis

Da Tuberkulose eine meldepflichtige Krankheit ist, wurde umgehend das Bonner Gesundheitsamt benachrichtigt, das eine sogenannte Umgebungsuntersuchung angeordnet hat, um enge Kontaktpersonen auf die Bakterien zu überprüfen und eine etwaige Ausbreitung einzudämmen, teilte die Stadt Bonn mit. Was bedeutet dies nun für Rhein-Sieg als benachbarten Landkreis?

Wir hatten im letzten Jahr nur einen TBC-Fall, als Infektion nach einem Urlaub.
Dr. Tobias Hannes, Leiter der zentralen Notaufnahme der Asklepios Kinderklinik Sankt Augustin

„Keinen Grund zur Panik“ sieht Dr. Tobias Hannes, Leiter der zentralen Notaufnahme der Asklepios Kinderklinik in Sankt Augustin im Gespräch mit der Redaktion. „Wir hatten im letzten Jahr nur einen TBC-Fall, als Infektion nach einem Urlaub.“ Ein vermehrtes Auftreten dieser Krankheit sei nicht zu bemerken. Eine Infektion sei im Gegenteil zu Covid deutlich schwerer. Der Erreger müsse direkt aus einem Krankheitsherd in der Lunge durch Tröpfchen übertragen werden. Das würde als offene TBC bezeichnet.

Privatdozent Dr. Tobias Hannes ist als Oberarzt Leiter der Intensivstation und NOtfallversorgung der Kinder an der Asklepios KInderklinik in Sankt Augustin.

Privatdozent Dr. Tobias Hannes ist als Oberarzt Leiter der Intensivstation und Notfallversorgung der Kinder an der Asklepios Kinderklinik in Sankt Augustin. (Archivbild)

Das passiere am häufigsten bei langem Aufenthalt in geschlossenen Räumen. „Wer sich vor einer möglichen Infektion schützen will, der kann einen Mundschutz tragen“, so Hannes. Typisches Symptom sei ein „lang anhaltender Husten mit Auswurf, der nicht immer blutig sein müsse.“ 

Bisher keine Meldung ans Gesundheitsamt Rhein-Sieg

Auch das Gesundheitsamt des Rhein-Sieg-Kreises sieht keinen Grund zur Besorgnis. „Die Anzahl der Tuberkulosefälle ist in ganz Deutschland und auch im Rhein-Sieg-Kreis seit 2009 auf einem gleichbleibend niedrigen Niveau, mit einer sehr niedrigen Inzidenz von 5,2 pro 100.000 Einwohner“, teilt die Kreisverwaltung auf Anfrage dieser Zeitung mit.

In 2024 seien im gesamten Rhein-Sieg-Kreis 35 neue Fälle festgestellt worden. Durch den Fall in Bonn bestehe jedoch zunächst keine größere Ausbreitungsgefahr. Benachbarte Gesundheitsämter würden erst informiert werden, sollten sich Kontaktpersonen zur erkrankten Person in deren Zuständigkeit befinden. Da das Rhein-Sieg-Gesundheitsamt noch keine Meldung erreicht habe, gebe es offenbar demnach keine Kontaktperson im Kreis. Eine Ansteckung mit Tuberkulose sei überdies auch nicht so leicht möglich, wie beispielsweise bei der Influenza.

Geringes Verbreitungsrisiko: Tuberkulose ist gut behandelbar

Auf einem Röntgenbild des Brustkorbes könnte der Erreger durch Verkapselungen in der Lunge erkannt werden, die Mediziner als Kavernen bezeichnen, so Tobias Hannes von der Kinderklinik Sankt Augustin. Im Blut sei der Nachweis ebenfalls durch molekularbiologische Untersuchungen möglich. Deshalb wurden im Bonner Fall bei 150 Personen zwischen fünf und 15 Jahren Blutuntersuchungen durchgeführt. Bei jüngeren Menschen ist eine Infektion früher nachweisbar, als bei älteren. Bei Personen ab 15 Jahren werden Bluttests laut Stadt Bonn erst acht Wochen nach dem letzten Kontakt zur erkrankten Person durchgeführt.

Die Krankheit sei gut behandelbar, sagt Tobias Hannes. Er berichtet aber auch von Resistenzen des des Krankheitskeimes gegen Medikamente in den Gebieten der Ukraine und Russland. In Deutschland sei dies aber noch nicht beobachtet worden.

Helios-Klinikum Siegburg: Tuberkulose-Erkrankte werden isoliert

„Generell werden Patienten und Patientinnen, bei denen ein Verdacht auf eine Infektion besteht oder eine Infektion bereits bestätigt wurde, in sogenannten Isolationszimmern untergebracht“, schreibt auf Anfrage Berit Schmeling, Pressesprecherin am Helios-Klinikum Siegburg. Zimmer einschließlich Nasszelle, WC, Dusche und Waschbecken würden dann einzeln belegt.

Medizinisches Personal betrete die Zimmer nur unter bestimmten Schutzmaßnahmen wie beispielsweise Schutzkitteln, Masken, Handschuhen und Händedesinfektion. Der Zutritt sei nur für berechtigte Personen gestattet. „Ziel ist immer, die Infektion anderer Patientinnen und Patienten und des Personals zu verhindern.“ 

Die Maßnahmen gelten Berit Schmeling zufolge auch in Verdachtsfällen. Bestätige sich ein Verdacht, bleibe die Isolation so lange bestehen, bis eine Ansteckung ausgeschlossen werden könne. Die Zimmer würden nach bestätigten Fällen immer nach strengen Hygienevorschriften grundgereinigt, Wände, Fußböden und andere Flächen desinfiziert. Im Klinikum gebe es derzeit allerdings weder Tuberkulose noch Noro-Viren-Fälle, die derzeit jahreszeitbedingt auch im Umland wieder verbreitet sind.

Verdachtsfälle gibt es immer wieder

„Man muss schon ganz lange die gleiche Luft wie ein Infizierter einatmen, um sich mit Tuberkulose anzustecken“ schildert auch Dr. Edith Fischnaller, Chefärztin für Hygiene und Umweltmedizin der GFO-Kliniken, die rund 20 Krankenhäuser betreiben, auch in Troisdorf und Sieglar.

Troisdorf Krankenhaus Hygiene

Troisdorf Krankenhaus Hygiene

Zu Infektionen komme es am ehesten in der Familie oder einer Gemeinschaftseinrichtung. Wenn ein Patient mit einer entsprechenden Vorgeschichte eingeliefert werde, werde er sofort isoliert. Sie oder eine Kollegin oder ein Kollege im Zentralbereich für Hygiene und Infektiologie würden dann umgehend informiert. Verdachtsfälle gebe es immer wieder.

Die Chefärztin hat allerdings in den vergangenen Monaten einen Anstieg von Infektionen mit Noro-Viren verzeichnet, auch in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen. „Ganz viele Leute hatten Durchfall“, was sich allerdings im Oberbergischen noch stärker bemerkbar habe als im Rhein-Sieg-Kreis. „Man kann sich überall anstecken“, schildert sie und hofft, dass die Ansteckungen im Laufe des Monats Mai zurückgehen.

Schlimm sei etwa, wenn ein ganzer Kindergarten betroffen sie, und dann der Virus die ganze Familie anstecke. Besonders wichtig sei dann Händehygiene, wie bei Corona auch neben Wasser und Seife auch mit einem Desinfektionsmittel, und die Sauberkeit von Flächen. Kleidung sollte man auch schon einmal mit 60 oder 90 Grad statt nur mit 30 Grad waschen. Auch den Trockner könnten die Noro-Viren nicht überleben.