Corona-FolgenZusammenhalt nach zwei Jahren Pandemie stark gesunken

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„Querdenker“ protestieren Mitte Februar gegen die Corona-Maßnahmen. (Archivbild)

Köln/Berlin – Der gesellschaftliche Zusammenhalt hat nach zwei Jahren der Corona-Pandemie deutlich abgenommen. Zu diesem Ergebnis kommt eine repräsentative Umfrage der Bertelsmann-Stiftung, die dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) exklusiv vorliegt. In den Anfangsmonaten der Pandemie im Jahr 2020 waren der gesellschaftliche Zusammenhalt und das Vertrauen der Deutschen in die demokratischen Institutionen stark angestiegen. Davon ist der Umfrage zufolge zwei Jahre später nur noch wenig übrig.

So viel Streit wie noch nie?

Die Bertelsmann-Stiftung hat die Ergebnisse ihrer jüngsten Befragung aus diesem Februar mit den Ergebnissen vorheriger Befragungen aus dem Jahr 2017 und dem ersten Pandemiejahr 2020 verglichen. Im ersten Sommer der Pandemie im Jahr 2020 waren demnach nur 21 Prozent der Befragten der Ansicht, die meisten Menschen kümmerten sich in Wirklichkeit gar nicht darum, was ihren Mitmenschen geschehe.

Einen ähnlichen Wert ergab auch eine Umfrage wenige Monate später, im Dezember 2020. Im Februar 2022 meinten dagegen 59 Prozent der Befragten, die meisten Menschen kümmerten sich nicht um ihre Mitmenschen.

Auch die Zahl derer, die der Meinung sind, in der deutschen Gesellschaft gebe es so viel Streit wie noch nie, hat deutlich zugenommen. Bei einer Umfrage der Bertelsmann-Stiftung vom Dezember 2020 stimmten 42 Prozent der Befragten dieser Aussage zu. Bei der jüngsten Befragung im Februar waren es 57 Prozent.

Weniger Vertrauen in Institutionen und Politik

Auch das Vertrauen in Institutionen und die Demokratiezufriedenheit haben in dieser Zeit stark abgenommen. Im Sommer 2020 gaben demnach 45 Prozent der Befragten an, der Bundesregierung zu vertrauen, im Februar 2022 nur noch 18 Prozent. Mit der Demokratie in Deutschland waren im Sommer 2020 61 Prozent der Befragten zufrieden, im Februar 2022 hingegen nur noch 42 Prozent.

Den nun miteinander verglichenen Umfragen liegen teilweise unterschiedliche Datenquellen und Erhebungsmethoden zugrunde. So wurden sie teils telefonisch und teils online durchgeführt. Die Vergleichbarkeit sei deshalb zwar eingeschränkt, gibt die Bertelsmann-Stiftung zu bedenken. Die erkennbaren Trends seien jedoch eindeutig, ist Bertelsmann-Sozialforscher Kai Unzicker sicher.

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Noch nicht erhoben hat die jüngste Umfrage die Auswirkungen des Kriegs in der Ukraine auf die deutsche Gesellschaft. Wie häufig in Katastrophenzeiten sei gerade eine starke und breite Solidarität zu beobachten, sagte Unzicker dem RND. „Diese Welle der Solidarität dürfte jetzt eine Weile anhalten. Aber auch 2015 hat die anfangs sehr große Solidarität nach einer Weile abgenommen, auch weil viele der Helfer erschöpft waren“, erklärte der Sozialforscher.

Konfliktpotential sieht er vor allem in den steigenden Energiepreisen. „2015 haben Populisten von Pegida bis zur AfD gegen Flüchtlinge und insgesamt gegen die Einwanderung von Muslimen mobil gemacht“, sagte Unzicker. Viele von denen hätten in den vergangenen zwei Jahren auch gegen die Corona-Maßnahmen demonstriert. „Nun gibt es ein neues Konfliktthema: den Krieg und die steigenden Energiepreise. Man sieht bereits jetzt, wie diese Akteure auch hier aufspringen und versuchen den Ukraine-Krieg für ihre Zwecke zu nutzen.“

Die aktuelle Krise treffe eine Gesellschaft, die nach mehr als zwei Jahren Pandemie ohnehin erschöpft sei. „Und gerade die sozial Benachteiligten, die in der Pandemie am stärksten gelitten haben, könnten am Ende auch besonders von den gestiegenen Energiepreisen betroffen sein“, sagte Unzicker.

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