Studie zu EntlastungspaketGeringverdiener und Familien werden deutlich mehr entlastet

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Ein Mann dreht in einer Wohnung am Thermostat einer Heizung.

Die Energiepreise steigen, Lebensmittel werden teurer: Dass der Krieg in der Ukraine „uns alle ärmer macht“, wie zuletzt Finanzminister Christian Lindner (FDP) betont hat, liegt auf der Hand. Wie die Belastungen verteilt werden, entscheidet aber auch die Politik - der Forscher nun ein gutes Zwischenzeugnis ausgestellt haben. „Sozial weitgehend ausgewogen“ seien die jüngsten Entlastungspakete, urteilt das gewerkschaftsnahe Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK). Ausgerechnet bei Rentnern müsste allerdings nachgebessert werden.

Die am Montag veröffentlichte IMK-Studie ist die erste umfangreiche Untersuchung der beiden Maßnahmenbündel, die SPD, Grüne und FDP zuletzt auf den Weg gebracht haben: Ende Februar beschlossen sie die Abschaffung der EEG-Umlage, Erhöhungen von Arbeitnehmerpauschbetrag und Grundfreibetrag sowie weitere kleinere Entlastungen. Ende März folgte das zweite Paket, bestehend aus der Energiepreispauschale, einem Zuschuss für Kinder und Sozialhilfeempfänger sowie einer zeitweisen Senkung der Energiesteuer. 30 Milliarden Euro dürfte all das kosten, hat das IMK berechnet.

Ein Großteil der Mehrkosten für Energie bei Familien wird ausgeglichen

Profitieren werden davon vor allem Haushalte mit geringem und mittlerem Einkommen sowie Familien, prognostiziert das Institut nun. Dass IMK geht derzeit von 6,2 Prozent Inflation im Jahr 2022 aus - wovon durch die Maßnahmenbündel längst nicht alles abgefedert werde, wie es in der Untersuchung heißt. Aber die Entlastungen seien „insofern sozial ausgewogen, als dass insbesondere bei Haushalten mit geringen und mittleren Einkommen und speziell bei Familien ein besonders hoher Anteil der Mehrausgaben für Energie ausgeglichen wird.“

Konkret heißt das laut IMK: Bei einer Familie mit zwei Erwerbstätigen und einem unterdurchschnittlichen Nettoeinkommen (zwischen 2000 und 2600 Euro monatlich) werden 90 Prozent der zusätzlichen Ausgaben ausgeglichen. Bei einem mittleren Monatseinkommen (3600 bis 5000 Euro netto), seien es 77 Prozent. Auch Alleinerziehende mit einem Durchschnittseinkommen würden um etwa 70 Prozent der erwarteten Zusatzausgaben entlastet.

Nachbesserungsbedarf für Rentner

Am wenigsten bekommen laut IMK Gutverdienerinnen und Gutverdienern, wenn sie keine Kinder haben. Auch für sie würden aber 44 Prozent der jüngsten Kostenanstiege kompensiert. Auch bei Familien mit Alleinverdienern fällt die Entlastung vergleichsweise gering aus, bei einem Nettoeinkommen von 2600 bis 3600 Euro kämen sie auf 59 Prozent. Der Grund: Die 300 Euro umfassende Energiepreispauschale ist einer der größten Posten - und fließt nur an Erwerbstätige. Das geht auch zu Lasten von Ruheständlern, die deshalb vergleichsweise wenig von den Entlastungen profitieren. „Hier sollte die Regierung noch einmal überlegen, ob nicht etwa bei Rentnerinnen und Rentnern noch einmal nachgelegt werden muss“, meint IMK-Direktor Sebastian Dullien.

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Er geht davon aus, dass Haushalte mit geringem Einkommen vor allem von den Pauschalzahlungen im zweiten Entlastungspaket profitieren, während Besserverdienern die Erhöhung der Freibeträge und Pauschalen im ersten Entlastungspaket zu Gute kommen. In Euro ausgedrückt rechnet Dullien indes damit, dass Ärmere und Wohlhabendere in etwa in einem ähnlichen Umfang entlastet werden. Doch bei Geringverdienerinnen und Geringverdienern falle der gleiche Betrag stärker ins Gewicht, betont der Ökonom.

Energiesparen mit unterschiedlichsten Ansätzen

Neben der geforderten Nachbesserung für Rentnerinnen und Rentner plädiert Dullien dafür, das Energiesparen zu fördern. Er spricht sich deshalb für autofreie Sonntage und eine Stärkung des Homeoffices aus. Auch ein Tempolimit hält er für zielführend. Dies würde „für die Haushalte und gesamtgesellschaftlich eine Ersparnis bringen und über den verringerten Verbrauch dämpfend auf die Kraftstoffpreise und den Klimawandel wirken“.

Bislang ist seitens der Bundesregierung kein weiteres Entlastungspaket geplant - obgleich Dullien schon in der vergangenen Woche angedeutet hat, dass es nötig werden könnte. „Für die Mittelschicht wären weitere Entlastungen vielleicht wünschenswert. Aber man muss sich fragen, ob sich der Staat das leisten kann“, hatte der Ökonom dem RedaktionsNetzwerk Deutschland gesagt.

Zur Finanzierung der Subventionierung von Kraftstoffen macht Dullien in der neuen Untersuchung indes einen etwas pikanten Vorschlag: Er plädiert dafür, staatlicherseits eine Abgabe auf Kraftstoffe einzuführen, sobald der Ölpreis wieder sinkt. Für Autofahrerinnen und Autofahrer hätte das freilich zur Folge, dass sie auch bei einer Normalisierung der Energiepreise tiefer in die Tasche greifen müssten.

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