Wucherpreise für Liegen und SonnenschirmeGriechenland kämpft gegen die Strandmafia

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ARCHIV - 22.07.2022, Griechenland, Rafina: Menschen genießen den Tag am Meer in der Stadt Rafina, östlich von Athen.

Unternehmer stellen die Strände von einem Ende zum anderen mit Liegen und Sonnenschirmen voll, auch wenn sie nur den halben Strand gepachtet haben.

Selten hat sich ein Bürgerprotest in Griechenland so schnell verbreitet wie die „Hand­tuch­bewegung“. Inselbewohner fordern ihre von dubiosen Unternehmern in Beschlag genommenen Strände zurück.

Es begann Mitte Juli auf der Insel Paros: Hunderte Inselbewohnerinnen und Inselbewohner, darunter ganze Familien mit Kind und Kegel, zogen zum Strand Santa Maria. Viele schwenkten Handtücher, andere hielten Plakate: „Freie Strände für alle“ und „Holt euch die Strände zurück“ war darauf zu lesen. Mit Megafonen und Sprechchören verschafften sich die Demonstranten Gehör.

Von Paros hat sich die „Handtuchbewegung“ wie ein Lauffeuer ausgebreitet. Von Rhodos im Süden bis zur Halbinsel Chalkidiki im Norden, von Korfu und Kefalonia im Ionischen Meer bis nach Mykonos und Santorin machen die Menschen fast täglich mit Protestaktionen ihrem Ärger Luft.

Wucherpreise für Liegen und Sonnenschirme

Denn fast überall sieht es aus wie auf Paros: Unternehmer stellen die Strände von einem Ende zum anderen mit Liegen und Sonnenschirmen voll, auch wenn sie nur den halben Strand gepachtet haben. Ihr Mobiliar vermieten sie zu Wucherpreisen: 100 Euro und mehr für vier Liegen. Reiche Touristinnen und Touristen mögen das bezahlen, aber eine griechische Durchschnittsfamilie kann sich solche Ausgaben für einen Tag am Strand nicht leisten. Wer sein eigenes Handtuch auf dem Sand ausbreiten möchte, findet vielerorts keinen Platz – oder wird sogar von den Strandunternehmern vertrieben.

Jahrelang sah die Polizei der Willkür und dem Preiswucher der Strandmafia untätig zu. Denn viele von ihnen sind mit Kommunalpolitikern oder örtlichen Abgeordneten verbandelt. Eine Hand wäscht die andere. Aber unter dem wachsenden Druck der „Handtuchbewegung“ will die Regierung jetzt endlich durchgreifen.

Regierung will nun durchgreifen

Wirtschafts- und Finanzminister Kostis Chatzidakis kündigte „unmittelbare Kontrollen“ an und versicherte: „Wir werden keinen schonen, der die Gesetze missachtet.“ In den vergangenen Wochen habe man 918 Strandunternehmer überprüft und dabei 336 Verstöße festgestellt, teilte das Ministerium mit. Allein zwischen dem 4. und dem 6. August wurden bei Kontrollen auf sieben Inseln 16 Personen festgenommen.

Laut Gesetz dürfen höchstens 50 Prozent der Strandfläche kommerziell genutzt werden, sofern der Unternehmer einen Pachtvertrag mit dem staatlichen Liegenschaftsamt abgeschlossen hat. Eilig bauen jetzt viele Unternehmer ihre ohne Genehmigung aufgestellten Sonnenschirme und Liegen ab und reißen illegal errichtete Beachbars ab, um den Kontrol­leuren zuvorzukommen.

Aber die Strandmafia kapituliert nicht so schnell. Beispiel: die Insel Naxos. Dort hatten die Unternehmer in Erwartung der Kontrollen am Wochenende eiligst Hunderte Liegen und Sonnenschirme abgebaut. Kaum hatten die Kontrolleure die Insel am Dienstag wieder verlassen, wurden die nicht genehmigten Strandmöbel am frühen Mittwochmorgen wieder aufgestellt, wie die Bürgerbewegung „Rettet die Stände von Naxos“ auf ihrer Internetseite dokumentiert. (rnd)

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