Kommentar zu KlimazielenHabeck muss die Menschen gewinnen, sonst scheitert er

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Robert Habeck 

  • Ähnlich wie Sigmar Gabriel, sein Vor-Vorgänger als Wirtschaftsminister, startet Robert Habeck mit großem Einfluss und noch größeren Erwartungen in sein neues Amt.

Wiederholt sich Geschichte? Der Philosoph Georg Wilhelm Friedrich Hegel war sich da sicher. Er hatte bemerkt, dass die römische Republik zwei Mal unterging, Napoleon doppelt in die Verbannung geschickt und die Bourbonen erst im zweiten Anlauf vertrieben wurden.

Hegel ist vor gut 190 Jahren gestorben, aber an dem, was sich gerade nur wenige Meter von seiner letzten Ruhestätte entfernt im Bundeswirtschaftsministerium ereignet, hätte er seine Freude. Nicht, weil der neue Hausherr ein Doktor der Philosophie ist, sondern weil die Voraussetzungen, unter denen er sein Amt antritt, auf verblüffende Weise denen des Vor-Vor-Vorgängers ähneln.

Der neue Minister war Parteichef und hat auf die Kanzlerkandidatur verzichtet. Er ist Vizekanzler eines Regierungsbündnisses, mit dem kaum jemand gerechnet hätte. Er hat seine Zuständigkeit um wichtige Teile des Umweltministeriums erweitert. Und er hat sich eine der größten Herausforderungen auf die Schultern geladen, die die deutschen Politik zu vergeben hat: die erfolgreiche Bewältigung der Energiewende. Sigmar Gabriel oder Robert Habeck? Die Beschreibung passt auf beide.

Habeck hat größte industriepolitische Aufgabe seit der Wiedervereinigung

Einen wichtigen Unterschied allerdings gibt es. Als Sigmar Gabriel 2013 Wirtschaftsminister wurde, ging es vordringlich darum, die explodierenden Kosten der Energiewende in den Griff zu kriegen. Für Robert Habeck ist die wichtigste Aufgabe, den Ausstoß des Klimagases CO2 zu senken und die Weichen dafür zu stellen, dass die klimaneutrale Wirtschaft bis 2050 von der Vision zur Realität wird. Es ist nicht übertrieben, von der größten industriepolitischen Aufgabe seit der Wiedervereinigung zu sprechen.

Als Habeck am Dienstag sein Programm für die kommenden Monate vorgestellt hat, war ihm die Last der Verantwortung anzusehen. Der frühere Energiewendeminister Schleswig-Holsteins weiß, dass die eigentliche Herausforderung nicht im Formulieren von Koalitionsverträgen liegt. Er muss die Menschen gewinnen, wenn er sein Ziel erreichen will, „in allen Bereichen drei Mal besser“ zu werden.

Habeck hat klar gemacht, dass er keine Risiken scheut. Er sei nicht Minister geworden, um nichts zu tun, hat er gesagt. Das mag eine notwendige Bedingung für den Erfolg sein, eine hinreichende ist es noch nicht, wie das Beispiel Sigmar Gabriel zeigt.

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Auch der war nach der Amtsübernahme mit großem Einfluss und großem Elan gestartet, aber er musste bald erkennen, wie massiv die Widerstände waren. Nach gut drei Jahren warf Gabriel als Wirtschaftsminister hin und flüchtete ins Auswärtige Amt.

Wiederholt sich Geschichte? Philosoph Habeck muss es jetzt mit Karl Popper halten und sich vor Marx hüten. Popper hatte die Thesen Hegels als Historizismus verspottet, Marx versah die These von der Wiederholung der Geschichte mit einem Zusatz: „das eine Mal als Tragödie, das andere Mal als Farce.“ Es wäre gut, wenn sich Letzteres nicht bewahrheiten würde. Für Robert Habeck. Und für das Klima.

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