Kommentar zum Heizungsstreit„Der Ampel droht die vollständige Blockade“

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Christian Lindner (FDP), Bundesminister der Finanzen, (l-r) sitzt neben Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen), Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auf der Regierungsbank im Bundestag. (Archivbild)

Christian Lindner (FDP), Bundesminister der Finanzen, (l-r) sitzt neben Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen), Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auf der Regierungsbank im Bundestag. (Archivbild)

Inzwischen bestehen ernsthafte Zweifel an der Politikfähigkeit der Ampel-Koalition, findet unser Autor.

Friedrich Merz war sich schon vor zwei Monaten sicher. „Wir haben ganz offensichtlich in Deutschland eine Regierungskrise“, hatte der Oppositionsführer Ende März festgestellt. Damals galt die Einschätzung manchem als voreilig, doch nun mehren sich die Anzeichen, dass Merz seiner Zeit voraus war.

Zwar war die Ampel-Koalition nie Anwärterin auf einen politischen Schönheitspreis, inzwischen aber bestehen ernsthafte Zweifel an der Politikfähigkeit des Bündnisses. Der Streit und die gegenseitigen Vorwürfe sind derart heftig, dass eine Blockade der gesamten Regierungspolitik droht. Das mangelnde Wertschätzung und fehlendes Vertrauen eine Regierung weitgehend lahmlegen können, haben Union und SPD in der vergangenen Legislaturperiode eindrucksvoll demonstriert.

Heizungsstreit wirkt auf den ersten Blick wie ein kleines Problem

SPD, Grüne und FDP drohen diesen Zustand nun ebenfalls zu erreichen - allerdings um Jahre früher als die Vorgänger-Regierung. Das wäre eine Katastrophe, denn für zweieinhalb Jahre Stillstand sind die aktuell zu bewältigen Herausforderungen zu drängend. Die Zahl der Flüchtlinge wächst, der Krieg in der Ukraine tobt, der Klimawandel schreitet voran, die Bevölkerung wird immer älter, Fachkräfte fehlen und die ehemals erfolgreiche Exportindustrie verliert immer mehr den Anschluss.

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Angesichts der Größe all die all dieser Probleme erscheint der Heizungsstreit auf den ersten Blick klein. Und doch sollte ihn nicht unterschätzen, denn das von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck geplante weitgehende Einbauverbot für neue Öl- und Gasheizungen greift tief in die Eigentumsrechte der Menschen ein. Die Pläne lösen bei vielen Eigenheimbesitzern Angst vor finanzieller Überforderung aus, und das nicht ganz zu unrecht.

Der öffentliche Widerstand hat Wirkung gezeigt - vor allem auf die FDP. Die Liberalen können oder wollen sich plötzlich nicht mehr erinnern, dass auch sie sich zum grundsätzlichen Ziel der Wärmewende bekannt haben. Es nicht das erste Mal, dass öffentlicher Gegenwind zu politischer Amnesie führt. Gleichzeitig gilt, dass Habeck und sein inzwischen zurückgetretener Staatssekretär Patrick Graichen mit dem Heizungsgesetz zu viel auf einmal wollten, und dass sie das dann auch noch handwerklich schlecht und unter zu hohem Zeitdruck umgesetzt haben.

Pläne dieser Tragweite brauchen Vorlauf, Kommunikation und Kompensation. Nichts davon hatte das Duo Habeck/Graichen in ausreichendem Maße vorbereitet. Die Liberalen würden den Gesetzentwurf am liebsten zurück in das Wirtschaftsministerium schicken. Wegwerfen und neu schreiben – so stellt man sich das im Genscher-Haus vor. Natürlich können und werden sich Grüne und SPD darauf nicht einlassen, zumal die Beratungen des Bundestages, die die Liberalen verhindern, ja die Chance böten, die Schwächen des Gesetzes zu heilen. Das Parlament kann das nicht nur, es ist dazu sogar da. Man muss es nur lassen.

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