Gradmesser NiedersachsenDas bedeuten die Landtagswahl-Ergebnisse für Deutschland

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Stephan Weil (SPD), Ministerpräsident von Niedersachsen.

Berlin – Die Wahl in Niedersachsen ist für den Kanzler ein wichtiger Gradmesser für seine Politik – für Oppositionsführer Friedrich Merz (CDU) aber auch. Am meisten steht die FDP unter Druck. Für Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ist der Ausgang der Landtagswahl in Niedersachsen von enormer Bedeutung. Ist es doch gut ein Jahr nach der Bundestagswahl auch eine Abstimmung über die Ampelkoalition im Bund. Kaum etwas hat die Bürgerinnen und Bürger so in Unruhe versetzt wie die infolge des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine steigenden Energiepreise in Deutschland.

Die Bundesregierung hat mit dem angekündigten 200-Milliarden-Paket vor der Wahl Sicherheit vermitteln wollen, dass die Krise weder für Privathaushalte noch für Unternehmen in den Ruin führen wird. „Niemand wird alleingelassen“, lautet die Botschaft von Scholz. Aber angesichts der Pannen der Ampelkoalition und der Unklarheit vor der Landtagswahl, wie die Bevölkerung genau vor den hohen Gaspreisen geschützt werden soll, konnte Scholz nicht sicher sein, wie sich die Kritik an der SPD und der Regierung im Bund auf die Stimmung in Niedersachsen auswirken würde.

Niedersachsen als Zitterpartie für die FDP

Scholz und Weil gelten nicht als große Freunde. Ihr Zusammenspiel war für die SPD in diesem Wahlkampf aber essenziell. Beide haben sich nie eine Blöße gegeben, sondern im Sinne der Partei miteinander gearbeitet. Das hat sich offenbar ausgezahlt: SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert begrüßte die Prognosen in Niedersachsen. Andere wollten einen Anti-Ampel-Wahlkampf, sagt er in der ARD. „Die Ampel-Parteien haben gemeinsam eine Stimmenmehrheit in Niedersachsen geholt“, sagt Kühnert. Das gebe Rückenwind.

Alles zum Thema Christian Lindner

Anders bei der FDP von Finanzminister Christian Lindner. Seiner Partei stecken die Schlappen der drei vorangegangenen Landtagswahlen im Saarland, in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen in den Knochen. Niedersachsen wurde so für sie zur Zitterpartie. Das wirkt sich auch auf das Dreierbündnis im Bund aus. Mit dem Kanzler hat Lindner ein gutes Auskommen, Vizekanzler Robert Habeck ist dagegen ein rotes Tuch für ihn.

Wahl als Abstimmung über Oppositionspolitik von Merz

Die Grünen, die mit einer deutlichen Verbesserung ihres Ergebnisses rechnen konnten, sind für die FDP eine ständige Provokation. Dass er die Partei in der Regierung anstrengend findet, gibt Lindner gern und offen zu. Für die CDU ist die Wahl auch eine Abstimmung über die Oppositionspolitik von Partei- und Unionsbundestagsfraktionschef Friedrich Merz. Merz zeigte sich bis zuletzt in Niedersachsen und rührte die Werbetrommel für die Landespartei, indem er die Politik der Ampelkoalition attackierte.

„Was geht in den Köpfen dieser Bundesregierung vor, die sichere Versorgung von zehn Millionen Haushalten mit drei Kernkraftwerken in diesem Lande ernsthaft infrage zu stellen“, donnerte er bei einer Wahlkampfveranstaltung in Hannover ins Publikum. Das Ergebnis von Althusmann dürfte auch mit Merz, der schon seit Januar im Amt ist, nach Hause gehen. Aufsehen erregte der Parteichef kürzlich, als er über angeblichen „Sozialtourismus“ von Ukraine-Geflüchteten klagte. Nach Kritik auch aus den eigenen Reihen entschuldigte er sich.

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Für die Christdemokraten ist nun entscheidend, ob die SPD in Niedersachsen auch eine Koalition mit der CDU eingehen würde. Wenn nicht, würde das die Macht der CDU im Bundesrat nach der krachenden Niederlage im Saarland weiter schwächen. Von der Krise profitiert die AfD. Dass sie immer radikalere Töne anschlägt, gefällt ihren Wählerinnen und Wählern gut. Der Ton der AfD dürfte an Schärfe zunehmen. Im Juni lag sie in Niedersachsen noch bei nur 6 Prozent, nun hat sie ihr Ergebnis deutlich verbessert. Für die Linke scheint das Erstarken der politischen Ränder in Krisenzeiten allerdings nicht zu gelten.

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