„Reporter ohne Grenzen“Westen soll russische Journalisten aufnehmen

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Ein Journalist geht während des Beschusses der Stadt Irpin nordwestlich von Kiew in Deckung.  

Berlin – Die Organisation Reporter ohne Grenzen (RSF) hat angesichts der weiteren Einschränkungen der Pressefreiheit in Russland unbürokratische Aufnahmeverfahren für russische Journalisten in Deutschland gefordert. „RSF geht davon aus, dass nun immer mehr Journalistinnen und Reporter aus Russland das Land verlassen werden, weil sie wegen ihrer unabhängigen Berichterstattung akut von drakonischen Strafen bedroht sind“, sagte Geschäftsführer Christian Mihr dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Deshalb appellieren wir an die deutsche Bundesregierung, auch für flüchtende Medienschaffende aus Russland unbürokratische Aufnahmeverfahren zu ermöglichen, so wie sie es bereits für ukrainische Journalistinnen und Journalisten tut.“

Vor dem Hintergrund der offenen Zensur und der Kriminalisierung unabhängiger Berichterstattung bleibe den Kolleginnen und Kollegen in Moskau keine andere Wahl als die Berichterstattung auszusetzen. „Wladimir Putin will sämtliche Inhalte verbieten, die der staatlichen Propaganda widersprechen“, ergänzte Mihr. „Dass er nun auch die ausländischen Medien direkt ins Visier nimmt, ist eine neue Qualität, war aber angesichts der dramatischen Entwicklungen der vergangenen Tage zu erwarten.“ Sorgen bereite Reporter ohne Grenzen vor allem die Situation der lokalen Mitarbeitenden von ARD, ZDF und anderen internationalen Medien.

Unabhängige Berichterstattung stark eingeschränkt

Russlands Präsident Wladimir Putin hatte am Freitagabend mehrere Gesetze zur weiteren Einschränkung der freien Meinungsäußerung in Russland unterzeichnet, mit denen unabhängige Medienberichterstattung weiter beschnitten wird. Das russische Parlament hatte einer entsprechenden Gesetzesänderung zugestimmt.

Bis zu 15 Jahre Haft drohen demnach für die Verbreitung von angeblichen „Falschinformationen“ über die russischen Streitkräfte. Strafen drohen auch jenen, die öffentlich die Armee „verunglimpfen“.

Putin errichte „unsichtbare Mauer zwischen Russland und dem Rest der Welt

Die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) verurteilte Putins neue Gesetze ebenfalls aufs Schärfste. Putin dränge die freien Medien aus dem Land und schneide die russische Bevölkerung weiter von unabhängigen Informationen ab“, sagte Bundesgeschäftsführerin Monique Hofmann dem RND. „Auch die Berichterstattung aus Russland für das deutsche Publikum wird dadurch massiv erschwert.“

Putin zieht Hofmann zufolge seinen Abschottungskurs ohne Rücksicht auf fundamentale Menschrechte wie Presse- und Informationsfreiheit durch. Er errichte so „eine unsichtbare Mauer zwischen Russland und dem Rest der Welt“.

Für den Politikwissenschaftler Johannes Varwick ist das eine weitere Radikalisierung in Richtung einer Diktatur: „Die starke Zensur kritischer Meinungen und westlicher Informationen ist ein weiterer Schritt zur Diktatur“, sagte der Experte für Internationale Beziehungen der Universität Halle-Wittenberg dem RND. „Russland befindet sich gerade mitten auf dem Weg zu einem diktatorischen System, aber wir müssen trotzdem mit der Regierung im Gespräch bleiben.“

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