Wie wird der Corona-Herbst?Ampel einigt sich auf Infektionsschutzgesetz

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Karl Lauterbach 

Wenn jemand in ein Flugzeug steigt, verlässt er sich darauf, dass auch für den Fall von Turbulenzen die bestmöglichen Vorkehrungen getroffen wurden – ohne sich damit viel beschäftigen zu wollen. In der Corona-Pandemie ist es ähnlich: Die meisten Menschen erwarten von der Politik, dass sie einen guten Plan für den Fall neuer Infektionswellen im Herbst und im Winter hat. Aber am liebsten blieben sie davon weitgehend unbehelligt.

Die Ampel-Koalition legt mit ihren Vorschlägen für das Infektionsschutzgesetz eine ordentliche Grundlage dafür, dass der Staat handlungsfähig ist. Bundesweit soll weiter eine Maskenpflicht in Bahn und Flieger gelten. Dazu kommt eine Masken- und Testpflicht in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen. Die Länder verfügen zudem über einen Instrumente-Kasten, mit dem sie auf sich verschärfende Infektionslagen reagieren können: von Maskenpflichten im öffentlichen Nahverkehr und in öffentlich zugänglichen Gebäuden bis hin zu Abstandsregeln in Hotspots.

Verlust der immunologischen Naivität

Es ist dringend notwendig, dass über Herbst und Winter bestimmte Handlungsoptionen zum Kampf gegen Corona verlängert werden und dass die möglichen zum Eingreifen an einigen Stellen auch wieder erweitert werden. Niemand kann wissen, welche Entwicklung uns in der Corona-Pandemie genau bevorsteht. Es könnte sich positiv auswirken, dass viele Menschen geimpft sind oder schon einmal infiziert waren oder beides. Fachleute nennen das den Verlust der immunologischen Naivität, das Abwehrsystem der Menschen, die schon Kontakt mit dem Virus hatten, ist einfach besser vorbereitet. Doch zugleich besteht die Gefahr, dass das Virus weiter mutiert und womöglich gefährlicher wird.

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Ein wichtiger Punkt ist, dass die Länder künftig auch wieder eine Maskenpflicht in den Schulen verhängen können – zumindest ab der fünften Klasse und wenn dies aus ihrer Sicht zur Aufrechterhaltung des Präsenzunterrichts notwendig ist. Es ist beschwerlich, viele Stunden am Tag mit Maske zu lernen, und es geht dabei im persönlichen Miteinander auch etwas verloren. Doch für Kinder und Jugendliche ist das immer noch hundertmal besser als eine Situation, in der es faktisch zu Schulschließungen kommt: einfach, weil so gut wie keine Lehrkräfte zum Unterrichten mehr da sind.

Schlechte Aussichten für Schulen

Unterm Strich ist es jämmerlich, wie schlecht das Schulsystem im dritten Jahr noch immer auf die Pandemie vorbereitet ist. Viele Eltern wissen nicht, ob sie krampfhaft loslachen oder ausfällig werden sollen, wenn sie Politiker über die Anschaffung von Luftfiltern sprechen hören. Es ist gut, wenn Schulen in Zeiten der Energienot bei der Gasversorgung priorisiert werden. Frieren werden die Schülerinnen und Schüler bei der Notwendigkeit, ständig zu lüften, trotzdem. Auch der Sprung ins digitale Zeitalter ist an den meisten Schulen längst nicht geschafft. Schlechte Aussichten, falls doch Unterricht ausfällt.

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Der ständige Konflikt über Corona-Maßnahmen war von Anfang an Teil der DNA der Ampelkoalition. Während SPD und Grüne eher auf Vorsicht setzen, drängte die FDP mehrfach erfolgreich auf einem schnellen Abbau von Einschränkungen. Gesundheitsminister Karl Lauterbach wirkte dabei oft wie ein Flugkapitän, der die eigene Maschine nicht für sicher hält – mit ihr aber trotzdem losfliegt, nachdem er ordentlich Druck bekommen hat. Diesmal hat der Sozialdemokrat sich jedoch gegen die FDP durchgesetzt.

Vollkommen falsch ist der Grundgedanke der FDP, dass mehr Eigenverantwortung notwendig ist, übrigens nicht. Denn genauso, wie im Corona-Winter Regeln notwendig sind, brauchen wir Bürgerinnen und Bürger, die umsichtig handeln. Es kann helfen, wenn Menschen lieber einmal mehr als einmal weniger die Maske aufsetzen – ganz freiwillig.

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