FC-Verteidiger Timo Hübers im Interview„Ich traue mir selbst zu, mit Verantwortlichen zu verhandeln“

Lesezeit 6 Minuten
Timo Hübers am Ball im Spiel gegen den VfL Bochum.

Der Kölner Abwehrspieler Timo Hübers führt Vertragsverhandlungen ab sofort selbst.

FC-Verteidiger Timo Hübers ist sein eigener Berater. Im Interview erzählt er, wie es dazu kam.

Herr Hübers, sollten Sie am Sonntag auflaufen, wäre dies für den 1. FC Köln Ihr erster Derby-Einsatz gegen Gladbach im heimischen Stadion. Wird nach fast zwei Jahren in Köln auch Zeit, oder?

Timo Hübers: Auf jeden Fall. Wir haben durch unsere Siege in der Saison 2021/22 erfahren, was für eine Euphorie ein Derby-Sieg entfachen kann – auch wenn ich beim Heimsieg nur auf der Bank saß. Nach dem 3:1 in Gladbach wurden wir bei der Ankunft am Geißbockheim von den Fans wie Helden empfangen. Wenn das Stadion am Sonntag wieder von der ersten Minute zum Hexenkessel wird, gibt uns das auf jeden Fall einen Extra-Schub. Ich erwarte ein offenes Spiel, in dem wir uns nicht verstecken werden.

Auch die Borussia hat Probleme und nur vier Punkte mehr als der FC. Wie ordnen Sie den Gegner ein, dem viele eine deutlich bessere Saison zugetraut hatten?

Auch die Gladbacher hatten ihre Ausreißer nach oben und nach unten, auch ihnen fehlt die Konstanz. Von der individuellen Qualität her haben sie sicher einen anderen Anspruch als Platz zehn. Denn Gladbach hat viel Erfahrung und Klasse im Kader, vor allem in der Offensive. Ich hätte Borussia vor der Saison höher angesiedelt. Aber im Derby zählt die Platzierung ohnehin nicht, es entscheiden Tagesform, Wille, Gier.

Der FC ist gut bis sehr gut ins Jahr gestartet. Was ist dann passiert?

Gute Frage. Wenn man das auf ein, zwei Faktoren herunterbrechen könnte, dann könnten wir es besser korrigieren. Wir hatten in der Hinrunde zu einer guten Stabilität gefunden, doch zuletzt stimmte es im Ganzen nicht mehr so. Wir müssen gleichzeitig mehr Konstanz in Defensive und Offensive in unser Spiel bekommen - also besser verteidigen, vorne wieder Lösungen finden und konzentrierter sein. Wir sollten aber auch nicht alles hinterfragen, denn wir haben in dieser Saison auch schon gezeigt, dass es mit dieser Mannschaft und in dieser Konstellation viel besser klappen kann. Und das macht mir auch Mut: Wir können es klar besser!

Kölner Stadt-Anzeiger

Dauerkarte - der FC-Newsletter Alle Infos zu den Spielen des 1. FC Köln

Was macht dieser Negativlauf mit einer Mannschaft?

Die letzten Wochen sind nicht spurlos an uns vorbeigegangen. Der Negativlauf beeinflusst natürlich auch die Stimmung. Wir haben zuletzt viel zu wenige Punkte geholt, trotzdem sind wir immer noch in einer einigermaßen komfortablen Situation. Wir haben es selbst in der Hand, alles zu unseren Gunsten zu regeln. Es gibt bestimmt auch vier, fünf Teams, die gerne mit uns tauschen würden. Wir dürfen uns aber auch auf keinen Fall zu sicher sein, denn wir registrieren ja auch, dass viele hinter uns liegende Mannschaften zuletzt gut gepunktet haben. Dieser Situation ist sich jeder von uns absolut bewusst. Klar, wir wollen das Derby gewinnen, aber wir müssen im Saisonendspurt auch die Duelle gegen die direkten Konkurrenten wieder erfolgreich gestalten. Genau dies war in der letzten Saison der Schlüssel zum Erfolg.

Müssen Sie im Team Führung übernehmen?

Die Frage ist immer, was einen Führungsspieler ausmacht. Er muss konstant seine Leistungen bringen und darüber hinaus versuchen, seine Mitspieler zu unterstützen. Und das versuche ich bestmöglich mit Leistung und Kommunikation.

In der Hinrunde bildeten sie meistens mit Luca Kilian das Innenverteidiger-Duo, zuletzt spielten Sie mit Jeff Chabot im Abwehr-Zentrum. War das eine Umstellung?

Meine Seite hat sich zwar geändert, ich bin von der linken auf die rechte gewechselt. Aber an meiner Aufgabe hat sich nichts geändert, und ich spiele mit beiden gerne zusammen.

Kilians Vertrag läuft bis 2025, Chabots Vertrag läuft – Stand jetzt – im Sommer aus. Und Ihr Vertrag soll sich durch eine gewisse Anzahl an Einsätzen bereits automatisch um ein Jahr bis 2024 verlängert haben.

Die ganzen öffentlichen Spekulationen finde ich immer interessant, weil am Ende keiner Einsicht in meinen Vertrag hat. Der liegt hier gut geschützt im Büro der Geschäftsführung.

Aber Sie können ja Licht ins Dunkel bringen: Hat die Verlängerungsklausel bereits gegriffen?

Ich kann nur sagen: Meines Wissens hat er sich noch nicht verlängert, aber im Normalfall wird dies in Kürze eintreten.

Ich finde die Mannschaft super und arbeite gerne mit dem Trainerteam zusammen
Timo Hübers

Möchten Sie denn beim 1. FC Köln bleiben?

Das kann ich mir gut vorstellen. Ich fühle mich beim FC und in Köln wohl. Ich finde die Mannschaft super und arbeite gerne mit dem Trainerteam zusammen. Da stimmen viele Faktoren. Aber ich werde im Juli 27 Jahre, sodass ich mir die nächste große Entscheidung gut überlegen werde. Durch Verletzungen habe ich fast drei Profijahre mehr oder weniger verloren, da muss die Entscheidung schon sitzen. Deshalb will ich mir noch etwas Zeit nehmen. Vermutlich werde ich in der nächsten Saison aber ohnehin noch einen Vertrag beim FC haben (lacht).

Welche Träume oder Pläne haben Sie?

Ich würde auf jeden Fall noch mal gerne im Ausland spielen, aber das hängt natürlich auch von den Möglichkeiten ab.

Und welche Ligen oder Länder würden Sie präferieren?

Mit meinem Spielstil ist England naheliegend, ich sehe mich eher nicht als Catenaccio-Spieler in Italien oder als absoluter Ballbesitz-Spieler in Spanien (lacht). Später könnte ich mir auch die skandinavischen Länder sehr gut vorstellen, die ich gerne mag.

Was empfiehlt denn der Berater Hübers dem Spieler Hübers?

In erster Linie soll er sich auf das konzentrieren, was er beeinflussen kann: Nämlich Woche für Woche gute Leistungen zu bringen. Vieles ergibt sich dann von selbst.

Wann haben Sie für sich entschieden, sich von Ihrem langjährigen Berater zu trennen und den in der Branche ungewöhnlichen Schritt zu gehen, Ihre Geschicke selbst in die Hand zu nehmen?

Der Gedanke ist mir nicht von heute auf morgen gekommen, sondern das war ein Prozess. Ich kann es aus der Sicht eines jungen Spielers sehr gut verstehen, auf die Dienste eines Beraters zurückzugreifen. Inzwischen bin ich fast 27, stehe mit beiden Beinen fest im Leben. Ich kenne das Geschäft besser als noch vor fünf Jahren und traue mir selbst zu, mit den Verantwortlichen zu sprechen und zu verhandeln. Es muss keiner über mich sprechen, die Kommunikationswege sind so auch kürzer. In meinem Freundeskreis verhandelt auch jeder seinen Vertrag selbst aus. Klar, im Profifußball geht es um höhere Summen, aber das heißt ja nicht, dass die grundsätzlichen Verhandlungsregeln auf den Kopf gestellt sind.

Gefällt Ihnen etwas nicht an Spielerberatern?

Ganz unabhängig von mir, haben mir Spielervermittler zu viel Marktmacht. Davon kann natürlich auch ein Spieler profitieren, und ich will den Beruf auch nicht schmälern, aber manchmal sind es reine Vermittlungsdienste.

Sie haben selbst Ihre Handynummer auf dem bekannten Internet-Portal transfermarkt.de hinterlegt. Es folgten ungewollte Anrufe. Haben Sie das unterschätzt?

Das war nicht meine Privatnummer. Ich habe sie wieder herausgenommen, weil da einfach zu viel Blödsinn eingegangen ist. Das hätte ich vielleicht anders machen sollen, aber es war nun auch keine weltbewegende Geschichte. Es ist das Normalste der Welt, dass man irgendwann für sich selbst einsteht. Und im Fußball soll es das nicht sein? Ehrlich gesagt, habe ich die ganze Aufregung nicht verstanden.

KStA abonnieren