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Zitterpartie des 1. FC KölnWie Martel und Johannesson den Kölner Fanblock in ein Tollhaus verwandelten

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Isak Johannesson bejubelt seinen späten Siegtreffer in Regensburg. (Archivbild)

Isak Johannesson bejubelt seinen späten Siegtreffer in Regensburg. (Archivbild)

Nach dem dramatischen 2:1 im Pokalspiel in Regensburg lobt FC-Trainer Lukas Kwasniok die Möglichkeiten, die ihm der neue Kölner Kader bietet

Lukas Kwasniok erscheint in diesen sommerlichen Tagen regelmäßig mit einem kleinen Ventilator in der Hand vor den Kameras, damit man ihm die innere Hitze nicht zu sehr ansieht. Das weiße Gerät hat ihm in den vergangenen Wochen der Vorbereitung bereits gute Dienste erwiesen, und auch am Sonntag wies nichts im Gesicht des Trainers darauf hin, was er da gerade mit seiner Mannschaft durchgestanden hatte. 2:1 (0:0) hatte der 1. FC Köln den SSV Jahn Regensburg in der ersten Pokalrunde durch zwei Treffer in den letzten Sekunden der Nachspielzeit besiegt; Eric Martel und Isak Johannesson hatten die Tore erzielt und den Teil des Stadions, in dem die Kölner Fans standen, in ein Tollhaus verwandelt.

Auch Kwasniok hatte sich mitreißen lassen, wenngleich nur mit Verzögerung: Martels Ausgleich 13 Sekunden vor Ende der Nachspielzeit hatte er nüchtern hingenommen und sich gleich an die weitere Planung gemacht. „Ich bin davon ausgegangen, dass wir in die Verlängerung müssen oder dürfen, habe da kaum gejubelt“, berichtete er später. Mit Johannessons Siegtor hatte sich aber auch das erledigt. Mit Johannessons Siegtreffer seien auch bei ihm „alle Dämme gebrochen“, sagte Kwasniok nach der Partie.

FC-Trainer Kwasniok vermeidet Vergleich mit Alex Ferguson

Mancher Beobachter fühlte sich glatt an die „Mutter aller Niederlagen“ erinnert; an das Champions-League-Finale 1999, als der FC Bayern in der Nachspielzeit gegen Manchester United noch die Führung hergab und ebenfalls 1:2 verlor. Er fühle sich allerdings nicht wie Alex Ferguson, Uniteds Trainerlegende, gab Kwasniok hinterher zu Protokoll, „denn der hat echt was geleistet“, sagte der Kölner Coach. Er selbst habe „heute mit meiner Mannschaft gewonnen, weil die Kaderbreite entschieden hat. Ich konnte in der Offensive nachlegen, unterschiedliche Spielertypen. Das war Sinn und Zweck der Kaderzusammenstellung: Dass wir auf unterschiedliche Facetten des Spiels reagieren können.“

Fünf Wechsel innerhalb von sieben Minuten hatten die Kölner nach knapp 70 Minuten gegen einen Gegner vorgenommen, der zwar 1:0 führte, aber einen langen Sommernachmittag lang dem Ball hinterhergerannt war. Regensburgs Trainer Michael Wimmer mochte seinen Spielern später keinen Vorwurf machen, die Müdigkeit habe dazu beigetragen, dass die Gastgeber nicht mehr in der Lage gewesen waren, den Kölner Angriffen zu widerstehen.

Besonders problematisch aus Regensburger Sicht war, dass Köln in der Schlussphase mit einer vollkommen veränderten Offensive aufgelaufen war. Zu viel für die nun hoffnungslos überforderten Regensburger.

Die FC-Profis bedanken sich bei ihren Fans für die Unterstützung.

Die FC-Profis bedanken sich bei ihren Fans für die Unterstützung.

Linksverteidiger Kristoffer Lund, einer von insgesamt neun Kölner Neuzugängen, die am Sonntag zum Einsatz kamen, war gekommen, um die taktische Umstellung auf Viererkette zu ermöglichen. Die weiteren vier Spieler von der Bank – Ragnar Ache, Said El Mala, Florian Kainz und Jan Thielmann – hatten das FC-Angriffsspiel innerhalb weniger Augenblicke verändert. Er habe „mit Said einen Dribbler gebracht, mit Kainzi einen kreativen Geist, mit Jan Emotionalität und mit Ragnar einen klassischen Kopfball-Zielspieler“, erklärte der Trainer hinterher und bilanzierte zufrieden: „Deswegen ist es manchmal einfach schön, Trainer des 1. FC Köln sein zu dürfen und die Qual der Wahl zu haben.“

Ein gutes Gefühl ist alles, was wir von diesem Spiel mitnehmen können
FC-Trainer Lukas Kwasniok

El Mala hatte sofort begonnen, auf der linken Seite ein Dribbling nach dem anderen zu inszenieren. Weil der 18-Jährige für alle sichtbar innerhalb weniger Momente heißgelaufen war, schlug Kainz Ball um Ball in dessen Richtung. Thielmann kämpfte wie besessen, letztlich war es Ache, der mit klassischen Ablagen eines Mittelstürmers beide Kölner Treffer vorbereitete. Selten hat man ein Fußballspiel gesehen, in dem Auswechslungen derart schnell griffen – und solche Folgen hatten.

Eine gute halbe Stunde nach dem Schlusspfiff hatte Lukas Kwasniok wieder auf Fußballlehrer umgeschaltet. Inhaltlich habe er nicht viel gesehen, das ihm vor dem Liga-Auftakt am Sonntag (15.30 Uhr) in Mainz nennenswert weiterhelfe. „Ein gutes Gefühl ist alles, was wir von diesem Spiel mitnehmen können“, sagte er und untertrieb damit ein wenig.

Ron-Robert Zieler will mitfeiern

Denn womöglich könnte dieses Gefühl dem Aufsteiger einen entscheidenden Schub geben für die anstehenden Wochen. Emotional sei seine Mannschaft allerdings schon vor dem späten Triumph im Jahnstadion auf der Höhe gewesen. „Die Jungs waren mental auf einen Fight eingestellt, sonst kannst du nicht so zurückkommen“, stellte der Coach klar.

Er könne noch nicht sagen, woran es gelegen habe, dass seine Offensivpläne so lange nicht funktioniert hatten. Er habe nicht den Eindruck gehabt, dass „die Jungs nicht wollten. Aber wir waren in der Umsetzung über 90 Minuten nicht so, wie ich mir das vorstelle“, beschrieb er. Eric Martel, in Straubing geboren und in der Regensburger Jugend ausgebildet, betonte die Kraft der Zuversicht. „In solchen Pokalspielen musst du einfach bis zur letzten Sekunde dran glauben, auch wenn vielleicht die 90 Minuten davor nicht alles hingehauen hat“, sagte der Mittelfeldmann.

Kapitän Ron-Robert Zieler hatte beim Siegtor einen Sprint über den gesamten Platz bis zum Kölner Fanblock gezogen, was eigentlich nicht seine Art sei. Doch diesmal wollte der Torhüter unbedingt mitfeiern. Die Bilanz des 36-Jährigen, der durch das Weiterkommen nun mindestens ein weiteres Pflichtspiel in dieser Saison absolvieren darf, fiel ebenfalls versöhnlich aus.

„Guck dir die anderen Begegnungen mal an. Da haben sich sehr viele Erst- und Zweitligisten brutal schwergetan. Regensburg ist schon voll im Spielbetrieb, die spielen Mann gegen Mann über den ganzen Platz. Natürlich haben wir noch Verbesserungsmöglichkeiten, keine Frage. Wir hätten uns sicherlich noch hier und da mehr bewegen können, mehr freilaufen können. Aber das sind Dinge, die kommen noch.“