Derby in der AnalyseSechs Minuten entscheiden über FC-Pleite gegen Leverkusen

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FC-Trainer Steffen Baumgart an der Seitenlinie

FC-Trainer Steffen Baumgart tobt beim Derby gegen Leverkusen an der Seitenlinie.

Nach 1:0-Pausenführung verliert der 1. FC Köln in Müngersdorf mit 1:2 gegen Bayer 04 Leverkusen. Die Derby-Analyse.

Was blieb, war die kurze Freude über ein unerwartetes Tor: Benno Schmitz hatte in seinem 100. Pflichtspiel seinen ersten Treffer für den 1. FC Köln erzielt, ein Traumtor aus 18 Metern. Doch beim Schlusspfiff jubelte nur noch der Gästeblock im Rhein-Energie-Stadion: Nach 1:0-Führung zur Pause und einem hervorragenden Auftritt hatte Bayer 04 Leverkusen im Duell der rheinischen Nachbarn zwei Aktionen in sechs Minuten genügt, um die Partie zu drehen und 2:1 zu gewinnen.

Nadiem Amiri mit einem abgefälschten Freistoß (65.) und Moussa Diaby nach einem gewaltigen Sprint in der 71. Minute hatten die Partie zugunsten der Werkself entschieden, die nach dem 5:0 über Union Berlin am Sonntag den zweiten Bundesliga-Sieg in Folge feierte. Schmitz war zu diesem Zeitpunkt schon verletzt vom Rasen gegangen.

Steffen Baumgart hatte nach dem 0:2 in Freiburg drei Wechsel vorgenommen. Kristian Pedersen räumte die linke Abwehrseite für den genesenen Jonas Hector. Außerdem begann Denis Huseinbasic auf der zentralen Offensivposition, Ondrej Duda pausierte zunächst. Für Steffen Tigges stürmte Sargis Adamyan. Leverkusen begann mit Palacios für Kerem Demirbay, Hudson-Odoi rückte für Amiri in die Startelf und in der Innenverteidigung ersetzte Tah Kosssounou. Köln begann so dominant wie von Baumgart angekündigt.

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Kölner mit mehr Ballbesitz, Werkself findet nicht statt

Nach sieben Minuten gab Adamyan einen ersten Schuss auf das Tor der Gäste ab, doch Hradecky parierte den Schuss, den Adamyan nicht sauber getroffen hatte. Der FC war präsent in den Zweikämpfen und sicherte trotz der offensiven Ausrichtung geschickt ab. Besonders Jonas Hector tat sich dabei hervor, der es auf der linken Seite mit den schnellen Jeremie Frimpong und Moussa Diaby zu tun bekam und seine Duelle zunächst ausnahmslos gewann. Schon bald hatten die Kölner mehr als 60 Prozent Ballbesitz, die Werkself fand nicht statt.

Eine halbe Stunde war gespielt, als das Wunder geschah. Beim 2:2 gegen Nizza hatte Benno Schmitz in der Nachspielzeit eine Kopfballchance vergeben, hinterher hatte sein Trainer mitgeteilt, die Partie wäre eigentlich ein guter Anlass gewesen für Schmitz’ erstes Tor, „das er mir schon so lange verspricht“. Mit null Treffern in 99 Pflichtspielen für den 1. FC Köln war Schmitz bis Mittwochabend der Profi mit der längsten Serie ohne Tor aller aktiven Bundesligaspieler. Doch dann packte der Rechtsverteidiger aus: Kainz spielte steil auf Adamyan, der auf der linken Seite viel Zeit für eine Flanke hatte. Der Angreifer spielte lang zu in den Rückraum zu Schmitz, der den Ball von der Brust tropfen ließ und volley ins Tor jagte. Ein Traumtor zur Führung im Duell mit Leverkusen – viel besser hätte es nicht kommen können.

Benno Schmitz trifft traumhaft

Beinahe noch bemerkenswerter als der Treffer waren die Reaktionen darauf: Es wurde herzlich gelacht auf Rasen und Rängen; einen solchen Treffer hatte dem Abwehrspieler niemand zugetraut. Zuletzt hatte Schmitz vor acht Jahren in einem Pflichtspiel getroffen – für die Zweitvertretung des FC Bayern München gegen Seligenporten.

Die Werkself konnte in der ersten Halbzeit nicht im Ansatz an die herausragende zweite Hälfte beim 5:0 gegen Union Berlin anknüpfen, und auch nach dem Seitenwechsel erwischte der FC den besseren Start: Lukas Hradecky lenkte in der 49. Minute erst Hectors Fernschuss nach schönem Flug an die Latte, Sekunden später musste er nach einem Versuch Adamyans tauchen und zur Ecke klären. Gleich danach rettete Tapsoba in höchster Not. Es lief hervorragend für den FC, doch dann verließ die Kölner das Glück: Bakker stieg Schmitz auf den Fuß, der Torschütze probierte es noch für fünf Minuten, dann humpelte er vom Feld.

Schindler kann Schmitz nicht ersetzen

Für den Spieler, der als Mann des Abends auserkoren schien, kam Kingsley Schindler. Und plötzlich sahen die Leverkusener Offensivkräfte aus wie Weltklassespieler. Zunächst drehte sich Schindler ab, als er in der Mauer eigentlich dafür vorgesehen war, Amiris Freistoß aufzuhalten – und lenkte den Ball unhaltbar ins eigene Tor (65.); Bayer 04 hatte aus keiner Chance den Ausgleich erzielt.

Minuten später wurde es noch schlimmer: Köln verlor auf Höhe des Leverkusener Fünfmeterraums den Ball, Frimpong ließ Schindler stehen, sprintete bis an den Kölner Strafraum, wo er auf Diaby passte, der seinen 70-Meter-Lauf mit dem 2:1 krönte. Innerhalb von sechs Minuten hatten die Gäste das Spiel gedreht.

Baumgart wechselte und brachte unter anderem Steffen Tigges, einen nominell echten Mittelstürmer. Doch der beförderte Schindlers Flanke acht Minuten vor Schluss freistehend aus nächster Nähe an die Latte. Es war die letzte Kölner Chance auf den Ausgleich und das vierte sieglose Bundesligaspiel nacheinander.

Eric Martel war enttäuscht. „Wir haben über das ganze Spiel dominiert und kassieren dann so blöde Gegentore. Es ist bitter, mit leeren Händen dazustehen.“

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