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Kommentar

FC-Mitgliederversammlung
Chance auf einen Neuanfang

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3 min
Ulf Sobek, Jörg Alvermann und Jörn Stobbe haben am Samstag einen großen Sieg errungen.

Ulf Sobek, Jörg Alvermann und Jörn Stobbe haben am Samstag einen großen Sieg errungen. 

Das starke Votum gibt dem neuen Vorstand die Möglichkeit, die Aufgaben zu erledigen, denen seine Vorgänger nicht gewachsen waren. 

Der bisherige Vorstand des 1. FC Köln ist vollständig Geschichte. Das Team Stroman, dem der bisherige Vize Carsten Wettich angehörte, schaffte es nicht einmal in die Stichwahl. 65 Prozent stimmten für Jörn Stobbe und seine Mitstreiter. Ein beeindruckender Wert.

Damit hat das stärkste Bewerber-Trio gewonnen. Stobbe startet mit viel Rückenwind. Eine starke Mehrheit der Mitglieder, das Plazet der Gremien sowie die Unterstützung der Banken und Sponsoren geben dem neuen Trio Schwung und dem Verein die Chance auf einen Neuanfang. Der Schwung ist notwendig, denn die Vorgänger haben viel Arbeit hinterlassen und jede Menge Vertrauen zerstört.

Dass die FC-Mitglieder den scheidenden Präsidenten Werner Wolf und seine Mitstreiter entlasteten, passte dennoch ins Bild: Es war ein gesichtswahrender Abschied für ein Präsidium, das stets zwischen gutem Willen und Selbstwiderspruch schwankte. Wolfs Tränen wirkten ehrlich, Eckhard Saurens letzte Worte eher bizarr. Der Vizepräsident hatte Stobbes Gruppe als Gefahr für den Verein dargestellt, für Team Stroman und Wettich Wahlkampf gemacht, aber im Stadion auf offener Bühne die eigenen Aussagen bestritten – und den „Kölner Stadt-Anzeiger“ der Lüge bezichtigt. Noch während der Versammlung stellte der Stadt-Anzeiger ihm die Aufnahme seiner eigenen Worte zur Verfügung. Auf eine Richtigstellung verzichtete Sauren dennoch. Diese Mischung aus Meinungswechsel, Verantwortungsdiffusion und eigenwilligem Umgang mit der Wahrheit könnte das gewesen sein, was der neue Präsident Stobbe im Sinn hatte, als er den Mitgliedern „Transparenz und Fehlerkultur“ versprach.

Zumindest hat der 1. FC Köln am Samstag all jene widerlegt, die zuvor behauptet hatten, ein Wahlkampf würde den Verein zerreißen. Das Rhein-Energie-Stadion erlebte zwar eine lange und zeitweise hochemotionale Versammlung. Doch blieb es auf den Rängen friedlich. Auffällig war, dass die meisten FC-Anhänger die gesamte Veranstaltung verfolgten – trotz Versuchen, sie nur für die Vorstandswahl zu mobilisieren.

Moment der Entscheidung auf der Mitgliederversammlung des 1. FC Köln

Moment der Entscheidung auf der Mitgliederversammlung des 1. FC Köln

Es war eine der Lehren: Wer darauf vertraut, Menschen mal eben aus dem Biergarten zur Stimmabgabe zu bewegen, vertraut den falschen. Solche Leute bleiben entweder im Biergarten sitzen, wenn man sie braucht. Oder es gibt sie gar nicht. Nur 559 Mitglieder stimmten für das Team Adenauer, das zuvor erklärt hatte, die schweigende Mehrheit des Vereins zu repräsentieren. Es blieb beim Schweigen.

Wer Mitglieder des 1. FC Köln dazu bewegen will, einem ihre Stimme zu geben, muss sie auch in Zeiten von Whatsapp-Kanälen und Sozialer Medien klassisch von sich überzeugen. Ohne Filter und Blendwerk lieferte das Rededuell der Kandidaten auf dem Podium einen klaren Befund: Stobbe und seine Kollegen waren die bei weitem stärksten Bewerber. Digitale Emotionalisierung, wie sie Konkurrent Stroman bestens orchestrierte, reicht allein nicht.

Gremien und Geldgeber zufrieden

Zumindest vorerst nicht. Sollte der 1. FC Köln die Möglichkeiten der digitalen Teilhabe erhöhen, würden sich die Mechaniken verändern. Doch so ausgiebig die Debatten um digitale Stimmabgabe oder Briefwahl geführt wurden: Es kann gut sein, dass die FC-Mitglieder auch im Herbst 2026 nur am Ort der Versammlung wählen können. Denn am Samstag stellte niemand den Antrag, die Satzung so zu verändern, dass die hybride Form der Veranstaltung Standard wird.

Nach Monaten des Wahlkampfs bleibt dem neuen Vorstand keine Zeit zum Luftholen. Es geht gleich weiter: Ausbau des Geißbockheims, eine Vision für das Stadion, Satzungsfragen, Selbstvermarktung: Arbeit ist genug da. Wer Stobbe und seine Kollegen am Samstag erlebte, durfte aber davon ausgehen: Eine Pause will dieses Trio ohnehin nicht.