Nach 1:1 in HoffenheimDer 1. FC Köln kämpft um ein bisschen Selbstvertrauen

Lesezeit 5 Minuten
Timo Schultz forderte in Hoffenheim auch nach dem 1:1-Ausgleich seine Spieler auf, den Mut nicht sinken zu lassen.

Timo Schultz forderte in Hoffenheim auch nach dem 1:1-Ausgleich seine Spieler auf, den Mut nicht sinken zu lassen.

Die FC-Profis zeigen beim 1:1 in Hoffenheim, dass sie sich auch emotional weiter stabilisiert haben. 

Es war zwar nur die abgeschwächte Version eines Auswärtsspiels bei der TSG Hoffenheim. Dennoch war ein 1:1 im Kraichgau aller Ehren wert, zumal für einen 1. FC Köln im Abstiegskampf. An diesem Eindruck hatte auch der späte Gegentreffer durch Andrej Kramaric nichts ändern können.

Zunächst war da einmal der Faktor, dass von den vielleicht 20 000 Zuschauern im Stadion an der Autobahn 6 mindestens 6000 den 1. FC Köln unterstützten, was eine Heimspiel-Atmosphäre für die Gäste zur Folge hatte. Außerdem steckt Hoffenheim in einer tiefen Ergebniskrise, die sich mit dem Remis gegen den Tabellen-16. weiter verschärfte. Der edel besetzte Kader bekommt seine Qualität derzeit nicht auf den Platz. Von zuletzt zwölf Spielen haben die Kraichgauer nur eines gewonnen, dabei sind die Vorgaben ganz andere, unterstrich am Sonntag auch Trainer Pellegrino Matarazzo: „Zu Hause gegen Köln haben wir den Anspruch, zu gewinnen und auch offensiv mehr zu kreieren“, urteilte der US-Trainer und wirkte etwas ratlos dabei.

Man kann sich Selbstvertrauen auch im Training erarbeiten und in Spielen, in denen das Ergebnis nicht ganz so ist wie erhofft
FC-Trainer Timo Schultz

Dabei waren die Gastgeber mit einem kaum noch für möglich gehaltenen Erfolgserlebnis aus der Partie gegangen. Max Finkgräfe hatte einen weiteren bemerkenswerten Auftritt mit seinem Treffer zum 1:0 in der 79. Minute gekrönt, der direkt verwandelte Freistoß des 19-Jährigen wäre ein angemessener Treffer gewesen, um mit einem Sieg die Wende zu beschleunigen. Doch diese Saison bleibt in Köln eine mühevolle, denn tief in der Nachspielzeit hatte Kramaric noch ausgeglichen, weil Köln schlecht verteidigt und der Kroate mit der üblichen Präzision vollendet hatte.

Der Anhang der Heim-Elf hatte die TSG-Profis nach dem Schlusspfiff dennoch mit Nachdruck an den Zaun bestellt, um ein paar deutliche Worte zu adressieren. Die Kölner dagegen feierten einfach über die Enttäuschung des späten Gegentreffers hinweg. Und zeigten damit ein gutes Gespür für die Bedürfnisse ihrer Mannschaft.

Das neue Selbstbewusstsein ist ein zartes Pflänzchen. Doch ist es den Kölnern in vielen Situationen anzumerken, im Stadion wie auf dem Trainingsplatz. Es wird mehr improvisiert, am Ball wirken die Kölner weniger schematisch. Schultz fördert das. „Man kann sich Selbstvertrauen auch im Training erarbeiten und in Spielen, in denen das Ergebnis nicht ganz so ist wie erhofft. In der Zeit, in der ich hier bin, hat die Mannschaft einen sehr positiven Eindruck gemacht“, beschrieb Schultz.

Jan Thielmann gratuliert Max Finkgräfe zu dessen Freistoßtor; es war der erste Treffer des 19-Jährigen als Profi.

Jan Thielmann gratuliert Max Finkgräfe zu dessen Freistoßtor; es war der erste Treffer des 19-Jährigen als Profi.

In der Hinrunde war dem FC die Überzeugung abhandengekommen. Steffen Baumgarts teils drastische Ansprachen hatten ihre frühere Wirkung nicht mehr entfaltet, im Gegenteil: Die Qualität des Trainers, nach jeder noch so harten Auseinandersetzung den Weg zurück in die Herzen seiner Spieler zu finden, schien verloren. Die Stimmung hatte sich im Herbst mit den Ergebnissen eingetrübt. Nun scheint die Mannschaft ihre innere Mitte wiederentdeckt zu haben. „Wir haben Schritte gemacht und wissen, dass wir als Mannschaft füreinander da sein müssen“, beschrieb Schultz in Hoffenheim.

Von den fünf Spielen unter der Anleitung des Norddeutschen hat Köln nur eines verloren, wobei Schultz die Leistung beim 0:4 gegen Borussia Dortmund zumindest über eine Stunde als die beste ansah, seit er in Köln amtiert. Nur gegen Dortmund kassierte Köln mehr als ein Gegentor. Die Entwicklung ist sichtbar, wenngleich der Friede brüchig ist. Am Freitag (20.30 Uhr) daheim gegen nach drei Siegen in Serie zuletzt wieder strauchelnde Bremer muss der FC den Trend bestätigen, denn die folgenden Gegner heißen Stuttgart, Leverkusen, Mönchengladbach und Leipzig.

Timo Schultz sieht seine Mannschaft in der Lage, jeden Gegner zu besiegen

Es gehört zu den Untiefen des Profifußballs, dass eine Mannschaft deutlich mehr sein kann als die Summe ihrer Einzelbegabungen – und manchmal auch so viel weniger. Entscheidenden Einfluss auf die Wettbewerbsfähigkeit einer Gruppe hat der Trainer, wenngleich die Qualität der Spieler ein begrenzender Faktor ist. Timo Schultz hat zwar eine deutliche Ansprache und ist durchaus in der Lage, auch unangenehme Kaderentscheidungen zu treffen. Doch gelingt es ihm derzeit, das Positive zu betonen. „Ich bin der Meinung, dass wir einen Kader haben, der in einem Spiel über 90 Minuten mit jeder Mannschaft so konkurrieren kann, dass man das Spiel als Sieger verlässt. Die Jungs glauben an sich, ich glaube an die Jungs, die Fans glauben an die Jungs. Entsprechend blicke ich absolut optimistisch auf die nächsten Spiele“, sagte er am Sonntag, ungerührt vom Rückschlag durch Kramarics späten Ausgleich.

Auch Florian Kainz mühte sich, seinen Frieden zu machen mit diesem Karnevalssonntag – trotz einer auch persönlich dürren Leistung. „Wenn du in der 94. Minute den Ausgleich bekommst, tut das im ersten Moment sehr weh. Gerade in der Situation, in der wir sind, hätten uns drei Punkte gutgetan. Aber ich glaube, wenn man das ganze Spiel betrachtet, ist das ein gerechtes Unentschieden“, sagte der Kapitän.

Die defensive Organisation hatte gestimmt, Köln verteidigte deutlich konsequenter und war auch bereit, einmal das taktische Foul zu begehen, bevor eine Situation außer Kontrolle geriet. Dass es nicht ganz reichte mit dem zweiten Spiel nacheinander ohne Gegentor, wollte Schultz seiner Mannschaft nicht weiter vorwerfen. „Hoffenheim hat zu viel Qualität, um gar nichts zuzulassen“, befand der 46-Jährige, der weiter am Umschaltspiel seiner Mannschaft arbeiten will, um eine Führung ins Ziel bringen zu können.

Die Möglichkeiten gibt der Kader her. Dejan Ljubicic, Jan Thielmann, Faride Alidou und später Linton Maina können mit ihrer Geschwindigkeit für jede Abwehr zur Bedrohung werden. „Wir haben uns zu häufig verzettelt. Aber wir sind auf einem guten Weg, wir kennen unsere Themen“, erklärte Schultz.

Defensiv wird er erneut umstellen müssen. In Hoffenheim fehlte der erkrankte Timo Hübers, der allerdings bis Freitag wieder hergestellt sein dürfte. Am Sonntag sah allerdings Jeff Chabot die fünfte Gelbe Karte der Saison. Gut möglich, dass Luca Kilian nach seinem soliden Auftritt ein zweites Spiel nacheinander erhält, um sich zu beweisen.

KStA abonnieren