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Thomas Müller weist Kritik zurück„Wer erwartet, dass wir uns deutlicher positionieren, wird enttäuscht sein“

Lesezeit 3 Minuten
Thomas Müller sitzt beim Abschlusstraining des DFB-Teams vor dem Testspiel gegen den Oman am 15. November an der Seitenlinie auf einer Getränkekiste.

Thomas Müller beim Abschlusstraining des DFB-Teams vor dem Testspiel gegen den Oman am 15. November.

Am Mittwoch beginnt für das DFB-Team die WM – auf größeres politisches Engagement solle aber trotz „befremdlicher“ FIFA-Aktionen niemand hoffen, erklärt Thomas Müller.

Kurz vor dem Auftaktspiel der deutschen Nationalmannschaft bei der Fußball-Weltmeisterschaft in Katar hat sich mit Thomas Müller ein Nationalspieler ausführlich zum Verbot der „One Love“-Binde durch den Fußball-Weltverband FIFA und zur Kritik an DFB und Nationalmannschaft geäußert. 

„Die Unruhe rund um die Begebenheiten im Vorfeld des WM Turniers in Katar, das Verbot der One-Love-Binde und weitere befremdliche Aktionen und Äußerungen der FIFA beschäftigen uns Spieler und das gesamte Team“, erklärte Müller in einem ausführlichen Statement, das der Bayern-Spieler auf Instagram veröffentlichte. Der Standpunkt der FIFA sei „in keiner Weise zu verstehen“.

Thomas Müller über Kritik an DFB-Team: „Teile diese Ansicht nicht“

Müller wehrte sich in seinem Statement jedoch auch gegen Kritik am Deutschen Fußball-Bund (DFB) und der Nationalmannschaft. „Ich kann die Kritik nachvollziehen und akzeptieren, teile diese Ansicht aber nicht!“

Der DFB habe „Stellung bezogen“ und seine Haltung „gegen die FIFA deutlich zum Ausdruck gebracht“. Seit Jahren würden sich Verband und Spieler engagieren – „weit über den grünen Rasen hinaus“, erklärte Müller. Viele Nationalspieler hätten eigene Stiftungen und würden mit großem Einsatz soziale Einrichtungen unterstützen.

Thomas Müller stellt „sportliche Träume“ über politisches Engagement

„Wer von uns Fußballern erwartet, dass wir unseren Pfad als Sportler komplett verlassen und unsere sportlichen Träume, für die wir ein Fußballerleben lang gearbeitet haben, aufgeben, um uns politisch noch deutlicher zu positionieren, der wird enttäuscht sein“, führte Müller aus.

Mit „Teamgeist, Geschlossenheit und Fußballfinesse“ wolle man „unsere deutsche Fußballnation begeistern“, erklärte Müller. „Wer die ganze Situation differenziert betrachten kann, der wird uns hoffentlich in den nächsten Wochen voll unterstützen und uns den Rücken stärken.“

Kritik an Statement von Thomas Müller: „Iran hat auch von dieser WM geträumt“

Hintergrund von Müllers Wortmeldung ist anhaltende Kritik am DFB und der Nationalmannschaft, die bei der WM in Katar ursprünglich mit einer „One Love“-Kapitänsbinde auflaufen wollte, um ein Zeichen für die Menschenrechte zu setzen. Nach einem Verbot der FIFA will man beim DFB nun auf das Zeichen verzichten, da der Weltverband auch mit sportlichen Konsequenzen droht.

Auch unter Müllers Statement bei Instagram sammelten sich erneut kritische Kommentare. „Wieso pinselt ihr euch ‚Human rights‘ auf die Trikots, wenn ihr euch lieber auf den Pfad des Sports konzentriert?“, fragte ein Nutzer in Richtung des DFB-Teams und erhielt dafür viel Zustimmung.

Viel Kritik und wenig Zustimmung für Thomas Müller: „Er stellt sein privilegiertes Ich über alles“

„Iran hat auch von dieser WM geträumt und sie haben trotzdem zumindest ein kleines Zeichen gesetzt“, kommentierte ein anderer. „Ich kann nicht verstehen, dass Spieler, die ernste Konsequenzen befürchten müssen, sich trauen, ein Statement zu setzen, aber die westlichen Länder aufgrund einer möglichen Gelben Karte den Strich ziehen.“

Die Nationalmannschaft des Iran hatte bei ihrem Auftaktspiel am Montag aus Solidarität mit der Protestbewegung in ihrem Heimatland die Nationalhymne nicht mitgesungen. Den Spielern und ihren Familien drohen nun ernsthafte Sanktionen durch das Regime in Teheran.

Auch in anderen sozialen Netzwerken wurde Müllers Wortmeldung am Dienstagabend und Mittwochmorgen intensiv diskutiert. „Thomas Müller ist der Traum all derer, die davon reden, dass Fußball nicht politisch sei“, kommentierte ein Twitter-Nutzer. „Er stellt sein privilegiertes Ich über alles“. Zustimmung bekam Müller für sein Statement unterdessen vor allem von Weggefährten wie den Fußballern Andre Schürrle oder Kevin Trapp. Auch DFB-Ausrüster Adidas kommentierte die Wortmeldung mit zwei Herzen. (das)

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