Bittere Bayer-04-Nacht in RomSaison-Aus für Robert Andrich und Odilon Kossounou

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Grätschen um den Ball: Tammy Abraham von der AS Rom und Robert Andrich.

Grätschen um den Ball: Tammy Abraham von der AS Rom und Robert Andrich.

Andrich zog sich einen Mittelfußbruch, Kossounou einen schweren Mittelfußbruch zu

Es war ein trauriges Bild, wie Robert Andrich in den Katakomben des Olympiastadions von Rom auf dem so genannten „Medical Car“ saß, verkniffen auf sein Handy starrte und mit dick bandagiertem linken Fuß langsam weggefahren wurde. Der Mittelfeldspieler mit den großen Tätowierungen war zum Sinnbild des Leverkusener Aufschwungs unter Xabi Alonso geworden. Nach der 0:1-Niederlage bei der AS Rom wurde er weggeschafft wie ein Invalide. Es war spontan undenkbar, dass der Lenker und Kämpfer im Mittelfeld von Bayer 04 bis zum Rückspiel am kommenden Donnerstag wieder gesund und spielfähig werden würde. Am Freitag Abend nach der Rückkehr lieferten Untersuchungen traurige Gewissheit: Bruch des linken Mittelfußes. Andrich wird ebenso für den Rest der Saison ausfallen wie Odilon Kossounou , bei dem eine Muskelverletzung im rechten Oberschenkel diagnostiziert wurde.

In krassem Gegensatz dazu verbreitete der Kapitän der Mannschaft Zuversicht. „Wir haben noch alle Chancen, es steht nur 0:1. Es ist nichts passiert. Warum sollen wir das nicht aufholen?“, fragte Lukas Hradecky, als hätte es das Spiel zuvor nicht gegeben. Dasselbe Mantra wiederholte gleichzeitig Trainer Xabi Alonso vor dem Mikrofon bei der internationalen Pressekonferenz. „Wir haben noch alle Chancen für das Rückspiel“, sagte der Trainer. Das Ergebnis war tatsächlich der größte Mutmacher nach einem Abend, an dem sich die Schlüsselszenen schon in den ersten Minuten abgespielt hatten. Robert Andrich und Florian Wirtz waren nach den einzig überzeugenden Angriffen des Abends zu zwei blitzsauberen Chancen gekommen, die sie beide vergaben.

Die Gesetze des internationalen Fußballs sind uralt, und sie besagen, dass man so etwas nicht ungestraft tut, wenn es um große Titel geht. Bayers Geschäftsführer Simon Rolfes sprach viel von diesen beiden Momenten, als er das Spiel analysierte. Und von der geschenkten Chance in der Nachspielzeit, als Jeremie Frimpong einen Ball nach einem Römer Fehler nicht im fast leeren Tor unterbrachte. Aber das Schicksal reagiert schroff, wenn es zwei solch große Angebote macht wie zu Beginn des Spieles und dann zurückgewiesen wird. Es wandte sich gegen die Werkself. Das Spiel, wie auch zwei wichtige Akteure, gingen für Bayer 04 an diesem Abend verloren.

Um Kräfte zu sparen, wird die Werkself bis Samstagnachmittag in Rom bleiben und von dort aus direkt ins Schwabenland fliegen. Nur die Verletzten flogen zurück ins Rheinland. „Die Nacht war schmerzhaft“, sagte Andrich, als er auf Krücken in Richtung Flugzeug humpelte und flüchtete sich noch vor der Diagnose in Galgenhumor: „Es hat ohne Einwirkung des Gegners ein unschönes Geräusch im Fuß gegeben. Ich kann nicht mehr auftreten, die Untersuchungen werden zeigen, wie schwer die Verletzung ist. Aber in meinem Kopf ist nur, dass ich in Stuttgart spielen kann.“ Wenige Stunden nach der Ankunft war klar, dass die Saison für ihn zu Ende ist.

Sein Trainer muss realistischer sein und sich auf ein Spiel ohne seinen wichtigsten Mann im Mittelfeld einstellen. „Unser Fokus liegt auf Sonntag, wir müssen uns so gut wie möglich erholen. Ich habe schon eine Idee im Kopf, wie wir vielleicht rotieren", sagte Xabi Alonso, "es ist nicht einfach, es geht um die Entscheidung in zwei Wettbewerben. Aber wir mögen diese Situation immer noch. Wir werden auf jeden Fall eine gute Mannschaft aufstellen in Stuttgart.“ Bei aller Wertschätzung für die Chance im Europapokal will sich der Trainer den Gedanken, diese Partie nur halb ernst zu nehmen, nicht unterstellen lassen. „No, no, no, no“, widersprach Xabi Alonso, „wir wollen unbedingt den sechsten Platz in der Liga haben. Wir verschenken nichts.“

Das gilt bei Bayer 04 auch für den psychologischen Umgang mit dem großen Ziel Europa League. Alle Bedenken und Zweifel sollen nach dem 0:1 ausgeblendet werden. „Wir hatten eine gute Kontrolle“, beschönigte Sport-Geschäftsführer Simon Rolfes die Dinge bewusst ein wenig, „es ist noch alles drin. Im Rückspiel wird eine super Stimmung herrschen. Es ist noch alles drin. Wir haben auch heute gezeigt, vor allem mit den Chancen zu Spielbeginn, dass wir den Gegner vor Aufgaben stellen können.“

Davor steht allerdings die Aufgabe Stuttgart. Für den VfB geht es im Abstiegskampf um die pure Existenz. 60 000 Fans werden ihr Team anpeitschen. Unter Trainer Sebastian Hoeneß hat ein neuer Geist Einzug gehalten. Für Bayer 04 darf das keine Rolle spielen. „Wir müssen uns für das Rückspiel gegen Rom auch neue Energie holen“, sagt Simon Rolfes, „und am Besten geht das mit einem Sieg in Stuttgart.“

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