Mehr als ein AusbildungsvereinBayer 04 Leverkusen beginnt mit dem Umdenken

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Bayer-Geschäftsführer Rudi Völler

  • Bayer 04 Leverkusen hat in seiner Historie schon einige Top-Spieler ausgebildet.
  • Jetzt allerdings schlägt die Werkself einen anderen Weg ein. Es sollen künftig wichtige Spieler gehalten und neue Hochkaräter verpflichtet werden.
  • Reporter Christian Krämer berichtet bis zum 21. Juli jeden Tag exklusiv aus dem Trainingslager – lesen Sie sämtliche Folgen, darunter auch ein Tagebuch, Interviews und Analysen, mit KStA PLUS.

Kaprun – Im Zusammenhang mit dem Fußball ist derzeit oft von Dominosteinen die Rede und dem Umfallen dieser. Also eine Kettenreaktion von Ereignissen, die, einmal in Gang gebracht, eigentlich nicht mehr zu stoppen ist. 

In diesem Sommer war der 120 Millionen Euro teure Transfer von Antoine Griezmann von Atlético Madrid zum FC Barcelona der erste umfallende Stein. Als folgende Wackelkandidaten wurden reichlich Namen gehandelt: Philippe Coutinho zurück nach Liverpool? Ousmane Dembélé zu den Bayern? Neymar von Paris Saint-Germain zum FC Barcelona? Fast nichts scheint unmöglich. Einzig Bayer 04 Leverkusen hat einen wichtigen Stein aus dem globalen Transfer-Domino herausgenommen.

Völler hebt Havertz' Können hervor

„Ein junger Spieler von Bayer 04 wird nicht mit umfallen. Der bleibt stehen“, sagt Rudi Völler. Der Sport-Geschäftsführer unternimmt dabei nicht einmal den Versuch, seinen Stolz zu verhehlen. Warum auch? Immerhin hat Leverkusen es geschafft, in Kai Havertz einen der begehrtesten Fußballer Europas noch ein weiteres Jahr zu halten – ohne sich dafür gewaltige Transfereinnahmen entgehen zu lassen. Im Sommer 2020 wird Havertz Bayer 04 mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit verlassen. Das Ziel ist unbekannt – aber der 20-jährige Aachener wird wohl der erste Deutsche sein, der die 100-Millionen-Euro-Schallmauer knackt.

Einmal beim Thema Havertz angekommen, kommt Völler aus dem Schwärmen nicht mehr heraus. „Wir haben das größte Talent des letzten Jahrzehnts auf der 10. Das ist Fakt, mindestens noch ein Jahr“, sagt der ehemalige Weltklasse-Stürmer. „Kai Havertz ist die geborene Nummer 10. Wenn es eine Nummer 10 gibt, dann ist das Kai Havertz.“ Kontakt zu den größten Klubs der Welt hat es bereits diesen Sommer gegeben – allerdings keine Einigung. Der Werksklub hatte sein Veto eingelegt. Man sei nicht schwach geworden, betont Völler, wiederum mächtig stolz.

Werkself will andre Wege gehen

Es ist Ausdruck eines Umdenkens in Leverkusens Vereinspolitik. Der begehrteste Spieler des Kaders wurde trotz großen Interesses gehalten und ein schon fertiger Star, Kerem Demirbay, für die Vereinsrekord-Summe von 35 Millionen Euro aus Hoffenheim verpflichtet. „Im Vorgriff“, wie Völler sagt, aber umgehend zurückrudert: „Nicht im Vorgriff, sondern weil wir ihn brauchen, aus der Position heraus.“ Bayer 04 Leverkusen will nicht mehr nur Stars ausbilden und sie teuer weiterverkaufen – Heung-min Son und André Schürrle gingen diesen Weg. Nein, die Werkself will selbst langfristig interessant werden für Spitzenfußballer. „Vor ein paar Jahren wäre so etwas bei uns noch nicht denkbar gewesen“, sagt Völler.

Ein Transfer der Demirbay-Größenordnung wird es in dieser Saison nicht mehr geben. Doch aller Voraussicht nach werden noch zwei Offensivspieler verpflichtet. „Es wird noch etwas passieren“, berichtet Völler, „Feintuning, um den Kader noch einen Tick besser zu machen und dem Trainer die Möglichkeit zu geben, in der Dreifachbelastung zu rotieren.“

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Noch keinen Vollzug gibt es bei den Bemühungen um Nadiem Amiri, der für 14 Millionen Euro aus Hoffenheim kommen soll. Doch in den nächsten „ein, zwei“ Wochen könnte sich etwas tun, sagt Völler. Zudem laufen Gespräche mit Charles Aránguiz und Julian Baumgartlinger, um die jeweils 2020 auslaufenden Verträge zu verlängern. Gerade Aránguiz wäre ein enorm wichtiger Baustein für die nahe Zukunft. Für die kommende Saison hofft Völler auf ein erfolgreiches Bestehen in allen drei Wettbewerben. Besonders der kürzeste Weg zu einem Titel hat es ihm angetan: „Der DFB-Pokal ist der Wettbewerb, in dem du am einfachsten bestehen kannst – auch gegen die Bayern.“ Mit den Möglichkeiten wachsen bei Bayer 04 eben auch die Ambitionen.

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