Mit Heimsieg zur MeisterschaftBayer 04 Leverkusen will historische Titel-Chance nutzen

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Bayer 04 Leverkusen v TSG Hoffenheim - Bundesliga Xabi Alonso, the Head Coach of Bayer 04 Leverkusen, is celebrating with his players at the end of the Bundesliga football match between Bayer 04 Leverkusen and TSG 1899 Hoffenheim at BayArena in Leverkusen, Germany, on March 30, 2024. Leverkusen Germany PUBLICATIONxNOTxINxFRA Copyright: xHeshamxElsherifx originalFilename:elsherif-notitle240330_npHJ1.jpg

Xabi Alonso (M.), Architekt des Leverkusener Erfolgs

Am Sonntag möchte der Werksklub Bundesliga-Geschichte schreiben. Von einer Sofa-Meisterschaft hält man in Leverkusen wenig.

Xabi Alonso möchte auf alle Eventualitäten vorbereitet sein. „Ich werde bereit sein, wenn ich die Spieler um mich herum sehe“, sagte Bayer 04 Leverkusens Meistertrainer in spe lächelnd mit Blick auf mögliche Bierduschen am Sonntagabend – sollte der Werksklub sein Heimduell mit dem SV Werder Bremen (17.30 Uhr/Dazn) gewinnen und sich die Bundesliga-Krone am 29. Spieltag vorzeitig sichern.

Zu weiteren Vorhersagen rund um den sich anbahnenden größten Erfolg der Leverkusener Sporthistorie ließ sich Xabi Alonso auf der Pressekonferenz am Freitagnachmittag allerdings nicht locken – trotz wiederholter Versuche. Der SV Werder müsse immerhin noch besiegt werden, wiederholt betonte der Baske den Respekt vor dem Gegner aus Bremen. Der letzten Hürde vor dem großen Leverkusener Triumph.

Der 42-Jährige hofft, dass Bayer 04 die Entscheidung am Sonntag noch selbst in der Hand hat und sie sportlich mit dem ersten Matchball auf dem Rasen herbeiführen kann. Auch eine Sofa-Meisterschaft am Samstag ist theoretisch möglich – dafür müsste allerdings der 1. FC Köln beim FC Bayern und Eintracht Frankfurt in Stuttgart gewinnen. „Das wäre eine große Überraschung, normalerweise passiert das nicht“, so Xabi Alonso. In seiner unaufgeregten Art betonte der Trainer wieder und wieder, dass er seine Mannschaft so vorbereitet, wie in den vergangenen Wochen auch. „Und dann haben die Fans und wir am Sonntag hoffentlich einen Grund zum Feiern“, sagte der Spanier.

Keine Meister-Party in Leverkusen geplant

Eine offizielle Meisterfeier wird es am Wochenende nach Auskunft der Stadt Leverkusen nicht geben. Auch ist keine von der Deutschen Fußball-Liga organisierte Zeremonie geplant. Kapitän Lukas Hradecky wird die Meisterschale nach dem letzten Saison-Heimspiel gegen den FC Augsburg am 18. Mai entgegennehmen. Der große Empfang wird in Leverkusen am 26. Mai stattfinden, einen Tag nach dem Pokalfinale in Berlin gegen den Zweitligisten Kaiserslautern.

Sollte der Heimsieg am Sonntag gegen Bremen gelingen, wird die Mannschaft ihren historischen Triumph wohl nur in einem überschaubaren Rahmen feiern – immerhin geht es am kommenden Mittwoch nach London, wo am Donnerstagabend (21 Uhr/RTL) West Ham United zum Viertelfinal-Rückspiel in der Europa League wartet. „Wir haben noch viele Ziele. Die Mannschaft blickt nicht auf das zurück, was sie erreicht hat. Wir blicken nach vorne“, sagte Xabi Alonso.

Internationales Interesse an Bayer 04 Leverkusen wächst

Sport-Geschäftsführer Simon Rolfes erwartet ebenfalls „keine große Party“ – jedenfalls nicht mit Spielern und Funktionären. „Das bedeutet den Menschen wahnsinnig viel, sie haben so viele Enttäuschungen erlebt. Das wäre wunderschön, wenn wir im eigenen Stadion Meister werden können“, sagte der frühere Leverkusener Kapitän. Das Duell mit Bremen werde „mit Sicherheit kein Spiel wie jedes andere. Aber wichtig ist, dass wir es so angehen, wie jedes andere“, sagte Rolfes.

Angesichts der Tragweite des Triumphs, wächst auch das internationale Interesse am Werksklub. Immerhin wird Bayer 04 die Münchener Titel-Regentschaft von elf Meisterschaften in Serie knacken, den vereinseigenen Vize-Fluch brechen und im Erfolgsfall am Sonntag den europäischen Rekord von Spielen in Folge ohne Niederlage einstellen – Juventus Turin hatte zwischen 2011 und 2012 43 Partien nicht verloren. Am Freitag hatte sich im Leverkusener Medienzentrum deshalb auch eine Delegation spanischer Reporter eingefunden, um über das sensationelle Wirken ihres Landsmanns auf der Bayer-04-Bank zu berichten – nicht wenige sehen Xabi Alonso als kommenden Trainer von Real Madrid.

Das gewachsene Interesse am sonst eher beschaulichen Leverkusen sei „normal“, so der Welt- und Europameister. „Wir haben nicht nur super Ergebnisse eingefahren, sondern auch super Fußball gespielt. Es ist eine große Ehre für mich, ein Teil dieser Entwicklung zu sein“, antwortete Xabi Alonso auf Spanisch – um seine Aussage mangels eines Dolmetschers gleich noch ins Deutsche zu übersetzen. Die Meisterschaft wäre ebenfalls „eine große Ehre“, aber, fügte der Baske an, „wir werden sehen“.

Robert Andrich und Granit Xhaka blicken voraus

Deutlich emotionaler äußerten sich seine Profis. „Ich weiß nicht, ob ich das überhaupt beschreiben kann. In dem Moment werde ich wahrscheinlich schon vorher zusammenbrechen“, sagte Leverkusens Robert Andrich jüngst mit Blick auf die Meisterschaft. „Das sind so Momente, unabhängig vom Vater-Sein, wenn die Kinder zur Welt kommen, die nichts toppen.“ Realisieren könne er das Erreichte, „wenn überhaupt“, hinterher im Urlaub. „Ich hoffe, es werden mindestens zwei Titel. Ich glaube, dass man sich vieler Sachen gar nicht bewusst ist.“

Neben Andrich wird am Sonntag wieder Granit Xhaka im Leverkusener Mittelfeld den Ton angeben. Mit dem FC Arsenal gewann der Schweizer vier nationale Pokalwettbewerbe, zweimal war Xhaka mit dem FC Basel Schweizer Meister. Doch der ganz große Titel fehlt auch dem 31 Jahre alten Routinier noch. „Wir wissen, dass wir Geschichte schreiben können. Für den Verein, für die Fans, für uns selbst“, sagte Xhaka. „Wir werden alles dafür tun, den Sack zumachen zu können.“ Schon als Kind habe man tagtäglich für einen solchen Moment gearbeitet, „dass man am Ende der Karriere Titel auf der Visitenkarte hat.“

Jonas Hofmann, Matchwinner beim 2:0 am Donnerstag gegen West Ham, steht ebenfalls vor dem größten Moment seiner Laufbahn. „Es bedeutet alles, die Schale am Ende der Saison hochhalten zu dürfen. Das ist der Moment, da fließen vielleicht Tränen, das überkommt einen so, da lässt man seinen Emotionen freien Lauf“, sagte der langjährige Gladbacher, der am Samstag Verfolger München gegen den 1. FC Köln die Daumen drückt. Eine Sofa-Meisterschaft, „mittags bei einem Wasser“, möchte Hofmann tunlichst vermeiden.

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