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TriathlonAbrupter Rücktritt: Anne Haug kann einfach nicht mehr

4 min
Ein Abschied mit einem Knall gut ein Jahr nach ihrem Rekordrennen.

Ein Abschied mit einem Knall gut ein Jahr nach ihrem Rekordrennen.

2019 gewinnt Anne Haug den Ironman auf Hawaii. Sie ist die Weltbestzeit-Inhaberin. Nun ist aber Schluss. Es kommt abrupt. Haug spricht offen über die Gründe.

Anne Haugs Stimme zittert leicht. Der schwere Moment, in dem die 42 Jahre alte Weltklasse-Triathletin einsehen muss, dass ihr Kopf und ihr Körper einfach nicht mehr mitmachen wie gewohnt, ist gut eine Woche her. „Ich konnte mir nicht mehr vorstellen, den Marathon zu laufen“, sagt sie der Deutschen Presse-Agentur rückblickend: „Das hatte ich noch nie in meinem Leben und da war mir eigentlich klar, da ist jetzt etwas im Kopf irgendwie kaputtgegangen, das nicht mehr zu reparieren ist.“

Die mentalen Batterien sind erschöpft

Sie kann nicht mehr: Anne Haug beendet ihre Karriere.

Sie kann nicht mehr: Anne Haug beendet ihre Karriere.

So kaputt, dass Anne Haug nun überraschend, aber konsequent und mit großer Offenheit ihren sofortigen Rücktritt erklärte. „Die Willenskraft hat einfach nicht mehr ausgereicht und die mentalen Batterien sind einfach erschöpft.“ Sie habe immer für ihren Sport gelebt, aber durch das Rennen in Spanien wisse sie: „Der Punkt ist jetzt erreicht, ich beende meine Karriere“, sagte sie der „Welt“.

Große Erfolge

Zu den großen Erfolgen der Bayreutherin zählt allen voran der WM-Triumph 2019. Noch immer ist Anne Haug die einzige deutsche Hawaii-Gewinnerin. Vor einem Jahr triumphierte Laura Philipp in Nizza. Zu einem Duell der beiden wird es in diesem Oktober auf Big Island nicht mehr kommen. 

Durch ihre Aufgabe beim Rennen in Spanien hatte Haug auch die nötige sogenannte Validierung ihres Startplatzes verpasst. Als ehemalige Weltmeisterin hätte sie einen anderen Ironman nur beenden müssen. Es war zunächst angedacht, dies Mitte August noch im schwedischen Kalmar zu versuchen. Das will sie nun nicht mehr. 

Ruhe und Verarbeitung auf ihrer Lieblingsinsel Lanzarote

Im Moment verarbeitet Haug das Ende dessen, was das Leben der 1,64 Meter großen und rund nur 50 Kilogramm schweren Athletin immer geprägt hat, auf ihrer Lieblingsinsel Lanzarote. „Es ist alles noch sehr frisch, und wahrscheinlich realisiert man noch gar nicht, was das jetzt wirklich bedeutet“, sagt sie der dpa: „Mein halbes Leben lang hat mir mein Coach jeden einzelnen Tag im Jahr gesagt, was ich zu tun habe, und jetzt weiß man nicht wirklich, was kommt.“ 

Mit ihr verlässt eine aus der deutschen goldenen Generation die Triathlon-Bühne. Nach der Saison 2023 hatten der dreimalige Hawaii-Sieger Jan Frodeno (43) und der Weltmeister von 2014, Sebastian Kienle (41), aufgehört. Hinter Philipp (38) rücken aber bereits vielversprechende Talente über die längeren Distanzen nach.

Ihr Paradedisziplin: Das Laufen

Haug prägte die Szene mit ihrer Entschlossenheit, ihrem Willen, ihrer Kampfkraft. Ihre Paradedisziplin kam am Ende, nach 3,8 Kilometern Schwimmen und den 180 Kilometern auf dem Rad. Bei ihrer Weltbestzeit von 8:02:38 Stunden im vergangenen Jahr in Roth lief sie die 42,2 Kilometer auf der nicht durchgehend befestigten Strecke in 2:38:52 Stunden. Zum Vergleich: Der deutsche Marathonrekord liegt bei den Frauen bei 2:19:19 Stunden, 2008 aufgestellt auf der superschnellen Strecke in Berlin von Irina Mikitenko.

Die vergangenen beiden Jahre seien von „ganz seltsamen Krankheiten“ geprägt gewesen, erzählt Haug nun. „Ich hatte einfach überhaupt keine Konstanz mehr im Training, und das lässt einen dann natürlich schon zweifeln.“ Zudem wurde bei ihr Anfang des Jahres eine Thrombose im Auge diagnostiziert. Zuvor hatte sie nach einer Corona-Infektion einen Diabetes entwickelt.

Die Angst um den eigenen Körper

„Ich hatte auch einfach Angst um meinen Körper“, erklärt sie ihr abruptes Karriereende. „Ich hatte immer diese Regel für mich selbst, dass wenn meine Willenskraft nicht mehr stark genug ist, sich über meinen Körper hinwegzusetzen, der Zeitpunkt gekommen ist, aufzuhören.“

Haug war nach der Enttäuschung bei den Olympischen Spielen 2016 in Rio mit Platz 36 auf die längeren Distanzen gewechselt. 2012 bei den Spielen in London hatte sie den elften Rang belegt. Auf den längeren Distanzen stellten sich dann die Erfolge ein.

Anne Haug tritt ab ein Jahr nach ihrem famosen Rennen in Roth - schneller war keine jemals über diese Distanz.

Anne Haug tritt ab ein Jahr nach ihrem famosen Rennen in Roth - schneller war keine jemals über diese Distanz.

Über fünf Jahre hatte sie ein Podiums-Abo bei der WM: Neben dem Sieg 2019 wurde sie 2023 Zweite, 2018, 2021 und 2022 Dritte. Bei ihrem Heimrennen in Roth triumphierte sie 2021, 2022 und 2024 mit der Weltbestzeit und winkte auf der Ziellinie im legendären Zielstadion den Fans zu. Dass es zum letzten Mal als Profi-Triathletin sein würde, hatte sie damals nicht mal im Geringsten gedacht. (dpa)