Bei der Schwimm-WM in Singapur hat Klara Bleyer die Chance, etwas zu schaffen, was noch keiner Deutschen vor ihr gelungen ist. Die Bochumerin trotzt im Alltag auch schwierigen Bedingungen.
WM in SingapurHistorische Chance im Synchronschwimmen: Bleyers WM-Traum

Klara Bleyer hat bei der WM die Chance auf eine Medaille.
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Klara Bleyer zittert. Frierend hält sich Deutschlands beste Synchronschwimmerin am Beckenrand fest, versucht die Kälte auszublenden. Auf einem Tablet sieht sie sich ihre gerade gezeigte Kür an, lauscht den Worten ihrer Trainerin. In einem anderen Bereich des Bochumer Schwimmbeckens üben rund 20 Kinder. Es ist laut.
Bleyer lässt sich davon nicht ablenken. Sie schuftet für ihre historische Chance. In Singapur kann die 21-Jährige als erste Deutsche überhaupt in ihrem Sport eine WM-Medaille gewinnen. „Das wäre ein Traum, der für mich wahr werden würde“, sagt sie der Deutschen Presse-Agentur. Für diesen Traum trainiert sie sechs bis acht Stunden am Tag, sechsmal die Woche. Weitere Übungen und Physiotherapie kommen dazu.
Trainerin: „90 Prozent deines Lebens ist im Sport“
Für Hobbys und ein Privatleben bleibt da kaum Zeit. „90 Prozent deines Lebens ist im Sport“, sagt Stella Mukhamedova. Sie trainiert Bleyer, seitdem die Sportlerin elf Jahre alt ist. Bleyer selbst erklärt: „Familie und Freunde muss man halt hinten anstellen. Das ist leider in unserem Sport so. Aber das ist etwas, was ich nur jetzt machen kann, weil ich noch jung bin und die Fähigkeiten habe.“

Klara Bleyer beim Training in Bochum.
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Auch wenn das Wasser für das Synchronschwimmen wärmer sein müsste, ist Bleyer froh. An diesem Tag kurz vor der Reise zu den Weltmeisterschaften nach Südostasien haben die Gesamtweltcupsiegerin im Solo und ihre Duett-Partnerin Amélie Blumenthal Haz ein halbes Becken für sich. Das ist mehr Platz als sonst.
„Die Trainingsbedingungen sind eher nicht so gut für uns. Wir trainieren teilweise mit den Schulen zusammen im Bad“, beschreibt sie ihren Alltag. „Wenn man sieht, wie das in anderen Nationen ist, fühlt sich das nicht so gut an. Die haben meistens ein ganzes Becken für sich den ganzen Tag.“
Spendensammlung für Synchron-Team
Bleyer, die von Trainerin Mukhamedova als „absolutes Naturtalent“ beschrieben wird, berichtet von einem Trip nach Spanien: „Die haben da wirklich einen großen Sportkomplex mit den besten Bedingungen. Da denkt man sich auch: Deutschland ist so ein reiches Land. Wieso bekommt Spanien das hin und wir nicht?“

Trainerin Stella Mukhamedova kennt Klara Bleyer schon lange.
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Nicht nur die Trainingsmöglichkeiten könnten besser sein. Geld ist ebenfalls ein Problem. „Es ist schon traurig, dass man Spenden sammeln muss, um die Nationalmannschaft zu Wettkämpfen zu schicken“, sagt Bleyer mit Blick auf eine Aktion des Deutschen Schwimm-Verbandes.
Der DSV rief zu Spenden auf, um der gesamten Synchron-Nationalmannschaft bei ihrer WM-Reise zu helfen. Nur ein Teil des Singapur-Trips wird durch Bundesmittel abgedeckt. Gut 17.000 Euro kamen zusammen. Für die Aktion ist Bleyer, die zudem vom Schwimm-Verband in Nordrhein-Westfalen und als Sportsoldatin von der Bundeswehr unterstützt wird, dem DSV „sehr dankbar“.
Größte Chancen im freien Solo
Besondere Hilfe erhält Bleyer zudem von ihrer Mutter: Die Schneiderin näht die glitzernden Wettkampfbadeanzüge ihrer Tochter selbst. Das spart Geld und ist emotional für die Sportlerin etwas ganz Besonderes. „Sie ist dann immer irgendwie bei mir, wenn ich die Kür schwimme. Das bedeutet mir sehr viel“, sagt Bleyer und zeigt den Badeanzug für ihre Kür im freien Solo.
In diesem Wettbewerb, in dem sie auch Europameisterin ist, rechnet sich Bleyer in Singapur die größten Chancen aus. Die jüngsten Erfolge haben die Ansprüche steigen lassen. „Ich empfinde, was die WM angeht, schon viel Druck“, sagt sie. „Einfach, weil ich weiß, was möglich ist.“ Der Vorkampf ist für Sonntag, das Finale für Dienstag (jeweils 02.00 Uhr/MESZ) angesetzt. (dpa)