Das Transferkarussell dreht sich nach Saisonende in den Teamsportarten rasant. Bei Clubs im Eishockey, Basketball und Volleyball gibt es teils riesige Kaderumbrüche. Das hat Gründe.
Transfers in TeamsportartenUmbrüche unerlässlich? - Proficlubs und ihr Kaderpuzzle

Vom Meisterkader der Schweriner Volleyballerinnen wird in der nächsten Saison nicht mehr viel übrig sein.
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Wenn Teams wie der EHC Red Bull München als viermaliger Champion der Deutschen Eishockey Liga und die amtierenden Volleyball-Meisterinnen vom SSC Palmberg Schwerin nach dem Sommer in die Vorbereitung einsteigen, werden sich die Teams einer Frischzellenkur unterzogen haben. Die Fluktuation ist hoch, die Zahl der Abgänge verglichen mit der Kadergröße beachtlich - und der EHC im Süden sowie der SSC im Norden sind nur zwei von vielen Beispielen in Deutschland.
Was im Fußball-Profigeschäft eher Seltenheitswert hat, ist im Eishockey, Volleyball und auch Basketball hierzulande längst gelebte Praxis: Jahr für Jahr gibt es in etlichen Teams riesige Kaderumbrüche. Ganz unabhängig davon, ob die Mannschaften in der abgelaufenen Saison Erfolg oder Misserfolg hatten.
Ob München, Mannheim oder Köln: Mindestens zehn Abgänge
„Kaderanpassungen sind im Profisport ein ganz normaler Prozess, der Chancen und Herausforderungen mit sich bringt“, sagt Christian Winkler, Manager des EHC Red Bull München. Schon jetzt verzeichnet der EHC nach der abgelaufenen Saison 13 Abgänge. Die Münchner stellen damit keine Ausnahme in der DEL dar - im Gegenteil.
Auch andere Clubs wie die Adler Mannheim und die Kölner Haie kommen auf 13 beziehungsweise 10 Abgänge. Solche Entwicklungen seien „nichts Ungewöhnliches“, betont Winkler. Und dennoch dürften sie zumindest bei den Fans immer wieder aufs Neue für Erstaunen sorgen.
Sportökonom: Fußball finanziell besser planbar
Einjahresverträge sind einer der Gründe, warum so viele Spieler die Clubs verlassen. „Aus ökonomischer Sicht gibt es vor allem ein Argument, das erklärt, warum wir das im deutschen Profifußball in dieser Ausprägung nicht haben: Dass wir eine deutlich bessere finanzielle Planbarkeit haben. Dadurch ist es viel rationaler, längere Verträge im Durchschnitt auszustellen“, sagt Sportökonom Christoph Breuer von der Deutschen Sporthochschule Köln.
„Wenn man nicht so viel zahlen kann, warum soll sich ein Spieler dann für zwei Jahre binden“, betont Stefan Hübner, der jüngst die Volleyballer der SVG Lüneburg als Trainer zur Vizemeisterschaft in der Bundesliga führte.
Lücke zwischen Bestreben und Realität
„Wir wollen schon dahin kommen, dass wir längerfristige Verträge über zwei, drei Jahre haben. Und wir sind auf dem Weg, dahin zu kommen“, sagt der frühere Nationalspieler Hübner weiter. Doch die Budgets setzen Grenzen. Auch in diesem Jahr müssen die Niedersachsen zahlreiche Profis ziehen lassen: Neun Abgänge gibt es schon.
Clubs in anderen Teamsportarten als Fußball seien aufgrund der deutlich geringeren Einnahmen durch die Vergabe von Medienrechten stärker von einzelnen Sponsoren abhängig, erklärt Breuer. „Man hat eine größere Unsicherheit, wie die zukünftigen Kader aussehen. Und für die Trainerteams ist die Integration der Spieler in die jeweiligen Kader natürlich deutlich größer.“
Personalschnitt nicht nur sportlich eine Herausforderung
Sowohl sportlich als auch organisatorisch seien Kaderumbrüche eine „Herausforderung“, bestätigt Thomas Otter, Geschäftsführer des SSC Palmberg Schwerin. „Es gilt nicht nur die sportliche Qualität zu erhalten, sondern auch die Teamchemie neu zu entwickeln“, erklärt er.
Trotz oder vielleicht gerade wegen der Meisterschaft verlassen den Verein aus Mecklenburg nach aktuellem Stand neun Spielerinnen. „Der aktuelle Umbruch bietet die Chance, in der nächsten Saison neue Impulse zu setzen und das Team strategisch weiterzuentwickeln“, äußert Otter. Die Kaderplanung sei ein „kontinuierlicher Prozess, der Flexibilität und Weitsicht“ erfordere.
Es gibt „lukrativere Märkte“ als die Basketball-Bundesliga
In der Basketball-Bundesliga werden vor allem die ausländischen Profis mit Einjahresverträgen ausgestattet, wie Experte und Kommentator Stefan Koch in seiner BBL-Rubrik „Kochs Nachschlag“ schreibt. „Der Markt an deutschen BBL-Spielern ist begrenzt. Entsprechend sind die Vereine hier stärker bemüht, diese Akteure mit Mehrjahresverträgen auszustatten. Bei den internationalen Spielern, insbesondere natürlich bei den US-Amerikanern, gibt es hingegen eine riesige Auswahl.“
Der Markt halte „extrem viele Optionen“ bereit, so Koch weiter. Mit Einjahresverträgen kann man als Club zudem das Risiko minimieren, falls der Spieler hinter den Erwartungen zurückbleibt. Hinzu kommt, dass die BBL anders als die Handball-Bundesliga nicht die europäische Spitze darstellt. Es gebe „lukrativere Märkte“ als in Deutschland, erklärt der frühere Bundesliga-Coach.
Deutschland als „Sprungbrett“
Ähnlich ist die Stellung der Volleyball-Bundesligen im europäischen Vergleich. Die höchsten Spielklassen bei Frauen und Männern zählen nicht zu den absoluten Top-Ligen. Bei den Frauen geben vor allem Italien sowie die Türkei und auch Polen den Ton an. „Viele Spielerinnen sehen die Liga als Sprungbrett für ihre Karriere, was zu häufigen Wechseln führt“, sagt Schwerins Geschäftsführer Otter über die deutsche Liga.
Personalschnitte bei Clubs wie dem SSC sind fast schon einkalkuliert. Sie gehören - auch wenn das absurd klingt - gewissermaßen dazu. Zu den neun Abgängen zählen demnach nicht nur Bankdrückerinnen, sondern auch Leistungsträgerinnen wie Top-Angreiferin Elles Dambrink aus den Niederlanden. Sie ist immerhin die wertvollste Spielerin der abgelaufenen Bundesliga-Saison. (dpa)