EM-Vorrunde in KölnDiese großen Gegner warten auf die deutschen Basketballer

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Dennis Schröder gegen Slowenien

Dennis Schröder (l.) war gegen Slowenien bester deutscher Werfer.

Köln – Kurz vor Beginn der Basketball-Europameisterschaft mit den Vorrundenpartien in der Kölner Lanxess-Arena hat die deutsche Nationalmannschaft am Sonntag mit dem ebenso unerwarteten wie souveränen 90:71 (33:31) im WM-Qualifikationsspiel gegen Slowenien einen enormen Schub für ihr Selbstvertrauen erhalten.

Dennis Schröder, der mit 17 Punkten bester deutscher Werfer war, meinte: „Die EM ist nochmal eine ganz andere Liga. Wir müssen bereit sein, da wir in einer Bombengruppe sind.“

Nach einer von Verletzungen und Absagen geprägten Vorbereitung schien Bundestrainer Gordon Herbert fast ein wenig überrascht von der eigenen Leistung zu sein. Der 63-jährige Kanadier ging noch einen Schritt weiter als sein Kapitän Schröder und sagte: „Das war nur ein Spiel. Wir sind bei der EM in einer Todesgruppe.“ Falls nicht alles täuscht, stehen Fragen von existenzieller Bedeutung zwar nicht auf dem Spiel, sportlich anspruchsvolle Aufgaben hat das DBB-Team aber durchaus zu lösen. Die Gegner im Porträt:

Rudy Gobert

Frankreichs Center Rudy Gobert

Frankreich

Falls die DBB-Auswahl für ihre Auftaktpartie am Donnerstag (20.30 Uhr, live und kostenlos bei Magenta TV) einen Wunsch frei gehabt hätte, wäre die Wahl wohl nicht auf Frankreich gefallen. Das Team bekommt es immerhin direkt mit einem der Titelfavoriten zu tun, was aber nicht unbedingt schlecht sein muss.

Viel zu verlieren gibt es jedenfalls nicht, denn die Franzosen verfügen wohl über einen der qualitativ ausgeglichensten Kader des Turniers. Rudy Gobert (30), der nach neun Jahren bei den Utah Jazz zu den Minnesota Timberwolves wechselt, ist der prominenteste Mann der Franzosen. In der vergangenen Saison war der 2,15 Meter große Athlet mit durchschnittlich 15,6 Punkten, 14,7 Rebounds und 2,1 Blocks einer der dominierenden Center in der US-Profiliga NBA. Seine herausragende Physis bringt Gobert trotz auch offensiv solider Statistiken primär in der Defensive zur Geltung.

Im Angriff dürfte Evan Fournier von den New York Knicks die entscheidenden Akzente setzen. An seiner Seite weiß er in Elie Okobo (24) ein hoffnungsvolles Talent, das demnächst bei Kölns Ex-Coach Sasa Obradovic in Monaco unter Vertrag steht.

Für Kontinuität steht bei den Franzosen vor allem Vincent Collet. Der Coach ist seit 2009 im Amt und hat in dieser Zeit sechs Medaillen bei Olympischen Spielen, Welt-und Europameisterschaften gewonnen.

Bosnien und Herzegowina

Das Team ist einer der beiden Widersacher, die es für Deutschland im Kampf um den Einzug ins Achtelfinale zu bezwingen gilt. Unangenehm könnte es werden, weil die Bosnier ihre Stärken auf jener Position entfalten, auf der nach zahlreichen Ausfällen die Schwächen der Deutschen liegen: Center Jusuf Nurkic (28) ist nicht nur der Schlüsselspieler der Bosnier, sondern auch ein interessanter Fall für ein medizinisches Proseminar: Ein Achillessehnenriss, Schien- und Wadenbeinbruch, gebrochenes Handgelenk und eine gerissene Plantarsehne sind in seiner umfangreichen Krankenakte vermerkt.

Dennoch erzielte er in Portland zuletzt 15 Punkte und sicherte sich 11,1 Rebounds. Zahlen, die ihm einen neuen und mit 70 Millionen Dollar dotierten Vertrag über vier Jahre sicherten. Ein stattliches Schmerzensgeld.

Litauen

Auf den Enthusiasmus der litauischen Fans wird in Deutz Verlass sein. Mit ihrer gewohnt stimmungsvollen Unterstützung wollen sie ihr Team mindestens in die Endrunde nach Berlin und bestenfalls zu einer Medaille anfeuern. Dass dies nach der verpassten Teilnahme an den Olympischen Spielen 2021 keineswegs unrealistisch ist, liegt in erster Linie an Jonas Valanciunas und Domantas Sabonis. Während Valanciunas von seiner auf 2,11 Meter verteilten physischen Power profitiert, überzeugt Sabonis bei gleicher Größe mit Vielseitigkeit. Der Sohn der Legende Arvydas Sabonis verfügt über das Potenzial, regelmäßig für ein „triple double“, zweistellige Werte in drei Kategorien, zu sorgen.

Doncic gegen Babb

Sloweniens Superstar Luka Doncic (l.)

Slowenien

Noch immer ist das Rätsel, welche Ausgabe des slowenischen Teams am Sonntag bei der Partie in München gegen Deutschland in Erscheinung trat, nicht gelöst. Präsentierte sich der Champion, der sein vollständiges Potenzial erst bei der EM entfaltet und sich beim 71:90 seinem Schicksal ergab, obwohl ein WM-Qualifikationsmatch auf dem Terminkalender stand? Oder war der Titelverteidiger – auch aufgrund der starken deutschen Leistung – so chancenlos, wie es das Ergebnis nahelegt?

Die Antwort wird in entscheidendem Maße Luka Doncic (23) liefern. Der Superstar der Dallas Mavericks erzielte am Sonntag 23 Punkte und zeigte eine solide Leistung. Es war aber nicht einer jener atemberaubenden Auftritte, für die ihn auch die gegnerischen Fans in ihr Herz geschlossen haben.

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Mit 16 spielte der Hochtalentierte bereits für Real Madrid, er gewann mit den Spaniern als wertvollster Spieler später die Euroleague sowie mit Slowenien den EM-Titel, bevor er in der NBA umgehend für Furore sorgte.

Wer nach den Schwächen sucht, wird schnell auf den Rippen des 2,01 Meter großen Ausnahmekönners fündig, auf denen doch regelmäßig ein paar Kilo zu viel lagern. Sollte Doncic trotz seiner Größe und Stärke doch mal einen schwachen Tag erwischen, verfügen die Slowenen in Goran Dragic über einen NBA-Veteranen, der trotz seiner 36 Jahre nach wie vor eine wertvolle Ergänzung sein kann.

Ungarn

Der große Außenseiter. Allein die Tatsache, dass sich das Team zum zweiten Mal nacheinander für eine EM qualifiziert hat, bedeutet einen großen Erfolg. Beim Turnier 2017 stand das Team im Achtelfinale, was diesmal angesichts der Konkurrenz fast ausgeschlossen ist.  

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