Vor Europameisterschaft in KölnDie steile Basketball-Karriere des Franz Wagner

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Franz Wagner gegen Serbien

Franz Wagner im Länderspiel gegen Serbien.

Köln – Franz Wagner gehört nicht zu den Menschen, die es in ihrer Karriere ruhig angehen lassen. Insofern war es keine große Überraschung, dass der 20-Jährige bei seinem Debüt für die deutsche Basketball-Nationalmannschaft vor zwei Wochen gegen Belgien mit 23 Punkten zum besten Werfer avancierte.

Bundestrainer Gordon Herbert lobte den Flügelspieler angemessen für dessen starken Auftritt und beförderte ihn zum Leistungsträger für die Europameisterschaft vom 1. bis 18. September: „Er ist ein einzigartiges Talent, das seine Rolle bei uns haben wird und haben will.“

Starke Auftritte in 79 NBA-Spielen

Wagner stand schon zu Beginn dieses Sommers nicht unter dem Verdacht, unterschätzt zu werden. Dafür hat er in seiner ersten Saison in der amerikanischen Profiliga NBA zu viel Aufmerksamkeit auf sich gelenkt. In 79 Partien für Orlando Magic erzielte er durchschnittlich 15,2 Punkte, verteilte 2,9 Assists und sicherte sich 4,5 Rebounds.

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Zwischenzeitlich prognostizierten ihm die Experten sogar berechtigte Chancen auf den renommierten Titel des „Rookie of the Year.“ Dieser ging zwar an Scottie Barnes (Toronto Raptors) und Wagner belegte Platz fünf, doch der Deutsche blieb als Lichtblick eines Klubs in Erinnerung, der die Spielzeit mit der düsteren Bilanz von 22 Siegen und 60 Niederlagen beendete.

Franz Wagner in Orlando

Franz Wagner hat die meisten Menschen in seinem Umfeld schon immer überragt, doch auch eine Körpergröße von 2,08 Meter schützt einen nicht davor, zu anderen aufschauen zu müssen. Sein Bruder Moritz, der ebenfalls in Orlando unter Vertrag steht und bei der EM wegen einer Knöchelverletzung fehlt, ist drei Zentimeter größer und Dirk Nowitzki ohnehin eine in jeder Hinsicht unübertroffene Instanz – „larger than life“, wie die Amerikaner in würdevoller Verehrung der Legenden sagen.

Doch sogar den Champion aus Würzburg hat der Berliner bereits überflügelt: Nowitzki wurde 1998 im NBA-Draft, der Talentbörse für die 30 Klubs, von den Milwaukee Bucks an neunter Position gewählt – Wagner von Orlando als Achter. Zudem erhielt der Berliner als erster Deutscher die Berufung ins „All Rookie First Team.“ Es sind die kleinen Meilensteine, die große Hoffnungen wecken.

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Menschen können an solchen Wegmarken wachsen oder daran zerbrechen. Wagner gehört offensichtlich zu ersteren. Das Potenzial seines Teamkollegen ist auch Dennis Schröder nicht verborgen geblieben, der Kapitän der DBB-Auswahl sagt: „Franz kann uns offensiv und defensiv sehr viel geben. Er ist ein Spieler, der seinen eigenen Wurf kreieren kann – er muss in der Nationalmannschaft auch aggressiv sein und zum Korb gehen.“

Wenn die deutsche Mannschaft am Donnerstag zum WM-Qualifikationsspiel in Schweden antritt (18.30 Uhr, live und kostenlos bei Magenta TV) darf es von allem sogar etwas mehr sein. Da der Einsatz von Schröder wegen einer Knöchelblessur ungewiss ist, könnte Wagner der einzig verbliebene von potenziell sieben NBA-Profis im Aufgebot sein. Maxi Kleber und Isaiah Hartenstein nehmen sich eine Auszeit und Isaac Bonga, Moritz Wagner sowie Daniel Theis fehlen wegen Verletzungen.

„Wir wollen nach Berlin“

Das einst offensiv formulierte Ziel einer EM-Medaille ist aufgrund der massiven Personalprobleme unrealistischer geworden, doch Wagner bleibt kämpferisch. „Wenn man mit den Schultern runter reingeht, wird es sowieso nichts“, betont der 110 Kilogramm schwere Athlet. „Wir wollen alle nach Berlin.“

Die EM-Vorrundengruppe findet in der Kölner Lanxess-Arena mit den anspruchsvollen Aufgaben gegen Frankreich, Bosnien und Herzegowina, Litauen, Slowenien und Ungarn statt. In Wagners Heimatstadt Berlin wird die Finalrunde ausgetragen. Als Dirk Nowitzki 2015 in der Arena am Ostbahnhof sein letztes von 153 Länderspielen bestritt, saß der damalige Teenager Franz Wagner im Publikum. Mit 16 Jahren war er später der jüngste Spieler, der je für Alba Berlin in der Bundesliga auflief, er wechselte ans College nach Michigan und erhielt einen NBA-Vertrag. Viel Zeit hat er in seiner Karriere nicht verloren.

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